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Hasso-Plattner-Institut: Von der Lochkarte zum Laufwerk

In einem neuen Online-Kurs führt Hasso Plattner in die Geheimnisse der Unternehmensinformatik ein.

Potsdam - Zu Hasso Plattner in die Vorlesung gehen? Kein Problem, man braucht nicht am Hasso-Plattner-Institut Potsdam (HPI) eingeschrieben zu sein, um den SAP-Mitgründer und Professor für Wirtschaftsinformatik im Hörsaal zu erleben – wenn auch nicht live. Seit Kurzem bietet das HPI auf der Webseite www.open.hpi.de den sechswöchigen Online-Kurs „In-Memory Data Management 2017“ (Arbeitsspeicher-Datenmanagement) an, zu dem sich alle Interessierten kostenlos einschreiben können.

Wer dies tut, findet sich auf einer übersichtlichen Webseite wieder, auf der im Wochentakt neue Videos, Lernmaterialien und Tests freigeschaltet werden. „Geschichte der Unternehmensinformatik“ heißt das erste, rund 20 Minuten lange Video. Die Kurssprache ist Englisch, allerdings können Untertitel für über zehn Sprachen dazu geschaltet werden.

„Seit ich das Management bei SAP verlassen habe, konzentriere ich mich auf die Forschung“, beginnt Plattner die Vorlesung. „Das war sehr fruchtbar, denn wir konnten hier im HPI einige Ideen entwickeln, die fast zu einer Art Industrie-Standard geworden sind.“ Plattner steht in weißgestreiftem Hemd in einem Hörsaal des HPI vor einem Overhead-Projektor, auf dem ein Blatt Papier liegt. Darauf beginnt er nun kleine Zeichnungen zu machen, die seine Ausführungen begleiten und im rechten Teil des Bildschirms zu sehen sind.

Das erste, was Plattner zeichnet, ist: eine Lochkarte. „Wir sind im Jahr 1966“, erklärt er, denn damals nutzten Unternehmen für ihre Buchhaltung tatsächlich noch Lochkarten und magnetische Speicherbänder. „So sah die Landschaft aus, als ich bei IBM anfing.“ Das Thema des Kurses – die Optimierung von Firmen-Datenbanken – ist eng mit der Biografie des 73-Jährigen verbunden: Statt mit Lochkarten arbeiten zu müssen, entwickelte SAP ab 1972 die Software „Realtime“, die Unternehmen Zugriff in Echtzeit auf ihre Daten ermöglichte.

Die Lochkarten waren bald Geschichte, Plattner zeichnet einen Zylinder auf: ein Laufwerk. „Die ersten Laufwerke hatten sieben Megabyte pro Scheibe“, erinnert er sich. Damals ein enormer Fortschritt, aber mit Schwächen: „Alles, was ich je entworfen und programmiert habe, habe ich gemacht, um diese verdammten, langsamen Laufwerke zu überwinden“, sagt Plattner und gestikuliert. „In einem elektronischen System haben wir diese rostigen Magnetscheiben, die in den letzten 40 Jahren nur zehnmal schneller geworden sind.“

Es ist der einzige Moment, in dem Plattner für einen kurzen Moment emotional wird und etwas von seiner persönlichen Motivation durchblicken lässt. Die meiste Zeit wirkt er gesetzt und routiniert, Plattner führt den Kurs nun bereits zum fünften Mal durch. Immer wieder fixiert er die Studierenden im Hörsaal, so als wolle er ihre Aufmerksamkeit prüfen. Gelegentlich stellt er Fragen, flechtet kurze Erinnerungen ein, insgesamt ist die Vorlesung jedoch sehr sachlich und technisch.

Obwohl man sich die Videos ganz entspannt zu Hause anschauen kann, ist man nicht alleine: Mit im virtuellen Hörsaal sitzen mehr als 4800 weitere Kursteilnehmer, mit denen man unter dem Menüpunkt „Diskussion“ auch ins Gespräch kommen kann. Viel diskutiert wird an diesem Tag noch nicht, allerdings lassen zwei Kommentare von Wolfram Greis aus der Schweiz und Rakesh Kumar aus Indien erahnen, wie international der Kreis der „Kommilitonen“ ist.

Auch wenn laut Kursbeschreibung keine Vorkenntnisse benötigt werden, sollte man dennoch ein gewisses Grundverständnis für Informatik im Allgemeinen und Datenbanken im Besonderen mitbringen, sonst geht man vermutlich schnell im Strudel von Fachbegriffen und Abkürzungen wie SQL, OLTP oder DBMS verloren. Für alle, die diese Voraussetzungen mitbringen, dürfte es allerdings eine recht spannende Angelegenheit sein, von einem Software-Pionier wie Hasso Plattner in die Geheimnisse der Unternehmensinformatik eingeweiht zu werden. Erik Wenk

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