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In Potsdams Gesundheitsamt hat man alle Hände voll zu tun.

© Ottmar Winter PNN

Gesundheitsamt und Klinikum in Potsdam in der Coronakrise: Der manuelle Prozess

Verspätete Quarantänebescheide, nicht unterstützte Warn-Apps oder Faxe an das Gesundheitsamt - beim Umgang mit der Pandemie tauchen in Potsdam viele Beschwerden auf. Nicht immer gibt es eine Lösung.

Potsdam - Die Corona-Pandemie ist für viele Menschen eine Belastung - besonders, wenn sie direkt betroffen sind, also positiv getestet werden oder in Quarantäne müssen. Dabei gibt es immer wieder Probleme in Zusammenhang mit den Behörden, wie Leser den PNN fortgesetzt berichten. Auf einige Fragen gibt es nun Antworten.

Warum kommen Quarantänebescheide oft verspätet an? Muss man sich auch ohne offizielles Schreiben isolieren?

Wer engen Kontakt zu einem Corona-Infizierten hatte, könnte sich angesteckt haben. "Kontaktpersonen der Kategorie 1 müssen sich unverzüglich für 14 Tage häuslich absondern", lauten die Vorgaben des Robert-Koch-Instituts, die auch das Potsdamer Gesundheitsamt anwendet. Umgangssprachlich wird das als Quarantäne zeichnet. Gerechnet wird dabei ab dem letzten Tag des Kontaktes zum Infizierten. Diese Kontaktnachverfolgung gilt als ein zentrales Mittel, um weitere Infektionen zu vermeiden und die Pandemie zu stoppen. Immer wieder berichten jedoch Leser den PNN, dass die schriftliche Aufforderung zur Quarantäne durch das Potsdamer Gesundheitsamt erst in ihren Briefkästen ankam, als die dafür vorgesehene Zeit schon fast oder gar komplett abgelaufen war. Offenbar gibt es gleich mehrere Probleme. "Häufig kommt es vor, dass Befunde der Labore erst einige Tage nach dem Abstrich im Gesundheitsamt eingehen", erklärt das Rathaus. "Eine Ermittlung kann erst erfolgen, wenn die Arztmeldung vorliegt." Entsprechend später kann dann erst das Amt den Kontakt nachspüren und sie anschreiben. Inzwischen haben viele aber schon auf anderem Weg erfahren, dass sie in Quarantäne müssten. 

Gesundheistamtschefin Kristina Böhm bei einer Pressekonferenz mit Oberbürgermeister Mike Schubert (Archivbild).
Gesundheistamtschefin Kristina Böhm bei einer Pressekonferenz mit Oberbürgermeister Mike Schubert (Archivbild).

© Andreas Klaer

In jedem Fall werde aber ein schriftlicher Bescheid zur Quarantäne ausgestellt und zuvor der Einzelfall eingehend geprüft. Der Brief geht also raus, auch wenn es eigentlich schon zu spät ist. Verbindlich ist die Anordnung allerdings auch mündlich. Zudem verzögern oft Kleinigkeiten die Arbeit: "Häufig fehlen auch auf den Befunden bzw. auf der Arztmeldung die Telefonnummern der betroffenen Personen." Dann bleibe dem Gesundheitsamt nichts anderes übrig, als jemanden zur Adresse zu schicken, um so Kontakt zur Person aufzunehmen. "Folglich handelt es sich dann um einen sehr zeitintensiven Ermittlungsvorgang und verzögert die zügige Ausstellung eines Quarantänebescheides."

Was sagt die Statistik des Rathauses zu den Potsdamern in Quarantäne aus?

Im ihrem täglichen Update wird von der Stadtverwaltung auch die Zahl der Kontaktpersonen in Quarantäne angegeben. Am Mittwoch waren es 585. Doch was besagt diese Zahl, wenn viele Kontaktpersonen offiziell noch gar keine schriftliche Aufforderung zur Quarantäne erhalten haben?  Nach Angaben des Rathauses handelt es sich bei der Zahl um die ermittelten Kontaktpersonen welche die Datenbank des Gesundheitsamts ausweist. "Ermittelt heißt, dass sie bereits über die Quarantäne informiert sind, auch wenn der Quarantänebescheid dem betroffenen Bürger möglicherweise noch nicht zugestellt wurde."

Warum werden positive Corona-Tests vom kommunalen Klinikum "Ernst von Bergmann" nicht direkt in die Corona-Warn-App eingespielt?

Mit der Corona-Warn-App sollen möglichst viele Menschen erfahren, wenn sie Kontakt zu einem später positiv auf Covid-19 getesteten Menschen hatten. Damit das funktioniert, müssen die positiven Testergebnisse aber auch an die App gemeldet werden. Auch in Potsdam gibt es aber offenbar nach wie vor Arztpraxen die daran nicht teilnehmen - auch das kommunale Klinikum "Ernst von Bergmann" nimmt nicht teil. Das bestätigte ein PNN-Leser: Er war vom Gesundheitsamt zur dortigen Teststelle geschickt worden, nachdem seine Frau einen positiven Test hatte. Dort habe man ihm gesagt, das Klinikum benutze eine andere, bessere App, die er vor Ort schnell installieren sollte, während schon der nächste Proband wartete. Auch fünf Tage späte habe er noch kein Ergebnis gehabt. 

