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„Havelsounds“ in Potsdam: Recht trifft Meinung

Bei der dritten „Havelsounds“-Gesprächsrunde im Atrium der Wilhelmgalerie war am Donnerstag mit Matthias Schöneburg Brandenburgs wohl bekanntester Strafverteidiger zu Gast. Thema war, wie schmal im Zuge von Gerichtsprozessen der Grat zwischen Berichterstattung und Vorverurteilung ist.

Potsdam - Im Strafprozess gilt der Grundsatz „In dubio pro reo“ – im Zweifel für den Angeklagten. Wie Angeklagte teilweise noch vor Urteilsverkündung trotzdem durch die Medien vorverurteilt werden, war am Donnerstagabend ein Thema bei der dritten Auflage der „Havelsounds“-Gesprächsreihe in der Wilhelmgalerie.

Moderiert wurde die Runde vom TV-Journalisten Tim Jaeger. Marion Kaufmann, Gerichtsreporterin der „Märkischen Allgemeinen Zeitung“, und der rbb-Moderator Uwe Madel, zuständig für das TV-Format „Täter – Opfer – Polizei“, nahmen auf der Wohnzimmer-Bühne Platz. Der wohl prominenteste Gast aber war der Potsdamer Rechtsanwalt Matthias Schöneburg. Er verteidigte unter anderem die Mutter aus Frankfurt (Oder), die neun ihrer Neugeborenen getötet hat. Sie soll noch in dieser Woche vorzeitig aus der Haft entlassen werden. „Sie ist nicht gefährlich und erfüllt alle Bedingungen, um in den Genuss einer vorzeitigen Haftentlassung zu kommen“, sagte Schöneburg im Atrium der Wilhelmgalerie. Wichtig sei jedoch, dass man ihr nun die Chance gebe, sich wieder in die Gesellschaft zu integrieren – dazu gehöre es auch, dass die Medien in ihrer Berichterstattung nicht mehr den vollen Namen nennen oder Fotos der Frau zeigen. Das aber tat die „Bild“-Zeitung erst am Donnerstag – Schöneburg wolle nun mit seiner Mandantin absprechen, ob er eine einstweilige Verfügung erwirkt.

Wen Schöneburg nicht verteidigen würde

Da der Fokus lange auf den Viten der Gäste lag, kam eine richtige Diskussion erst kurz vor Ende der Veranstaltung zustande. Vom Publikum gefragt, ob es für ihre Berichterstattung moralische Grenzen gebe, sagte Gerichtsreporterin Kaufmann, dass sie darauf achte, Tatsache und Vermutung genau zu kennzeichnen. Daher setze sie auch oft Fragezeichen in ihren Artikeln. Ähnliche Frage an Schöneburg: Gibt es Mandanten, die er nicht verteidigen würde? Ja, den Holocaust-Leugner Horst Mahler zum Beispiel. Dem sollte er mal als Pflichtverteidiger beigeordnet werden, was er aber ablehnte.

Die Lieblingsmedien der Gäste

Jeder der Gäste sollte außerdem sein liebstes Potsdam-Medium vorstellen. Gerichtsreporterin Marion Kaufmann las ein Stück aus ihrem selbst geschrieben und Anfang des Jahres erschienen Krimi mit dem Namen „Die Harpune“, der an den viel in den Medien diskutierten „Maskenmann“-Fall angelehnt ist. Auch rbb-Moderator Uwe Madel brachte mit „ und achten Sie auf Ihr Handgepäck“ sein eigenes Buch mit, eine Sammlung der skurrilsten und heitersten Geschichten aus „Täter – Opfer – Polizei“. Anwalt Schöneburg hatte kein Buch dabei, Moderator Tim Jaeger hatte vergessen, ihm von der Lieblingsmedium-Aktion zu erzählen.

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