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Für Beschäftigte in der Pflege und im medizinischen Bereich gilt ab 16. März eine Impfpflicht. 

© dpa

Hohe Impfquote am Bergmann-Klinikum: Wie Potsdam die Impfpflicht vorbereitet

Kliniken, Pflegeheime und Rathaus rüsten sich für Kontrollen. Die Träger warnen vor Beschäftigungsverboten. Eine Kündigung müssen Ungeimpfte nicht fürchten.

Potsdam - Potsdamer Klinikbetreiber, Träger von Pflegeeinrichtungen und Pflegedienstleister bereiten sich auf die einrichtungsbezogene Impfpflicht vor, die ab 16. März in Kraft tritt. Eine nennenswerte Kündigungswelle hat es im Vorfeld nicht gegeben, wie eine Umfrage der PNN unter verschiedenen Trägern ergab. Dennoch warnen die Träger vor den Folgen von möglichen Beschäftigungsverboten für Ungeimpfte. Eine Kündigung seitens der Arbeitgeber müssen diese nicht fürchten.

Die Details der Umsetzung und Kontrolle der Impfpflicht werden derzeit im Austausch unter anderem mit Vertretern der Kommunen und der Verbände geklärt, sagte Gabriel Hesse, der Sprecher des Landesgesundheitsministeriums, den PNN. Das Hauptproblem bestehe in der unklaren Bestimmung des Ermessensspielraums der Gesundheitsämter. Man müsse außerdem auch „der Versorgungssicherheit und dem aktuell hohen Personalausfall“ Rechnung tragen. Seitens des Landes werde es klare Hinweise zur Ausgestaltung des Ermessens geben, kündigte er an. Eine entsprechende Weisung soll noch in dieser Woche verschickt werden. Zur Entlastung der Gesundheitsämter wird auch die Beteiligung an einer zentralen Meldeplattform angestrebt.

Höherer Aufwand als in anderen Kommunen

Im Potsdamer Rathaus geht man davon aus, dass der Aufwand gegenüber anderen Kommunen höher sein wird, weil hier zahlreiche Einrichtungen gebündelt sind, wie Stadtsprecherin Christine Homann auf PNN-Anfrage mitteilte. Wie hoch der Personalaufwand für das Gesundheitsamt für die Kontrolle der Impfpflicht wird, könne man erst abschätzen, wenn das Prozedere feststehe.

Wie viele Beschäftigte in Potsdam in den betroffenen Bereichen arbeiten, kann das Rathaus nicht beziffern. Die Impfpflicht gilt unter anderem an den fünf Krankenhäusern und im Hospiz sowie in den 287 Arztpraxen und 138 Zahnarztpraxen, so die Sprecherin. Bei den Pflegeeinrichtungen geht die Stadt von 1500 Mitarbeitenden aus. Zur Impfquote in dieser Personengruppe hat das Rathaus keine Informationen, auch nicht zur Impfquote unter allen Potsdamer:innen.

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Am städtischen Bergmann-Klinikum geht man von einer Impfquote von rund 90 Prozent unter den 2700 Mitarbeitenden aus, wie Unternehmenssprecherin Damaris Hunsmann den PNN sagte. Ungeimpfte hätten weiterhin die Möglichkeit, die vollständige Impfung zu durchlaufen: „Wir bieten wöchentlich weiter Impftermine für Mitarbeitende an, die sich nun noch impfen oder boostern lassen wollen.“ Das städtische Klinikum stellt schon seit 1. Januar nur noch neue Mitarbeitende ein, die entweder genesen oder vollständig geimpft sind. „Hier ist es bisher durch die Impfpflicht nicht zu Ausfällen gekommen“, so die Sprecherin. Auch Kündigungen wegen der Impfpflicht seien nicht bekannt.

Das kommunale Bergmann-Klinikum in Potsdam
Das kommunale Bergmann-Klinikum in Potsdam

© Ottmar Winter

Klinikum steht hinter der Impfpflicht

Ab dem 16. März ist das Klinikum – wie die anderen Einrichtungen der Branche – verpflichtet, Mitarbeitende ohne Immunitätsnachweis dem Gesundheitsamt zu melden. Arbeitsrechtliche Konsequenzen seitens des Klinikums drohten diesen Mitarbeitenden nicht. Sie würden auch weiter zur Arbeit kommen. Das Gesundheitsamt könne aber ein Betretungs- oder Arbeitsverbot aussprechen. Man stehe hinter der Impfpflicht, betonte Klinikumsgeschäftsführer Hans-Ulrich Schmidt: „Wir finden, das ist auch eine Frage von einer professionellen Grundhaltung in helfenden Berufen und dient dem Patientenschutz.“

Ähnlich verhält es sich am Alexianer St. Josefs-Krankenhaus. Dort sind 94 Prozent der 650 Mitarbeitenden sogar schon dreifach geimpft, wie Sprecher Benjamin Stengl auf PNN-Anfrage mitteilte. Kündigungen wegen der Impfpflicht seien nicht bekannt. Man hoffe, dass die Impfpflicht nicht dazu führt, dass Mitarbeitende fehlen werden: „Hochqualifiziertes Personal zu verlieren, können wir uns schlichtweg nicht leisten“, so der Sprecher: „Jede und jeder Einzelne, ob in der Pflege, dem ärztlichen Dienst, in den Servicebereichen oder der Verwaltung, leistet einen wichtigen Beitrag zu unserem Auftrag einer adäquaten Gesundheitsversorgung.“

