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Die historische Aufnahme der Treppe, die zur Privatwohnung des Königs führte, stammt aus der Zeit zwischen 1927 und 1940. 

© SPSG

Historische Rekonstruktion am Potsdamer Landtagsschloss: Alte Schnörkel statt Baumarktgeländer

Der Schlossverein und Freunde der Schlösserstiftung wollen die historische Balustrade der Fahnentreppe am Stadtschloss rekonstruieren.

Der Soldatenkönig war praktisch. Aus seinen privaten Räumen im Potsdamer Stadtschloss wollte er schnell in den Lustgarten und auf das Exerzierfeld seiner Langen Kerls gelangen. Also ließ Friedrich Wilhelm I. am Westflügel, am südwestlichen Eckrisalit, um 1730 eine zusätzliche kleine, private Treppe anbauen. Weil hier auch diverse Fahnen zum schnellen Zugriff bereit standen, entstand der Name „Fahnentreppe“.

Sein Sohn Friedrich II. verpasste dem Treppengeländer im Zuge des Knobelsdorff-Umbaus um 1751/52 ein verspieltes Aussehen. Vergoldete Schnörkel mit Preußen-Adler und Friedrich-Monogramm. Anstelle der Treppenpfosten ließ er neun Skulpturen nach Entwürfen von Friedrich Christian Glume, nackte Knaben, platzieren. Aus der Fahnentreppe wurde so die Engel- oder Puttentreppe. Heute ist es ein unscheinbares Treppchen mit modernem Geländer und ohne Funktion: Im neu aufgebauten Schloss gibt es an dieser Stelle im Obergeschoss keine Tür mehr, man schaut durch ein Fenster in den Kopierraum des Landtags.

Vier originale Teile des historischen Geländers

Nun sind durch einen Zufall vier originale Teile des historischen Geländers aufgetaucht. Der Fund könnte eine Rekonstruktion des barocken Schmuckstücks möglich machen, hofft der Verein der Freunde der Schlösserstiftung. Er bekam vor wenigen Wochen jene Geländerfragmente vom einstigen Besitzer übereignet. Der Finder möchte anonym bleiben, sagt Kunsthistoriker Stefan Körner aus dem Vereinsvorstand. Er selbst war bei der Sichtung dabei – „ein klassischer Dachbodenfund“ – und konnte die Stücke schnell einordnen. „Ich habe sofort erkannt, was ich da vor mir hatte.“ Dass der Besitzer überredet werden konnte, die Stücke zurückzugeben an den Ort, von dem sie stammen, sei sehr erfreulich.

Mitglieder des Vereins Freunde der Schlösserstiftung zeigen die Fundstücke, die zum historischen Treppengeländer gehören.
Mitglieder des Vereins Freunde der Schlösserstiftung zeigen die Fundstücke, die zum historischen Treppengeländer gehören.

© Martin Müller

Die Freunde der Schlösserstiftung konnten den Potsdamer Stadtschlossverein ungehend von der Idee einer Rekonstruktion begeistern. Vereinschef HansJoachim Kuke und der Baubeauftragte Willo Göpel sind dabei, als vier junge Freunde der Schlösserstiftung die Fundstücke aus Berlin nach Potsdam bringen und schon mal probehalber ans Geländer halten. Die vergoldeten Schnörkel sind ein großer Kontrast zur dunklen Stahlkonstruktion. Das Original wurde vom Zierratenbildhauer und Bronzegießer Johann Melchior Kambly geschaffen. Den hatte Friedrich II. aus der Schweiz an seinen Hof geholt, an vielen Schlössern und Gebäuden finden sich Kamblys Arbeiten.

Zwei von neun Putti sind erhalten

Willo Göpel würde sich freuen, statt des „Baumarktgeländers“, wie er es nennt, wieder Kunst zu zeigen. Zumal ausgerechnet das Geländer sogar den Bombenangriff im April 1945 unbeschadet überlebt hatte. „Es gibt Fotos aus der Zeit nach dem Krieg, auf denen man sieht, dass da noch alles intakt war“, sagt Göpel. Erst bei den Abrissarbeiten verschwand die historische Bausubstanz, vieles landete als Füllmaterial im Lustgartenwall. Stefan Körner war als Zivildienstleistender dabei, als der 1999/2000 abgetragen wurde. „Da haben wir so einiges an Bruchstücken rausgeholt.“

Um solche Stücke kümmert sich heute die Schlösserstiftung. Von der Fahnentreppe seien derzeit zwei vollständige Geländerfelder und ein fragmentarisch erhaltenes im Bestand der SPSG, sagt Stiftungssprecher Frank Kallensee. In der Skulpturensammlung werden von den ehemals neun Putti zwei vollständig und fünf fragmentarisch erhaltene aufbewahrt. Einige Teile sind bereits Zink-Nachgüsse aus dem 19. Jahrhundert. Ob das alles für eine Rekonstruktion reicht, und ob ein Wiederaufbau überhaupt in Frage kommt, das müsse mit der Landtagsverwaltung und dem Architekten Peter Kulka abgestimmt werden, so Kallensee. „Wir würden so ein Projekt aber gerne helfend und beratend begleiten.“ Architekt Kulka war am gestrigen Freitag für eine Stellungnahme nicht erreichbar. Aus der Landtagsverwaltung heißt es, man sei vom Stadtschlossverein informiert worden, dass es neue Fundstücke gebe, könne dazu aufgrund der Kürze der Zeit aber noch nichts sagen.

"Ein wunderschöner Hingucker"

Auch über die Kosten herrscht bislang Unklarheit. „Bronzeguss ist schon recht aufwändig“, sagt Göpel. Er freue sich deshalb über das Engagement der Freunde der Schlösserstiftung, auch Spendenakquise gehört bekanntlich zu deren Aufgaben. Beide Vereine sind in ihrer Begeisterung für das Projekt dennoch nicht zu bremsen. Kunsthistoriker Körner schwärmt: „Das wäre ein wunderschöner Hingucker auf der langen, der Stadt zugewandten Fassade des Schlosses.“

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