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Landeshauptstadt: Hunderttausende zwischen Havel und Dortustraße: Spaß und Würde beim Einheitsfest

Organisatoren und Polizei sprechen von einem „vollen Erfolg“ der Feierlichkeiten / Aufräumarbeiten bis 6. Oktober beendet

Organisatoren und Polizei sprechen von einem „vollen Erfolg“ der Feierlichkeiten / Aufräumarbeiten bis 6. Oktober beendet Innenstadt - Potsdam hat das größte Fest in seiner jüngeren Geschichte mit Bravour gemeistert. Das zweitägige Bürgerfest und die protokollarischen Höhepunkte am gestrigen 3. Oktober zum 15. Jahrestag der Deutschen Einheit verliefen reibungslos. Laut letzten offiziellen Schätzungen feierten über eine halbe Millionen Menschen in der Landeshauptstadt an den beiden Tagen ausgelassen und friedlich. Die großräumigen Verkehrssperrungen verursachten weit weniger Probleme als im Vorfeld vermutet, die dringenden Warnhinweise, öffentliche Verkehrsmittel zu nutzen und das Auto stehen zu lassen, zeigten Wirkung. Das Polizeipräsidium bezeichnete die Feierlichkeiten als „vollen Erfolg“. Nur wenige, kleinere Auseinandersetzungen hätten geklärt werden müssen. Neben Beamten aus dem ganzen Land Brandenburg waren auch Kräfte aus Sachsen eingesetzt worden. Auch die angemeldete Gegendemonstration linker Gruppen am Montagnachmittag verlief ohne nennenswerte Störungen Bereits am frühen Nachmittag des ersten Bürgerfesttages am 2. Oktober zogen Menschenmassen ins Potsdamer Zentrum. Während offiziell zu diesem Zeitpunkt von 150 000 Besuchern gesprochen wurde, hatte die Polizei bereits über 200 000 gezählt, die vor allem die Ländermeile eroberten. Auf Breiter und Dortustraße präsentierten sich die 16 Bundesländer mit regionalen Spezialitäten, Musik und Kunst. Neben Bayern und Nordrhein-Westfalen begeisterte vor allem ein Orchester Behinderter, die Brenz-Band, aus Baden-Württemberg. Sportlicher Höhepunkt war der Kanalsprint am Sonntagnachmittag. Die Elite der Kanuten sowie Prominente paddelten erstmals auf dem wiederhergestellten Teilstück des Stadtkanals um die Wette. Potsdams Oberbürgermeister Jann Jakobs erklärte danach, er hoffe, die Sportaktion werde zu einer Tradition im Potsdamer Veranstaltungskalender. Auch der Präsident des Kanusportclubs Potsdam, Jürgen Eschert, zeigte sich optimistisch, 2006 eine Wiederauflage des Kanalsprints anzubieten. Jakobs erklärte, Gespräche mit dem Regionalvermakter Pro Agro e.V. führen zu wollen, um ein Veranstaltungspaket zu schnüren. Erstmals zog am Montagvormittag eine Musikparade mit Bands aus allen 16 Bundesländern über das Festgelände. Begeisterung entfachten auch die Auftritte der Musikgruppen am Sonntagabend. Tokio Hotel, Peter Heppner und Paul van Dyk mit ihrem offiziellen Festlied „Wir sind Wir“ sowie Silbermond, die in Potsdam ihr letztes Konzert in diesem Jahr gaben, heizten noch am Abend Hunderttausenden ein, bevor der Sonntag mit einem großen Feuerwerk ausklang. Die Sonderzüge von Bahn und Verkehrsbetrieb sorgten für eine größtenteils unproblematische Abreise der Besucher. 1000 Beamte und zusätzliche Bereitschaften sicherten am gestrigen Montag die offiziellen Feierlichkeiten mit Staatsgästen in der Nikolaikirche am Morgen und in der Caligarihalle zum Festakt am Mittag. Anlässlich des Ökumenischen Gottesdienstes kamen Bundespräsident Horst Köhler, Bundestagspräsident Wolfgang Thierse und Bundeskanzler Gerhard Schröder nach Potsdam. Zum offiziellen Festakt am Mittag in der Babelsberger Caligarihalle würdigte Thierse unter dem Beifall der hunderten geladenen Gäste – darunter fast das gesamte Bundeskabinett sowie weitere Politprominenz – die Wiedervereinigung als „großartige Leistung“ von Ost und West. Man sei auf dem Weg zum Ziel der „inneren Einheit“ eine beträchtliches Stück vorangekommen. Sowohl Thierse als auch Bundesratspräsident und Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck betonten die immensen Leistungen von Ost- und Westdeutschen in den letzten 15 Jahren seit der Wiedervereinigung. „Großartiges ist in vergleichsweise kurzer Zeit entstanden“, so Platzeck. Beide erinnerten zudem, welche politischen und gesellschaftlichen Drangsalierungen im Osten mit der Wende beendet wurden. In der Potsdamer Gedenkstätte „Lindenstraße 54“, dem ehemaligen Gefängnis der Staatssicherheit, fanden am Sonntag und Montag Gespräche und Buchlesungen mit Betroffenen und ehemaligen Inhaftierten statt. Aktuelle politische Entwicklungen wurden im Zelt des Brandenburger Landtags diskutiert, die Bundesregierung und der Bundesrat stellten sich vor. Wendegeschichten sowie literarische Ost- und Westbetrachtungen wurden im Hof des Hauses der Brandenburgisch-Preußischen Geschichte präsentiert. Gleich nebenan auf dem Neuen Markt informierten Verbände und Unternehmen über den Wissenschaft- und Wirtschaftsstandort Brandenburg. Der Präsident der Industrie- und Handelskammer, Victor Stimming, freute sich ebenso wie Brandenburgs Wirtschaftsminister Ullrich Junghans (CDU) über die Außenwirkung, die im Zuge der bundesweiten Aufmerksamkeit kommen werde. „Mittelfristig hilft das natürlich vor allem dem Hotel- und Gaststättenbereich“, so Junghanns. Stadtoberhaupt Jakobs zeigte sich am Montagnachmittag hocherfreut über die „riesige Werbung“ für die Landeshauptstadt. Die Potsdamer seien hervorragende Gastgeber gewesen, die Stimmung auf dem Festgelände war „wunderschön“. Dazu beigetragen hat auch die Stadtentsorgung Potsdam, die sowohl während des Festes bei Bedarf Mülltonnen entleerte als auch in der Nacht zum Montag mit Sonderschichten das gesamte Gelände für den zweiten Festtag reinigte. Sowohl Polizei als auch Jakobs dankten den Potsdamern, die sich der Verkehrssituation entsprechend verhalten hätten und die Öffentlichen Verkehrsmittel genutzt hätten. Die Polizei zeigte sich zudem „erfreut“, dass „nur vier Anzeigen wegen Taschendiebstahls“ erstattet wurden. Die Straßensperren werden schrittweise – nach dem Ende der Abbauarbeiten – entfernt. Bereits heute soll jedoch die Lange Brücke genau so wie die Breite Straße für den Verkehr wieder freigegeben werden. Damit entfallen auch die vorübergehenden Änderungen im Nahverkehr.

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