Beim Klinikum heißt es nun, man prüfe, wie sich die Weitergabe der Ergebnisse automatisieren lasse. Möglicherweise tut sich also etwas. Die Positivbefunde aus dem Abstrichzentrum können aber bereits an die Corona-Warn-App weitergeleitet werden  – jedoch nicht über einen automatisierten Prozess. "Positiv getestete Personen müssen den manuellen Prozess der Corona-Warn-App durchlaufen", teilte das Klinikum mit. Durch einen Anruf bei einer Freischalt-Hotline, deren Nummer in der Corona Warn App angezeigt wird und die rund um die Uhr erreichbar ist, werden die positiven Testergebnisse verifiziert. Dann erhalte man eine TAN und gebe diese dann in der App ein. 

Funktioniert die vom Klinikum genutzte App?

Im Prinzip ja. Zunächst mal hat sie nichts mit der Corona-Warn-App zu tun. Das Klinikum nutzte das Programm LabRes schon vor der Pandemie als Serviceangebot für die elektronische Befundübermittlung der klinikeigenen Abstrichstelle. "Diese diente als Serviceleistung vorerst den Mitarbeitenden und später dann auch externen Bürgern, die dann ebenfalls die Abstrichstelle aufsuchen konnten", so das Klinikum. "Die App funktioniert laut Rückmeldungen aus der Belegschaft sehr störungsarm." Einzelfälle, in denen eine Übertragung nicht stattgefunden habe, seien bekannt und man sei an der Fehleranalyse in Rücksprache mit dem Dienstleister. Die Kritiken in den App-Stores von Apple und Google sind durchwachsen

Warum hat das Gesundheitsamt die Kontaktdaten aus der Gastronomie nicht für die Kontaktnachverfolgung genutzt?

Als die Restaurants und Kneipen noch geöffnet waren, mussten die Gastronomen die Kontaktdaten ihrer Gäste sammeln und vorübergehend aufbewahren. Das hatte die Landesverordnung verlangt. Die Idee dahinter: Wenn sich herausstellt, dass ein positiv auf Covid-19 Getesteter zu Gast war, ließe sich herausfinden, wer sich möglicherweise angesteckt hat. Gäste, die zu selben Zeit dort waren, hätte das Gesundheitsamt ausfindig machen und testen lassen können. Monatelang wurden also Zettel mit tatsächlichen oder ausgedachten Kontaktdaten gesammelt. Doch wie sich herausgestellt hat, wurden sie in Potsdam kein einziges Mal genutzt.

Das hatte im Dezember eine Antwort  auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Die Andere ergeben. "In der Regel gaben die positiv getesteten Bürgerinnen und Bürger auf Nachfrage die Personen an, mit denen sich getroffen wurde", teilte das Rathaus nun auf PNN-Anfrage mit. "Die Kontakte konnten so bereits namentlich mit den entsprechenden Kontaktdaten angegeben werden. Es wurde in keinem Fall dazu gesagt, dass dieser Kontakt in der betroffenen gastronomischen Einrichtung erfolgt ist." Die positiv getesteten Potsdamer waren also in der fraglichen Zeit zwischen ihrer Infektion und dem positiven Testergebnis tatsächlich weder in einer Kneipe noch in einem Restaurant - oder sie hatten es vergessen. Vorerst ist das Problem auch nicht aktuell, denn seit Anfang November ist die Gastronomie geschlossen.

Müssen positiv getestete Potsdamer die Namen ihrer Kontaktpersonen wirklich noch per Fax an das Gesundheitsamt übermitteln?

Ein Leser hatte den PNN berichte, das Gesundheitsamt habe zwar ein Formular zur Kontaktnachverfolgung per E-Mail gesendet. Zurück sollte es aber per Fax  geschickt werden. Die Nummer wurde am Telefon durchgesagt. Anders als die E-Mail-Adresse stand sie nämlich nicht auf dem Formular. Das sei nicht nur umständlich sondern auch fehleranfällig, so seine Kritik. Außerdem besäßen viele Menschen gar keine Faxgeräte mehr. Das Rathaus erklärt auf Nachfrage dazu, dass es sich in diesem Fall um eine individuelle Absprache gehandelt habe. Im Regelfall sollten Betroffene auf die E-Mail auch per E-Mail antworten. "Standardmäßig sollte die Mailadresse infektionsschutz@rathaus.potsdam.de verwendet werden." Alternativ könne das Formular auch an die Fax-Adresse des Gesundheitsamtes gesandt werden. Die Fax-Adresse ist auf potsdam.de veröffentlicht.

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