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Gründerstadt Potsdam: Potsdam fehlen Büros für Gründer

Beim Immobilien-Dialog kamen die Defizite auf den Tisch. Baudezernent Bernd Rubelt ermahnte, dass die Stadt muss ihre Hausaufgaben machen muss.

Von Valerie Barsig

Potsdam - Potsdam ist eine Gründerstadt mit einem Problem: Die Gründer gehen weg, weil es zu wenig Büroflächen gibt. Wie die Wissenschaft in der Stadt den Immobilienmarkt zu einem Höhenflug treiben soll war am gestrigen Donnerstag Thema beim Immobilien-Dialog, der von der Heuer Dialog GmbH in der ILB Investitionsbank des Landes Brandenburg veranstaltet wurde. Aktuell müsse man potenziellen Mietern auf dem Campus Golm Versprechungen für Räume in zwei bis drei Jahren machen, berichtete Agnes von Matuschka, Geschäftsführerin des Standortmanagements Golm. Zwar entsteht mit der neuen RAW-Halle auch für Start-ups moderner Büroraum, das reicht aber laut Anja Farke von Engel und Völkers noch nicht aus.

Bei der Veranstaltung dabei waren neben weiteren Vertretern der Wirtschaft und der Stadt auch Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) und Potsdams Baubeigeordneter Bernd Rubelt (parteilos), der sich auf dem Podium von Matuschka und Farke stellte. Er gab zu: Gerade was den Erwerb von neuen Flächen anginge, müsse die Stadt nacharbeiten. Derzeit seien im Doppelhaushalt zwei Millionen Euro für aktives Flächenmanagement veranlagt, das solle aber im nächsten Haushalt verstärkt werden. „Damit findet ein Politikwechsel statt“, so Rubelt. „Es ist gut, dass Potsdam das Problem erkannt hat“, lobte Farke. „Aber es geht immer noch besser.“ Potsdams Standortvorteile müssten mehr herausgearbeitet werden. Denn: „Potsdam als Gewerbestandort ist noch nicht in aller Munde“, mahnte Farke.

„60 Prozent der Arbeitnehmer pendeln aus Berlin nach Golm"

Dabei seien die Zukunftsaussichten gut, weil gerade der Wissenschaftsstandort viele Leute in die Stadt ziehe. Und die Büroflächen sind im Gegensatz zu Berliner Preisen günstig, betonte Farke. Denn noch kosten die Flächen rund 15 bis 16 Euro pro Quadratmeter in der Innenstadt. In Berlin sind es 31,50 Euro. In Golm sind es derzeit durch Förderungen 12 bis 14 Euro pro Quadratmeter, danach werden es rund 20 Euro sein, also immer noch weniger, als in Berlin.

Ein weiterer Kritikpunkt aus Sicht von von Matuschka ist auch die Anbindung Golms: Die letzte Regionalbahn Richtung Berlin fahre um 17 Uhr – das sei aber noch vor dem Feierabend von vielen Wissenschaftlern. Dem pflichtete Farke bei: „60 Prozent der Arbeitnehmer pendeln aus Berlin nach Golm. Viele Unternehmen fragen sich daher, ob sie ihren Mitarbeitern die Strecke zumuten können.“ Laut Baubeigeordnetem Rubelt müsse Golm als Quartier deshalb dringend weiterentwickelt werden. „Die Infrastruktur ist auf einem Niveau wie gerade nach dem Mauerfall“, sagte er. Noch immer sei die Stammbahn in der Diskussion. „Golm als Marke zu entwickeln wird eine der Herausforderungen der Zukunft sein.“

Als weitere Herausforderung für die nächsten Jahren benannte Oberbürgermeister Jann Jakobs neben Potsdams Wachstum auch die Schaffung von preisgünstigem Wohnraum. „Potsdam muss für Normalverdiener bezahlbar bleiben“, sagte er. Weiterhin sei es wesentlich, Verkehrskonzepte zu schaffen und finanziell umzusetzen, die dem ÖPNV Vorrang geben. Bei der Infrastrukturentwicklung in den letzten zehn Jahren sei Potsdam nicht nachgekommen. Dementsprechend fasste Baubeigeordneter Rubelt zusammen: „Potsdams Dynamik ist schön, aber wir haben Hausaufgaben zu machen.“ 

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Potsdam gilt beim Wohnungsbau als Positivbeispiel in Brandenburg: „Die Entwicklung des Wohnungsbaus verläuft im Land mit Ausnahme der Landeshauptstadt nicht bedarfskonform“, sagt Robert Momberg, Hauptgeschäftsführer des Bauindustrieverbandes Berlin-Brandenburg. In Potsdam sei allerdings bei den Fertigstellungen mit einem hohen Anteil von Zweit- oder Ferienwohnungen zu rechnen, befürchtet der Verband. Das müsse man im Auge behalten, sagte auch Potsdams Baubeigeordneter Bernd Rubelt am Rande des Immobilien-Dialogs. Das sei ein bundesweites Problem, in Potsdam aber nicht das drängendste, betonte er. Entsprechende Zahlen ermittle die Landeshauptstadt derzeit. 1581 neue Wohnungen sind in Potsdam 2017 fertiggestellt worden – 2 Prozent weniger als im Vorjahr. 

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Lesen Sie weiter: PNN-Redakteurin Valerie Barsig über Höhenflüge, die keine sind

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