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Blick aus dem Park Babelsberg auf das Glienicker Horn. Umstritten ist die mögliche Bebauung der Landzunge mit Neubauten bis ans Wasser heran.

© Andreas Klaer

Landeshauptstadt: Glienicker Horn darf nicht mehr bebaut werden

Gericht weist Bauherren-Klage ab und warnt vor „unwiderruflicher Zerstörung“ der Welterbe-Sichtachsen

Berliner Vorstadt - Das Glienicker Horn darf nicht weiter bebaut werden. Das hat das Potsdamer Verwaltungsgericht entschieden. Ein Wohnhaus-Neubau auf der Landzunge in exponierter Lage direkt an der Glienicker Brücke, vis á vis dem Babelsberger Schloss, würde „eine vollständige und unwiderrufliche Zerstörung der schützenswerten Sichtbeziehungen vom Babelsberger Park“ auf die „geschlossen wirkende“ Spitze des Glienicker Horns bedeuten, heißt es in der Urteilsbegründung von Anfang Dezember 2010 – wie jetzt bekannt wurde.

Mit dem Bauverbot hat das Verwaltungsgericht die Klage eines privaten Eigentümers zurückgewiesen. Dem Privatmann gehört eines der vier noch unbebauten Grundstücke an der Horn-Spitze; die drei weiteren gehören einer Tochter der Commerzbank. Der Privatmann wollte dort sein Altersruhesitz errichten. Als sein Bauantrag im Jahr 2007 bei der Potsdamer Bauverwaltung einging, löste dies Alarm aus: Das Glienicker Horn war bekanntlich Mitte der 1990er Jahre mit Villen bebaut worden, die weithin als Bausünde gelten. Die Neubauten nahe des Welterbes hatten damals die Unesco alarmiert. Sie hatte Potsdam mit der Roten Liste für gefährdetes Welterbe gedroht. Als Kompromiss war auf die Bebauung der vier direkt am Tiefen See gelegenen Grundstücke verzichtet worden. Die Stadt hatte es jedoch versäumt – wie 2005 klar wurde – das Baurecht in Einvernehmen mit den damaligen Grundstückseigentümern zu streichen.

Die Stadtverwaltung verhängte als Reaktion per Beschluss der Stadtverordneten zunächst eine Veränderungssperre, dann wurde der Bebauungsplan verändert: Die Baugrundstücke wurden zu privater Grünfläche erklärt. Dieses Vorgehen war jedoch rechtswidrig. Das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg (OVG) kassierte die Bebauungsplan-Änderung im Mai 2010. Begründung: Das Planungsziel der Stadt, der Schutz des Welterbes, sei ausdrücklich zu billigen. Doch mit dem Entzug des Baurechts habe die Stadt die Grundstücke entwertet und den „Schutz des Privateigentums“ nicht ordnungsgemäß berücksichtigt. Potsdam könne aber nicht seine „frühere Fehlplanung einseitig und ohne angemessenen Ausgleich“ zu Lasten der Grundstückseigentümer korrigieren.

Damit schien bisher klar, dass am Glienicker Horn wieder Baurecht herrscht. Dementsprechend hatte der Privateigentümer einen Bauantrag gestellt, um sein eingeschossiges Einfamilienhaus auf 1884 Quadratmeter Grundstück zu errichten. Die Stadt hatte den Bauantrag ablehnt und ist damit nun vom Gericht bestätigt worden. Beachtlich dabei: Das Urteil stellt zwar klar, dass der Neubau über das engere Bau- und Stadtplanungsrecht nicht verboten werden könnte. Das Vorhaben sei, so das Urteil, „in bauplanungsrechtlicher Hinsicht“ zunächst genehmigungsfähig. Aber das eigenständige Denkmalrecht lasse die Bebauung des Glienicker Horns nicht zu. Bereits 2005 hätten die Untere Denkmalschutzbehörde und das Landesdenkmalamt ihre Zustimmung „zu Recht“ versagt. Nach Denkmalschutzgesetz seien auch die Sichtachsen „unmittelbarer Bestandteil“ des Welterbes, zudem gelte Umgebungsschutz. Dieser würde durch das Einfamilienhaus „erheblich beeinträchtigt“.

Vor dem Hintergrund des Urteils, gegen das Berufung eingelegt werden kann, sorgen jüngste Äußerungen von Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) nun für Irritationen. Im Hauptausschuss am Mittwochabend hatte Jakobs berichtet, es sei zwischen Stadt, Landesdenkmalamt und Eigentümern „ein Kompromiss“ zur weiteren Bebauung des Glienicker Horns gefunden worden. Von dem gerichtlichen Bauverbot sprach Jakobs nicht – obwohl das Urteil der Verwaltung bereits seit Anfang Dezember vorliegt.

Welche Position der Baubeigeordnete Matthias Klipp (Bündnisgrüne) im Fall Glienicker Horn vertritt, tat er schriftlich kund, nachdem das OVG den geänderten Bebauungsplan kassiert hatte. „Was dort (am Glienicker Horn, d.Red.) gerettet werden soll, wenn die letzten 4 Grundstücke frei bleiben, ist mir nicht klar“, schrieb Klipp im Mai 2010 an Kreisverband und Stadtfraktion der Bündnisgrünen. „Auf keinen Fall“, so Klipp weiter, „droht hier ’die Zerstörung der einmaligen Kulturlandschaft’ () oder die ’erneute Gefährdung des Potsdamer Weltkulturerbestatus’“. Wenn, dann sei das „bereits Anfang der 90er passiert (und hat letztlich auch nicht zum Verlust des Welterbestatus geführt)“, so der Beigeordnete. Er plädiere dafür, „die Kirche im Dorf zu lassen“. S. Schicketanz

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