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Gericht lehnt Antrag der Verteidung ab: Educon-Prozess ab September 2019 in Potsdam

Es geht um eine beispiellose Affäre in der brandenburgischen Schullandschaft, in deren Folgen Hunderte ehemalige Schüler und Lehrer plötzlich vor verschlossenen Türen standen. Im Herbst soll der Prozess starten.

Potsdam - Seit Jahren hoffen hunderte geprellte Schüler und Dozenten des im Soge einer Betrugsaffäre untergegangenen Potsdamer Bildungsdienstleisters Educon auf juristische Wiedergutmachung. Und nachdem die Vorwürfe gegen die Spitze des damals bundesweit tätigen Ausbildungsunternehmens nun schon seit neun Jahren ein Fall für die märkische Justiz sind, ist nun ein Prozess absehbar. Ein Sprecher des zuständigen Potsdamer Landgerichts erklärte auf PNN-Anfrage, die zuständige Kammer vor Gericht habe nun Termine zwischen September und November geplant. Derzeit arbeite man sich in das Verfahren ein, hieß es.

Rückblick: Ende April 2010 hatte die Potsdamer Staatsanwaltschaft die Schulen von Educon mit Hauptsitz in der Berliner Straße durchsuchen lassen. Aus Sicht der Ermittler hatte es einen Millionenbetrug zu Lasten des Landes Brandenburg gegeben, weil das Unternehmen mittels falscher Angaben Millionenzuschüsse für fiktive Schüler erschlichen habe. Die Folge: Das Landesbildungsministerium entzog nach der Razzia drei Berufsfachschulen in Potsdam und Cottbus die Genehmigung, stoppte die Zahlungen von rund 4500 Euro pro Schüler und Jahr – denn von 871 gemeldeten Schülern konnte Educon laut Ministerium damals nur 313 nachweisen. Daraufhin stellte Educon auch bundesweit seine Aktivitäten ein, über Nacht standen hunderte Schüler im gesamten Bundesgebiet vor verschlossenen Türen, überregionale Schlagzeilen waren die Folge.

Schon bei der besagten Razzia beschlagnahmten die Ermittler hunderte Schülerakten, die zwei Staatsanwälte über Jahre sichten mussten, um das Verfahren gerichtsfest zu bekommen. 2015 wurde dann Anklage erhoben. Nun liegt das Verfahren seit fast vier Jahren beim Potsdamer Landgericht, das als überlastet gilt. Einer der drei Angeklagten aus der Educon-Spitze ist inzwischen verstorben. So steht nun besonders die frühere Firmeninhaberin Carina H. im Fokus: Beschuldigt wird sie des mehrfachen gemeinschaftlichen Betrugs im besonders schweren Fall. Zudem wird ihr und einer weiteren früheren Prokuristin des Unternehmens mehrfacher versuchter Betrug im schweren Fall vorgeworfen. Die Anwälte von H. bestreiten die Vorwürfe – und hatten zuletzt beantragt, das Verfahren auf einen früheren Stand zurückzuschieben. Das sei abgelehnt worden, sagte der Gerichtssprecher.

Auch das Bildungsministerium verfolgt das Verfahren aufmerksam. Schließlich versuchte das Land Brandenburg, einen Teil der gezahlten Beträge – es geht um neun Millionen Euro – für die mutmaßlich nicht vorhandenen Schüler wieder einzutreiben. Die frühere Firmeninhaberin H., heute ist sie Mitte 50, hatte 2012 eine Privatinsolvenz in Großbritannien über Schulden von mehr als 30 Millionen Euro abgeschlossen – durchgeführt nach dem einfacheren britischen Insolvenzrecht. Die Ex-Chefin gab dabei auch die Millionenschulden beim Land an – damit die Forderungen gegen sie ins Leere laufen. Noch Jahre später meldeten sich bei den PNN Schüler und Ex-Dozenten, die von Educon Schulgeld, Zeugnisse, Löhne oder Schadensersatz verlangten, ihre Forderungen aber nicht vollstrecken konnten. 

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