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HEYES Woche: Der Brandenburger Weg

Interessant, was sich die Parteien im Landtag vorgenommen haben. Sie wollen noch einmal kritisch schauen, ob der Brandenburger Weg aus dem realen Sozialismus in den demokratischen Kapitalismus alles in allem gelungen ist.

Interessant, was sich die Parteien im Landtag vorgenommen haben. Sie wollen noch einmal kritisch schauen, ob der Brandenburger Weg aus dem realen Sozialismus in den demokratischen Kapitalismus alles in allem gelungen ist. Die Anzeichen trügen wohl nicht, dass es dem Einen oder Anderen da an Überzeugung mangelt. Eine Enquete-Kommission unter Vorsitz der neuen Stasi-Beauftragten Ulrike Poppe soll Aufklärung bringen. Alle Fraktionen im Landtag sind dafür. Am Ende werden sich Gut und Schlecht, Richtig und Falsch wohl die Waage halten. Im besten Fall – und wenn es ein ehrliches Interesse an der Sache gibt – steht dann die Erkenntnis, dass auch die DDR integraler Teil einer sehr deutschen Geschichte ist.

Warum schwingt da dennoch ein unangenehmer Ton mit?

Diese Selbstvergewisserung kommt reichlich spät. Brandenburg hätte sich des Vorurteils-Etiketts als „kleine DDR“ längst entledigen können. Komisch, dass in zwanzig Jahren keine der heutigen Oppositionsparteien dieses Bedürfnis zu haben schien. Auch nicht in Zeiten, in denen sie in der Regierungsverantwortung waren. Die Antwort darauf kann ja durchaus leise, weil selbstkritisch ausfallen. Auch eine Enquete-Kommission kann nichts daran ändern, dass viele so lange über ihre eigene Stasi-Verstrickung geschwiegen haben. Deren Feigheit hat der gegenwärtigen Koalition im Landtag ganz schön zugesetzt. Gleichzeitig soll nun auch die Medienlandschaft untersucht werden. Na, das dürfte spannend werden. Die Frage an die Kommission lautet: Sind die Voraussetzungen für eine differenzierte Meinungsbildung vorhanden? Wie wäre es – statt einer Untersuchung – mit einem Blick in die Tageszeitungen des Landes oder in die Sendungen des rbb? Da hätte man Antworten. Dafür braucht es keine Enquete.

Lauter dagegen sollten sich die zu Wort melden, die sich erst jetzt ihrer Stasi-Verstrickung erinnern. Auch jene, die sich schon dazu bekannten, sollten sich nicht scheuen, ihre Motive offenzulegen. In mehr als einem Fall waren die Täter zugleich auch Opfer. Noch besser, sie würden darüber in Schulen und Jugendzentren reden. Es wird auch an der Kommission und ihren Ergebnissen liegen, ob das Klima dafür geschaffen wird.

Uwe-Karsten Heye schreibt an dieser Stelle regelmäßig für die PNN. Unser Autor war Redenschreiber bei Willy Brandt, und Regierungssprecher von Bundeskanzler a.D. Gerhard Schröder. Heye lebt mit seiner Familie in Babelsberg und ist Chefredakteur der SPD-Zeitung „Vorwärts“.

Uwe-Karsten Heye

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