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Grüne Überraschung: Marie Schäffer nimmt Klara Geywitz den Wahlkreis 21 ab

Seit 2004 ging der Innenstadt-Wahlkreis 21 immer zuverlässig an Klara Geywitz von der SPD. Doch bei dieser Landtagswahl bekam die 28-jährige Grüne Marie Schäffer die meisten Stimmen. Es war denkbar knapp.

Potsdam - Grünen-Bundesvorsitzende Annalena Baerbock brachte es auf den Punkt: „Früher haben wir gezittert, ob wir überhaupt in den Landtag kommen. Heute schwitzen wir hier oben.“ Tatsächlich: Es war brechend voll und zwischenzeitlich fast unerträglich heiß bei der Grünen-Wahlparty im 17. Stock des Hotels Mercure. Und obwohl die Öko-Partei mit rund zehn Prozent unter den Erwartungen der vergangenen Wochen zurückblieb, war die Stimmung ausgelassen. Denn die Partei, die vor fünf Jahren nur bei 6,2 Prozent lag, feierte trotzdem einen historischen Erfolg in Brandenburg. Und: Sie konnte zum ersten Mal in der Geschichte des Landes ein grünes Direktmandat erkämpfen. Die 28-jährige Marie Schäffer holte die meisten Stimmen im wichtigen Innenstadt-Wahlkreis 21 – vor der langjährigen SPD-Landtagsabgeordneten und früheren Generalsekretärin Klara Geywitz. 

Die gebürtige Niedersächsin Schäffer, die einst für ein Informatikstudium am Hasso-Plattner-Institut nach Potsdam kam und bei der Landesbeauftragten für den Datenschutz arbeitet, ist zwar seit Jahren bei den Grünen aktiv, einer breiteren Öffentlichkeit aber erst seit der Kommunalwahl im Mai bekannt – seit dieser sitzt sie im Potsdamer Stadtparlament. Dass sie es als Direktkandidatin bei der Landtagswahl schaffen würde, war am Sonntag erst im letzten Moment klar, als wirklich alle Wahlbezirke ausgezählt waren: Nur 144 Stimmen lag sie am Ende vor Geywitz. 27 Prozent holte sie am Ende, ihre SPD-Konkurrentin 26,7. Der Jubel bei den Parteifreunden war groß, sie feierten die Wahlsiegerin mit „Marie, Marie“-Rufen.

Geywitz hat den Einzug in den Landtag wohl verpasst

Die weiteren Direktkandidaten konnten dem Zweikampf von Geywitz und Schäffer nichts Entscheidendes entgegensetzen. Linken-Kandidatin Isabelle Vandre kam mit 15,2 Prozent der Erststimmen auf den dritten Platz, dahinter lag CDU-Kandidat Clemens Viehrig mit 12,9 Prozent. Der AfD-Direktkandidat Helmar Wobeto blieb mit 9 Prozent deutlich unter den landesweiten AfD-Zahlen.

Im Gegensatz zu Vandre, die über einen günstigen Landeslistenplatz abgesichert ist, hat Geywitz durch das verlorene Direktmandat den Einzug in den Landtag wohl verpasst. Sie kommentierte ihre Niederlage gewohnt trocken: „Potsdam ist ja für dramatische Wahlergebnisse bekannt.“ Sie halte aber an ihrer Kandidatur für den SPD-Bundesvorsitz fest, sagte sie den PNN. Sie habe schon im Vorfeld mit Olaf Scholz besprochen, dass es sehr knapp werden könnte. 2014 hatte Geywitz in dem Wahlkreis noch 28 Prozent geholt, die Grünen – damals mit Spitzenkandidatin Marie Luise von Halem – 15,7 Prozent.  (mit HK, KG)

INTERVIEW MIT MARIE SCHÄFFER

Frau Schäffer, Sie haben denkbar knapp den Wahlkreis 21 für sich entschieden – erst beim letzten ausgezählten Wahlbezirk war klar, dass Sie und nicht Frau Geywitz von der SPD das Direktmandat gewinnen. Wie haben Sie diese Zitterpartie erlebt?
Ich bin völlig am Ende. Wir haben zum Schluss alle nur noch um den Laptop herumgestanden und die Seite mit den Ergebnissen für den Wahlkreis aktualisiert. Ich freue mich jetzt einfach total, dass es geklappt hat, dass wir endlich mal die Karte mit den Direktmandaten grün einfärben können in Brandenburg.

2004, 2009 und 2014 holte jeweils die SPD-Politikerin Klara Geywitz das Direktmandat. Wie haben Sie es geschafft, ihr das abzunehmen? 

Wir haben einen Wahlkampf hingelegt, wie wir ihn noch nie hatten. Wir haben Hilfe aus dem gesamten Bundesgebiet bekommen. Außerdem haben wir in Potsdam ganz viele neue Mitglieder dazugewonnen und konnten so viele Wahlkampfstände und ganz viel Haustürwahlkampf machen. Wir haben einfach viel mit den Leuten geredet, waren da und nah an den Menschen. Ich glaube, das hat schon viel geholfen. 

Was ist das wichtigste Projekt, das Sie jetzt für Ihren Potsdamer Wahlkreis auf der Agenda haben?

Es gibt so viele wichtige Projekte wie etwa Nahverkehr und Wohnen. Und was mir ganz besonders am Herzen liegt, ist ein Transparenzgesetz für Brandenburg. Wir wollen einen neuen politischer Stil und mehr Bürgerbeteiligung ermöglichen. Es gibt viel zu tun.

Die Fragen stellte Katharina Wiechers

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