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Noble Gegend. Die Brandenburger Vorstadt zählt nicht zu den billigsten Stadtteilen auf dem Potsdamer Wohnungsmarkt. Auch sie hat ein Fluktuationsproblem. Weil die Wohnungen teuer sind, ziehen viele weg.

© Manfred Thomas

Landeshauptstadt: Günstige Wohnung vergeblich gesucht

Viele ziehen aus Potsdam weg, weil das Preis-Leistungsverhältnis auf dem Wohnungsmarkt nicht stimmt

Von Peer Straube

Wer nach Potsdam zieht, hat hier in aller Regel einen neuen Arbeits- oder Ausbildungsplatz bekommen; wer die Stadt verlässt, ist zumeist bei der Suche nach einer bezahlbaren Wohnung gescheitert. Das sind die wichtigsten Ergebnisse einer Studie zum Umzugsverhalten, die das Rathaus am Mittwoch vorgestellt hat.

In der vom Bund finanzierten Erhebung wurden insgesamt 3800 neue und ehemalige Potsdamer nach ihren Beweggründen für ihren Zu- oder Wegzug befragt. Rund 800 davon haben die Fragebögen ausgefüllt zurückgeschickt, was einer Quote von etwas mehr als 20 Prozent entspricht. Die Gründe für einen Zuzug sind dabei eher klassisch: Nach einem neuen Arbeits- oder Ausbildungsplatz ist die bessere Erreichbarkeit des Arbeits- oder Studienplatzes oder einer Schule das Hauptmotiv. Danach folgen der Wunsch nach einer Wohnung in der Stadt und die Nähe zu Verwandten oder Freunden.

Ein etwas anderes Bild ergibt sich bei den Gründen für den Wegzug aus Potsdam. Mehr als ein Drittel aller Weggezogenen wäre in Potsdam geblieben, wenn es hier eine passende Wohnung oder Baugrundstücke zu einem annehmbaren Preis gegeben hätte. Das Preis-Leistungsverhältnis auf dem Wohnungsmarkt werde in der Landeshauptstadt als negativ eingeschätzt, sagte Arnt von Bodelschwingh, Chef der Regiokontext GmbH, die die Studie im Auftrag der Stadt erarbeitet hat. Besonders überraschend: Der Anteil jener Weggezogenen, die am neuen Wohnort wieder eine Wohnung gemietet haben und nicht in ein Haus gezogen sind, liegt mit 80 Prozent sehr hoch.

Da Potsdam nicht mit den generell niedrigeren Baulandpreisen für Häuslebauer im Umland konkurrieren könne, empfiehlt von Bodelschwingh der Stadt, sich auf den Mietwohnungsbau zu konzentrieren. Auch Familien ließen sich damit ködern, weil Potsdam mit einer guten sozialen Infrastruktur wie Schulen und Kitas sowie einer guten Verkehrsanbindung punkten könne. Diese Vorzüge der Landeshauptstadt wurden von allen Zu- und Weggezogenen besonders gepriesen – ebenso wie das viele Grün und das Kulturangebot. Diese Aspekte müsse die Landeshauptstadt noch besser vermarkten, riet von Bodelschwingh.

Als Fazit empfiehlt die Studie daher, familientaugliche, bezahlbare Wohnungen und einfache Reihenhäuser in Stadtrandlagen, jedoch mit guter Verkehrsanbindung zu schaffen und sich darüber hinaus auf preisgünstige Wohnungen für Studenten und junge Akademiker zu konzentrieren, die andernfalls nach Berlin ziehen würden.

Erik Wolfram vom Bereich Stadt- und Verkehrsentwicklung kündigte dazu Gespräche mit den hiesigen Wohnungsgenossenschaften und der städtischen Pro Potsdam an. Die Wohnungswirtschaft müsse den Fokus künftig stärker auf den Bau familiengerechter Wohnungen legen, so Wolfram. Um sie preisgünstig vermieten zu können, müsse man die Baukosten senken und mit geringerem Standard bauen – etwa durch den Verzicht auf Aufzüge. Dass preisgünstiges Bauen möglich ist, zeigten ebenfalls wachsende Städte wie Nürnberg oder Köln, sagte von Bodelschwingh. Bei entsprechender Landesförderung würden etwa in innenstadtnahen Lagen in Köln Wohnungen für 5,10 Euro Nettokaltmiete pro Quadratmeter angeboten, selbst frei finanzierte Wohnungen kosteten unter acht Euro pro Quadratmeter. Die Pro Potsdam nimmt für neue Wohnungen im Bornstedter Feld zum Teil bereits über neun Euro.

Wolfram appellierte erneut an das Land, wieder stärker in die Wohnungsbauförderung einzusteigen. Bekanntlich hat die Landesregierung die Wohnungsbauförderung zuletzt ausgesetzt, weil der 30-Millionen-Euro-Topf dafür bereits nahezu aufgebraucht ist. Eine Fortsetzung hatte Bauminister Jörg Vogelsänger (SPD) zuletzt auch davon abhängig gemacht, ob der Bund die Mittel aus dem sogenannten Entflechtungsgesetz auch nach 2014 in voller Höhe zahlt. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) will sie kürzen. Brandenburg bekommt aus dem Topf jährlich 28 Millionen Euro.

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