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Glienicker Brücke: Zwei Farben Grün

Die Zweifarbigkeit der Brücke zeugt noch immer vom Kräftespiel zwischen Ost und West vor fast 30 Jahren.

Der ein oder andere Stadtführer der Potsdamer Schlösserrundfahrten kommentiert den Anstrich der Glienicker Brücke mit alten Klischees: Im Westen wurde halt immer etwas dicker aufgetragen, während der Osten verblasst. Im Fall der Brücke über die Glienicker Lake mag das bei etwas genauerem Hinsehen durchaus stimmen: Das stählerne Geländer präsentiert sich in zwei verschiedenen Farbtönen. Das Grün auf der Berliner Seite ist etwas dunkler als jenes auf der Potsdamer.

Dass es keine optische Täuschung ist, bestätigen sowohl die Potsdamer Denkmalbehörde als auch der Berliner Senat für Stadtentwicklung. „Die Farbunterschiede entstehen durch die unterschiedlichen Alterungsprozesse der Anstriche“, heißt es aus dem Potsdamer Rathaus. Denn während das Brückengeländer auf einstiger West-Berliner Seite bereits Anfang der 1980er-Jahre neu gestrichen wurde, folgten auf ehemaliger DDR-Seite die Arbeiten erst fünf Jahre später. Den Akten des Berliner Stadtentwicklungssenats zufolge stammte die Farbe zwar aus ein und derselben Lackfabrik im Westen, doch wurden zwei verschiedene Farbtöne verwendet: DB 603 im Westen und der etwas hellere DB 601 im Osten. Unbestätigt sind Überlieferungen, dass die DDR-Verantwortlichen meinten, dass man die West-Farbe nicht so dick auftragen müsse, sie verdünnen und mit dem Rest weitere Brücken anpinseln ließ.

Gut dokumentiert ist indes das diplomatische Vorgeplänkel um die Instandsetzung der Glienicker Brücke, was offenbar überhaupt erst zu der Zweifarbigkeit führte. Als „Episode aus dem Kräftespiel zwischen Ost und West“ ist das Kapitel der Rekonstruktion im Bundesarchiv zu finden. Demnach hatte der West-Berliner Senat ab Herbst 1980 die Generalüberholung des zum Westen der Stadt gehörenden Brückenteils veranlasst. Zu den geplanten Arbeiten gehörten Konstruktionsausbesserungen, neue Fahrbahnen und Gehwege sowie ein neuer Brückenanstrich.

Im DDR-Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten wurde aus „außenpolitischer Sicht“ jedoch keine Veranlassung für eine Instandsetzung gesehen. Anders sah das der damalige Rat des Bezirkes Potsdam: Werde die Brücke nicht instand gesetzt, würden in spätestens zehn Jahren erste Kon struktionsteile derart verschlissen sein, dass eine Totalsperrung sowie ein späterer Abriss drohen, hieß es in einer Vorlage 1980 an das Politbüro der SED. Darin wurde vorgeschlagen, die Brücke für jeglichen Fahrzeug- und Fußgängerverkehr zu sperren. „Zur Minderung der Einsturzgefahr des Bauwerkes sollen Fahr- und Gehwegbeläge demontiert werden“, schlug der Rat vor. Die destruktive Haltung der DDR-Behörden lag auf der Hand und ist ebenso dokumentiert: Dem West-Berliner Senat wurde deutlich gemacht, dass die Brücke vorwiegend dem Verkehr der Militärbehörden der drei Westmächte dient, „sodass es seitens der DDR keine Veranlassung besteht“, Arbeiten zum Erhalt der Brücke durchzuführen, geschweige denn Kosten zu tragen.

Die Taktik des Ostens ging auf. West-Berlin willigte ein, die Kosten von zwei Millionen D-Mark für die Brückenarbeiten auf DDR-Seite zu übernehmen. Von April bis November 1985 wurden die Bauarbeiten ausgeführt. Das Ergebnis ist jedoch nicht nur eine Brückenfarbe in unterschiedlichem Grünton. Die DDR nutzte zugleich die Gelegenheit, um ab Dezember 1985 die Glienicker Brücke als Grenzübergangsstelle für den Wechselverkehr von in der DDR akkreditierten Diplomaten zu installieren.

Ihren nächsten Anstrich könnte die Brücke in etwa zwölf Jahren bekommen. „Der Korrossionsschutz bei Brücken wird alle 40 Jahre erneuert, insofern es keinen dringenden Bedarf gibt“, sagt Daniela Augenstein von der Berliner Senatsverwaltung. Fraglich ist, ob dann die Glienicker Brücke in einem einheitlichen Grün erscheinen wird. Für die Wahl der Farbtöne ist der Denkmalschutz zuständig. „Wenn die Denkmalschutzbehörde es als historisch begründet sieht, dass die Brücke zwei Farbtöne hat, könnte es auch in Zukunft dabei bleiben“, sagt Augenstein.

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