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Erwartungen übertroffen. Der Erfolg ihres Brautmodengeschäfts hat Mandy Pischke-Dubbert überrascht. Zwei Mitarbeiter musste sie bereits einstellen.

© Andreas Klaer

Gründerinnen in Potsdam: Die eigene Chefin

Exklusive Brautmoden, Torten oder Fruchtboquets: Immer mehr Frauen in Potsdam gründen ihre eigenen Firmen. Dabei sind sie laut Experten oft besser vorbereitet als Männer.

Von Matthias Matern

Potsdam - Der Erfolg hat Mandy Pischke-Dubbert selbst überrascht. „Eigentlich wollte ich nur eine freie Schneiderin beschäftigen. Aber bei dieser Nachfrage wäre das so gar nicht zu schaffen gewesen“, sagt die Potsdamer Unternehmerin. Im Oktober 2015 hat die heute 43-Jährige ihr Geschäft für exklusive Brautmoden in der Berliner Straße eröffnet. „Seeweis“ steht in schnörkellosen Lettern über dem kleinen Laden an der Berliner Straße/Ecke Mangerstraße. So unscheinbar Pischke-Dubberts Geschäft auf den ersten Blick ist, so weit hat es sich herumgesprochen. Aus ganz Deutschland kommen angehende Bräute, um sich bei ihr das Kleid auszusuchen. Eine Resonanz, von der nicht nur die Gründerin profitiert. Zwei Arbeitsplätze hat sie schaffen können. Mittlerweile beschäftigt Pischke-Dubbert neben einer festangestellten Schneiderin auch eine Mitarbeiterin im Verkauf.

Die auf Rügen geborene Wahlpotsdamerin ist nur eine von vielen Unternehmerinnen, die in den vergangenen Jahren in Potsdam den Sprung in die Selbstständigkeit gewagt haben. So hatte etwa im Herbst 2015 „Krümelfee“ Nicole Ehlers ihr Café in der Charlottenstraße eröffnet, wo sie selbst gebackene Torten und Kuchen anbietet. Erst im vergangenen Jahr gründete Nadine Mraß ihr Start-up „Fruity Flowers“, ein Online-Shop für Fruchtbouquets als Geschenkidee für geschäftliche und private Anlässe. Auch die „Filmmanufaktur Potsdam“ von Franziska Andreas, ein Mediendienstleistungsunternehmen, das Videoinhalte für die Internetpräsenzen von Firmen produziert, ging 2015 an den Start. Die Liste ließe sich problemlos noch verlängern. So soll demnächst in der Dortustraße ein neues veganes Café eröffnet werden – ebenfalls von einer Frau.

Mehr Frauen wagen den Schritt in die Selbstständigkeit

Dass sich auch landesweit mehr Frauen für die Gründung einer Firma entscheiden, lässt sich mit Zahlen belegen. So waren von den insgesamt 97 Existenzgründern, die die Bürgschaftsbank Brandenburg im vergangenen Jahr betreut hat, 30 Prozent Frauen. „Früher waren es im Schnitt immer zwischen 20 und 25 Prozent“, sagt Bürgschaftsbank-Geschäftsführer Milos Stefanovic. Auch bei der Industrie- und Handelskammer Potsdam ist der Anteil von Frauen bei Einstiegsgesprächen mit Gründern nach eigenen Angaben im vergangenen Jahr um fünf Prozent auf insgesamt 48 Prozent gestiegen. Ebenso hätten mehr Frauen ein Gewerbe angemeldet als noch im Jahr zuvor, teilte die Kammer auf PNN-Anfrage mit.

Ein Trend, den man bei der Wirtschaftsförderung Brandenburg ebenfalls bestätigen kann. „Diese Entwicklung ist in der Tat zu verzeichnen. Immer mehr Frauen nehmen ihr Schicksal selbst in die Hand“, bestätigt deren Sprecher Alexander Gallrein. Mit der Ausstellung „Mit Mut in die Selbstständigkeit“ will das Land im Foyer des Arbeitsministeriums ab dem heutigen Donnerstag für mehr Firmengründungen werben. Gezeigt werden insgesamt 32 beispielhafte Start-ups, 15 davon wurden von Frauen gegründet.