Nachholbedarf am Oberlinhaus

Etwas größeren Nachholbedarf gibt es bei den rund 2100 betroffenen Beschäftigten am Oberlinhaus in den Bereichen Gesundheit/Rehabilitation, Teilhabe und Ausbildung. Insgesamt liege die Impfquote bei rund 80 Prozent, „in einigen Bereichen bei 100 und in anderen bei 70 bis 75 Prozent“, sagte Oberlin-Sprecherin Andrea Benke. Bis Ende Dezember habe man mehrere Impftermine angeboten. Jetzt hoffe man auf den Impfstoff von Novavax, „sowie er geliefert werden kann“. Man führe aufklärende Gespräche, informiere Mitarbeitende regelmäßig über Regeln zum Infektionsschutz und gebe Hinweise auf Impfangebote in der Region. Kündigungen wegen der Impfpflicht seien bislang nicht zu verzeichnen.

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Sollten ungeimpfte Mitarbeitende auf Anweisung des Gesundheitsamtes ab dem 16. März nicht mehr arbeiten dürfen, wäre das „ein herber Verlust“, betont die Oberlin-Sprecherin. „Vor dem Hintergrund eines bundesweit massiven Fachkräftemangels ist das selbstverständlich auch für das Oberlinhaus eine schwierige Situation.“ An den Stellen, wo geimpftes Personal fehle, „wird es sehr schwer werden, mit geimpftem Personal Lücken zu schließen“. Das Oberlinhaus mahnt zudem bundesweit einheitliche Regelungen an, sonst drohe die Abwanderung von ungeimpftem Personal „in Bundesländer, in denen es keine Impfpflicht gibt“. Man befürworte eine allgemeine Impfpflicht, so die Sprecherin: „Die Pandemiebekämpfung geht uns alle an und sollte als Pflicht nicht allein für Mitarbeitende in Gesundheits- und Pflegeberufen gelten.“

Awo fordert Aussetzung der Impfpflicht im Gesundheitswesen

Bei der Arbeiterwohlfahrt Potsdam (Awo), die unter anderem Seniorenheime und Betreuungseinrichtungen für Menschen mit Behinderungen betreibt, sind 810 Mitarbeitende von der Impfpflicht betroffen. Die Impfquote liege bei knapp 90 Prozent, wie die Awo-Vorstandsvorsitzende Angela Schweers sagte. Der Sozialträger wirbt bei seinen Mitarbeitenden für die Impfung, fordert gleichzeitig aber auch die Aussetzung der Impfpflicht im Gesundheitswesen „bis zur Entscheidung über eine allgemeine Impfpflicht“, wie es in einer über die Internetseite verbreiteten Stellungnahme des Awo-Vorstands heißt. Stattdessen sollten „alle staatlichen Ressourcen für eine dauerhafte Stärkung des Gesundheitssystems“ eingesetzt werden. Alle engagierten Mitarbeitenden seien willkommen, „unabhängig vom Impfstatus“. Man akzeptiere die Entscheidung gegen eine Impfung, glaube aber auch, „dass in der Abwägung mehr Gründe für als gegen eine Impfung sprechen“.

Auch bei den kleineren Unternehmen ist die Impfpflicht Thema: Von den 30 Mitarbeitenden des ambulanten Pflegedienstes Eva Kohl, der in Potsdam rund 200 Menschen betreut, sind über 90 Prozent vollständig geimpft, viele auch geboostert, wie Prokuristin Stefanie Hennig den PNN sagte. „Das ist ein klares Bekenntnis zur Impfung und damit zum Schutz der von uns versorgten Risikogruppen.“ Zwar habe es im Januar eine Kündigung gegeben, die wahrscheinlich mit der Impfpflicht zusammenhänge. Mit Versorgungsengpässen rechne man durch die Impfpflicht derzeit aber nicht.

Mehr arbeitssuchende Pflegekräfte als in den Vorjahren

Tatsächlich ist die Zahl der arbeitssuchenden Pflegekräfte in Potsdam aktuell etwas höher als in den Vorjahren. In den Monaten November, Dezember und Januar haben sich insgesamt 47 Pflegekräfte in Potsdam arbeitssuchend gemeldet, wie Tim Czornohus, der Sprecher der Arbeitsagentur Potsdam, auf PNN-Anfrage sagte. In den Vergleichsmonaten 2019/20 und 2020/21 seien es noch jeweils 39 Personen gewesen. 

Über einen kausalen Zusammenhang mit der Impfpflicht könne nur spekuliert werden, weil Daten über die Gründe nicht erhoben werden, betont er. Ein Zusammenhang liege zwar nahe. Es könne sich aber auch um Beschäftigte handeln, „die sich nicht länger dem Risiko aussetzen möchten, Corona-Patienten zu versorgen oder aber diejenigen, die im zweiten Pandemie-Winter die Grenzen ihrer Belastbarkeit erreicht haben“.

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