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Landeshauptstadt: Haus des Null-Fehler-Prinzips

Uwe Braun GmbH geht dieses Jahr in Golm in Betrieb – mit Forschung, Entwicklung und Produktion

Von Matthias Matern

Golm – Andrea Braun steht nicht zum ersten Mal vor der 120 Meter langen Fassade des Rohbaus der Uwe Braun GmbH. Mit einer Art ungläubigen Staunens betrachtet die Marketing-Chefin und Ehefrau des Firmengründers die bisher größte Investition des Unternehmens. „Wenn ich bedenke, dass dieses riesige Gebäude bald mit Leben durch viele Mitarbeiter erfüllt sein wird, komme ich in Hochstimmung“, sagt sie. Sorgen, dass es nicht gelingen könnte, habe sie nicht. „Wir freuen uns auf die Arbeit.“ Mehr als 37 Millionen Euro investiert Braun im Wissenschaftspark Golm, direkt neben dem Fraunhofer-Institut, mit dem auch eine Kooperation geplant ist. Ein viergeschossiger Bau entsteht, mit einer Nutzfläche von etwa 22 000 Quadratmetern, versorgt durch ein Blockheizkraftwerk, das mit Rapsöl betrieben wird. Das Land Brandenburg fördert die Investition mit 30 Prozent.

Noch in diesem Jahr will Braun seinen neuen Standort in Betrieb nehmen. Am kommenden Montag ist Richtfest. „Wir haben 30 000 Kubikmeter Boden bewegt und 6000 Kubikmeter Beton verbaut“, berichtet die Marketing-Chefin. Am Ende soll dieser immense Materialeinsatz zu einem im Wissenschaftspark bisher einzigartigen Ergebnis führen: Ein Gebäudekomplex, in dem Forschung, Entwicklung und Produktion wie aus einem Guss betrieben werden.

Die Spezialität von Uwe Braun, dem gelernten Energieanlagenelektroniker und Maschinenbau-Ingenieur, sind spezielle Messsysteme. Beispiel: Ein Riesen-Scanner tastet die Karosserie-Oberfläche eines Autos mittels eines elektronischen Auges ab und füttert mit den Messergebnissen einen Computer. Keine Farbungleichheit entgeht ihm, kein Pixel im Lack. Die speziell hierfür entwickelte Software wertet die Daten aus und leitet anschließend Veränderungen ein. Das Ziel sei das „Null-Fehler-Prinzip“ bei der Fertigung von Bauteilen. Das Schlagwort erinnert an die von der DDR zeitweise propagierte „Null-Fehler-Produktion“.

Doch bei Braun hat das Substanz. Die hierfür notwendigen Messgeräte und Anlagen produziert das Unternehmen selbst. So ist dem Anlagenbau das Erdgeschoss des neuen Hauses vorbehalten, im ersten Obergeschoss entstehen Messgeräte, im zweiten Stock Elektronik- und Kleingeräte – alles immer kombiniert mit Forschung und Entwicklung. Auch für den gewöhnlichen Konsumenten ist etwas dabei: Das mittlerweile für den Einsatz in Automobilen schon bekannte ABL-System, ein Gerät für das Null-Fehler-Prinzip beim Autofahren. Es handelt sich um ein elektronisches Kontroll- und Messsystem, das dann aktiv wird, wenn der Mensch versagt, zum Beispiel wenn dieser am Lenkrad in den gefürchteten Sekundenschlaf verfällt. Für rund 200 Euro kann jeder Autofahrer einen solchen elektronischen Beifahrer oder Fahrassistenten erwerben.

Das wichtigste „Kapital“ eines Unternehmens dieser Art sind die Menschen. „Wir sind noch auf der Suche nach 90 Forschern und Entwicklern“, berichtet Andrea Braun. Es sei nicht einfach, geeignete Fachleute zu finden, „denn die meisten sind eher im Süden als im Land Brandenburg beheimatet“. Von der Nähe zum Wissenschaftspark Golm und den Universitäts- und Forschungseinrichtungen verspricht sich der Investor daher viel. Gesucht sind unter anderem Informatiker, Elektroniker und Konstrukteure, aber auch Mathematiker und Physiker. Das Unternehmen plane, nicht nur räumlich zu expandieren, sondern auch inhaltlich. Nach neuen Produkten gefragt, sagt Andrea Braun: „Mein Mann hat schon einiges Neues im Kopf. Unschätzbar seien dabei die neuen Mitarbeiter, die nicht nur fachlich versiert sein müssen, sondern besonders über „unternehmerischen Denken“ verfügen sollen.

Mit 50 Mitarbeitern will Braun im Dezember den Betrieb im neuen Haus aufnehmen. Auf 180 Leute soll die Crew aus Forschern und Produzenten bis Ende 2008 anwachsen. Am Ende ist eine Zahl von bis zu 400 Mitarbeitern im Visier. 57 Mitarbeiter beschäftigt Maschinenbauingenieur Braun in Brandenburg, 44 am Stammsitz der Firma in der Prignitz und 13 in seinem Büro in Potsdam. Der Gründer des Softwareunternehmens SAP, Hasso Plattner, ist seit gut zwei Jahren ist Plattner mit rund 25 Prozent an der Uwe Braun GmbH beteiligt. Günter Schenke/Matthias Matern

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