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Nicht schön, aber billig: Unsanierte Plattenbauten in Potsdam – etwa am Schlaatz – bieten derzeit den preiswertesten Wohnraum in der Landeshauptstadt. 84 223 Wohnungen gibt es insgesamt in Potsdam.

© Andreas Klaer

Hartz IV in Potsdam: Genügend Wohnungen für Bedürftige

Potsdam zahlt weniger Mietzuschüsse je Quadratmeter bei Hartz-IV- und Sozialhilfeempfängern

Von Peer Straube

Potsdam verfügt offenbar über mehr preiswerten Wohnraum als angenommen. So lagen die Wohn- und Heizkosten von Hartz-IV- und Sozialhilfeempfängern in der Landeshauptstadt im vergangenen Jahr im Durchschnitt noch deutlich unter der als angemessen festgelegten Obergrenze. Das geht aus einer Antwort der Stadtverwaltung auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Die Andere hervor. Demnach betrugen die durchschnittlichen Wohn- und Heizkosten der 9108 Bedarfsgemeinschaften im August 2011 rund 7,35 Euro pro Quadratmeter. Als Angemessenheitsgrenze hat die Stadt 8,60 Euro festgelegt. Diese Summe setzt sich aus einer Nettokaltmiete von 5,50 Euro, 1,80 Euro für die Betriebs- und weiteren 1,30 Euro für die Heizkosten zusammen.

Bei einem Viertel der Ende 2010 registrierten insgesamt 84 223 Wohnungen in Potsdam lag die Nettokaltmiete bei 5,50 pro Quadratmeter. Seit 2008 blieb dieses Verhältnis relativ stabil. Möglicherweise liegt der Anteil günstiger Wohnungen sogar noch höher – erfasst werden nach Rathausangaben lediglich jene Wohnungen, deren Miete aufgrund öffentlicher Förderung gebunden ist.

Weiteres Indiz, dass im unteren Preissegment noch Wohnraum zur Verfügung steht, ist die nur geringe Zahl von Zwangsumzügen. Wie das Rathaus auf PNN-Anfrage erklärte, „schätzt“ das Potsdamer Jobcenter, dass jährlich „weniger als 50 Umzüge“ erfolgen. Eine genaue Statistik werde im Jobcenter nicht geführt, ebenso wenig darüber, wie viel Umzüge nicht realisiert werden können, weil kein angemessener Wohnraum zur Verfügung stand. Dass es dazu keine Zahlen gibt, hat rathausintern offenbar Unverständnis ausgelöst. „Wir hätten Interesse daran, dass das Jobcenter eine solche Statistik führt“, sagte Stadtsprecher Jan Brunzlow.

Der Grund liegt auf der Hand. Die Stadt muss die Kosten für die Unterkunft von Hartz-IV- und Sozialhilfeempfängern bezahlen. Im vergangenen Jahr sind die dafür nötigen Ausgaben um eine runde Million Euro gestiegen. 40,22 Millionen Euro wurden laut Stadtverwaltung aufgewendet, 2010 waren es noch 39,21 Millionen Euro.

Überraschend ist der Kostenanstieg deshalb, weil die Zahl der Hartz-IV-Bedarfsgemeinschaften, die Anspruch auf Übernahme der Wohnkosten haben, im Vergleichszeitraum sogar zurückgegangen ist: 9183 waren es 2011, im Vorjahr lag die Zahl noch bei 9512.

Von den Mehrkosten fing der Bund allerdings einen großen Teil auf. Seine Zuschüsse für die Unterkunfts- und Heizkosten stiegen von 8,4 Millionen Euro im Jahr 2010 auf 9,2 Millionen Euro im vergangenen Jahr. Für die kommenden Jahre will der Bund seine Zuschüsse indes noch einmal aufstocken. Bislang bekommt die Stadt 24,5 Prozent der Wohn- und Heizkosten für Hartz-IV-Empfänger vom Bund erstattet. Bei den Sozialhilfeempfängern, deren Leistungsansprüche das Sozialgesetzbuch (SGB) XII regelt, trägt der Bund 15 Prozent der Kosten – allerdings nur für jenen Personenkreis, die von versteckter Altersarmut betroffen sind oder auf Dauer vermindert erwerbsunfähig sind, etwa wegen einer langwierigen Krankheit. An den Kosten für jene Gruppe, die „Hilfe zum Lebensunterhalt“ beziehen, beispielsweise Asylbewerber oder stark Pflegebedürftige, deren Einkommen für einen vollstationären Pflegeplatz nicht ausreicht, beteiligt sich der Bund nicht. Dieser Kreis ist aber vergleichsweise klein. Lediglich 147 Bedarfsgemeinschaften waren dort mit Stand September 2011 registriert, 473 000 Euro gab die Stadt für ihre Wohn- und Heizkosten aus. Für die 1113 Bedarfsgemeinschaften, die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung beziehen, musste die Stadt dagegen 3,8 Millionen Euro aufwenden. Bereits in diesem Jahr wolle der Bund seinen Anteil für die letztere Gruppe auf 45 Prozent erhöhen, ab 2014 werde er die Wohn- und Heizkosten sogar vollständig übernehmen, kündigte das Rathaus an.

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