zum Hauptinhalt

HEYES Woche: Der Ossi auf der Couch

Wieder einmal liegt der Ossi auf der Couch. Diesmal gebettet vom (Ostdeutschen) Sozialverband Volkssolidarität.

Wieder einmal liegt der Ossi auf der Couch. Diesmal gebettet vom (Ostdeutschen) Sozialverband Volkssolidarität. Er veröffentlichte jetzt eine wenig erfreuliche Umfrage unter ostdeutschen Bürgern. Gern hätte man allerdings auch die Fragen gelesen, und nicht nur die Antworten: 42 Prozent zeigen sich danach unzufrieden mit der Demokratie. 41 Prozent werden als ausländerfeindlich eingestuft. Gerade mal 11 Prozent stehen mit beiden Beinen auf dem Grundgesetz und 0,4 Prozent vertrauen Wahlversprechen. Wer solche pauschalen Einstellungsmuster ermittelt, der sollte doppelt nachdenklich sein. Ich jedenfalls lese solche Ergebnisse mit zunehmender Skepsis. Ob da wirklich mit Bedacht der repräsentative Durchschnitt der verbliebenen ostdeutschen Bevölkerung abgefragt wurde? Hätte die gleiche Befragung im Bayerischen Wald, mit einer vergleichsweise ähnlichen großen Abwesenheit von Ausländern, von Einwanderern und Flüchtlingen also, nicht ein ganz ähnliches Ergebnis haben können? Wäre Ostdeutschland tatsächlich ein solches Biotop kollektiver Resignation, würde es kaum gelingen, Investoren anzulocken. Aber es gelingt. Ostdeutschland, das ist eben nicht nur Selbstzweifel und psychosoziale Verelendung.

Das alles gibt es auch. Aber eben nicht nur. Und nicht nur in Ostdeutschland blicken die Menschen erschrocken auf das ökonomische und finanzwirtschaftliche Desaster, was Wessis als Manager oder Bankdirektoren angerichtet haben. Auch in den Ländern der alten Bundesrepublik gibt es „Ausländerfeindlichkeit“. Ich setze das in Anführung, weil ich den Begriff für problematisch halte. Wer jeden Tag aus den unterschiedlichsten Regionen der Welt Tote zählt, von Selbstmordattentätern in den Tod gerissen, der kann einen Teil seiner Bereitschaft verlieren, unverstellt und vorurteilsfrei auf fremde Kulturen zu reagieren.

Im neuen Ostdeutschland gibt es kaum Fremde, also wenig Möglichkeiten, durch eigene Anschauung und freundschaftlichen Umgang mit Menschen anderer Kulturen Fremdenangst zu überwinden.

Mir scheint, dass es auch angstgeleitete Abwehr sein kann, und nicht gleich Ausländerfeindlichkeit sein muss. Es gibt beides, das nicht in einen Topf gehört. Und das auf unterschiedliche Weise bekämpft werden muss.

Uwe-Karsten Heye schreibt an dieser Stelle regelmäßig für die PNN. Unser Autor war Redenschreiber bei Willy Brandt und Regierungssprecher von Bundeskanzler a.D. Gerhard Schröder. Heute lebt Heye mit seiner Familie in Babelsberg und arbeitet dort als Autor und Publizist.

Uwe-Karsten Heye

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false