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Hochwasser-Gefahr: Potsdam steht auf trockenen Füßen

Auch für die Landeshauptstadt besteht Hochwassergefahr – doch die Seen wirken wie ein Speicher.

Während in diesen Tagen zahlreiche Brandenburger Orte mit Hochwasser kämpfen und noch jahrelang die Folgen der Flut spüren werden, behielt Potsdam trockene Füße. Dabei ist auch für die Landeshauptstadt grundsätzlich eine Hochwassergefahr gegeben, sagt Thomas Frey, Experte im Landesumweltamt. So ist das letzte Hochwasserereignis der Havel zu Beginn des Jahres 2011, bei dem auch Wasserstände der Alarmstufe 2 erreicht wurden, noch nicht allzu lange her. Um tatsächliche Überflutungen auf Potsdamer Gebiet zu dokumentieren, muss indes lange in den Geschichtsbüchern geblättert werden.

Dass die Potsdamer Region in den vergangenen Jahren von alarmierenden Pegelständen verschont blieb, hat mehrere Gründe. So war die Stadt und ihr Umland von besonders kleinräumigeren Extrem- und Starkregenfällen, wie sie etwas im Jahre 2007 im Havelland zu verzeichnen waren, nicht betroffen. Bei dem aktuellen Hochwasserereignis profitiert Potsdam von einer vergleichsweise günstigen Situation. Das extreme Hochwasser im Oberlauf der Spree durchläuft auf seinem Weg nach Potsdam mit dem Spreewald ein großes Niederungsgebiete sowie mehrere Flussseen im Berliner Raum. „Auf dieser Strecke kommt es zu einer deutlichen Dämpfung der Hochwasserwelle, das Wasser erreicht Potsdam deutlich verzögert mit geringeren Spitzenwerten“, erklärt Umweltexperte Frey. Die großen Havelseen oberhalb und unterhalb von Potsdam bilden so einen natürlichen Speicher.

Zum anderen liegt Potsdam deutlich oberhalb der Elbmündung der Havel. Unterhalb von Potsdam liegen wiederum Flussseen und die Niederung der unteren Havel mit ihren Poldern. Diese sind in der Lage, größere Mengen von Elbewasser und den Abfluss der Havel aufzunehmen. „Das sind gigantische Flächen“, sagt Detlef Knuth, als Direktor des Potsdamer Naturkundemuseums mit Hochwasser-Fragen sehr vertraut. Es müsse schon der unwahrscheinliche Fall auftreten, dass bei entsprechender Windrichtung die Nordsee über mehrere Monate auf die Elbe drückt und diese sich bis zur Havel staut und deren Wasser über lange Zeit ins freie Land abfließt. Und selbst dann ist der märkische Boden so sandig und trocken, dass die Wassermassen schnell aufgenommen werden. „Die eiszeitlich geprägte Landschaft der Havellandschaft weist in großen Teilen lockere Böden auf, die – besser als der Untergrund in Mittelgebirgen – das Wasser aufnehmen und in die Tiefe leiten können“, sagt auch Frey.

Dennoch ist auch Potsdam von dem aktuellen Hochwasserereignis insofern betroffen, dass zur Entlastung der Havelniederung in den oberhalb liegenden Stauhaltungen von Rathenow bis Berlin ein Wasserrückhalt erfolgt. Potsdam liegt hierbei an der Wasserhaltung, die durch das Wehr in Brandenburg gesteuert wird. Die Abflusskapazitäten der Havel im Bereich von Potsdam bis Brandenburg sind im Zuge des Ausbaus der Havel als Wasserstraße seit Ende der 1960er-Jahre erhöht worden. Der Abfluss und die Wasserstände können bei Mittel- und Niedrigwasserabfluss durch das Wehr Brandenburg reguliert werden. „Langjährige Statistiken zeigen, dass die Extreme der Wasserstände in der Havel in den letzten Jahrzehnten gegenüber früheren Zeiten deutlich geringer geworden sind“, sagt Thomas Frey. Der höchste bisher gemessene Havel-Wasserstand, der in Potsdam gemessen wurde, datiert aus dem Jahr 1940 und lag bei 229 Zentimetern. In der vergangenen Woche lag der Pegel der Potsdamer Havel bei 113 Zentimetern.

Wirkliche Hochwasser in Potsdamer sind für die Vergangenheit vor allem für die Nuthe notiert. So wird im Gröbener Kirchenbuch über „Hochwasserkatastrophen“ bis ins 18. und 19. Jahrhundert geschrieben. Fontane schrieb in einer seiner Erzählungen von einem Hochwasser 1755: „In diesem Jahre hat allhier, wegen des überhand genommenen großen Wassers, kein Heu können gemäht werden, und sind aus eben dieser Ursach auch beide Erndten gar schlecht ausgefallen.“ Überliefert ist zudem ein Nuthe-Hochwasser aus dem Jahr 1824, eine alte Postkarte von 1921 zeigt eine vom Nuthe-Wasser überfluteten Neuendorfer Anger im heutigen Babelsberg. An wirklich prekäre Hochwasserereignisse in Potsdam kann sich selbst der renommierte Stadthistoriker Hartmut Knitter nicht erinnern. „Ich kenne Familienbilder, auf denen die früheren Gartenanlagen hinter dem Lustgarten unter Wasser standen. Genaues weiß ich aber nicht“, sagt er.

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