Verkaufszahlen doppelt so hoch wie erwartet

Eine Erfolgsgeschichte ist auch die von Pischke-Dubbert. Über Verkaufszahlen will sie zwar eigentlich nicht sprechen, macht es aber dann doch. „Wir hatten bislang rund 350 Anproben, etwa die Hälfte davon haben wir verkauft.“ Ein Ergebnis, das doppelt so hoch sei wie die Prognose, die sie in ihren Businessplan geschrieben habe, so die Unternehmerin. Mittlerweile kämen die Kunden vor allem aus dem Berliner Raum, aber auch aus Bayern oder aus Niedersachsen. „Aus der direkten Umgebung sind es eher weniger.“

Pischke-Dubberts Geschäft ist eine der Gründungen, die 2016 von der Bürgschaftsbank betreut wurden. Den Sprung in die Selbstständigkeit hat Pischke-Dubbert gut vorbereitet, sämtliche notwendigen Investitionen genauestens berechnet, sich Rat bei mehreren Gründertreffs eingeholt, Marktchancen und Anbieter von exklusiven Brautkleidern recherchiert. Nebenbei hat sie bis acht Wochen vor der Eröffnung ihres Ladens noch Vollzeit im Oberlinhaus gearbeitet.

Frauen nehmen Ratschläge häufiger an, sind aber oft vorsichtiger

Bürgschaftsbank-Chef Stefanovic zufolge ist Pischke-Dubbert typisch für den weiblichen Gründertyp. „Frauen haben ihre Ideen häufig tiefer durchdacht als Männer. Sie nehmen auch Ratschläge besser an.“ Zudem seien sie oft vorsichtiger, aber nicht mutlos. Möglicherweise sind sie sogar erfolgreicher. Einer Untersuchung der Hamburger Wirtschaftsauskunftei Bürgel aus dem Jahr 2015 zufolge führen Männer Firmen doppelt so oft in eine Insolvenz wie Frauen. Auch gemischt geführte Unternehmen seien weniger von einer Zahlungsunfähigkeit betroffen.

Ob ein Unternehmen, das gleich von mehreren Frauen geführt wird, entsprechend noch erfolgreicher ist, kann ein weiteres Beispiel aus Potsdam zeigen. Zusammen mit ihrer Schwester Maren und ihrer Freundin Marili Merle gründete Ellen Wölk 2015 die Firma Permetex. Das Unternehmen entwirft und vertreibt Textilien, die durch eine neuartige Technologie mit einem Insektenschutzmittel behandelt sind und vor Läusen, Mücken, Wanzen, Motten oder Zecken schützen sollen. „Entwickelt wurde die Technologie eigentlich für das Militär“, sagt Ellen Wölk. Der verwendete Wirkstoff ist den Gründerinnen zufolge die synthetische Reproduktion eines natürlichen Insekten-Abwehrmittels, hergestellt auf der Basis des Insekten-Abwehrschutzes der Chrysanthemenblüte. „Der Wirkstoff wird untrennbar mit dem Gewebe verbunden und kann nicht austreten. Außerdem ist die Dosis deutlich geringer als bei bislang gängigen Verfahren“, erläutert die Gründerin auf die Frage nach der Verträglichkeit.

Bislang hat Permetex sechs Produkte im Online-Shop im Angebot, darunter ein Bettlaken, ein Kleidersack und ein Schlafsack. Der Verkauf laufe gut, sagt Wölk. Demnächst soll auf Kundenwunsch eine Hundedecke folgen. Einen ersten großen Erfolg konnten die drei Gründerinnen bereits verbuchen. 2016 statteten sie alle Berliner und Brandenburger Olympiateilnehmer für Rio mit einem Laken aus. Eine bessere Werbung konnten sich die Potsdamerinnen kaum wünschen. „Danach haben wir auf einen Schlag 50 Schlafsäcke und Laken verkauft“, sagt Ellen Wölk.

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Während Frauen in den Vorstandsetagen großer deutscher Konzerne nach wie vor äußerst selten sind, trifft man sie immer öfter als Chefin in eigener Sache – auch in Potsdam. Eine gute Entwicklung, meint PNN-Autor Matthias Matern.

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