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Chorleiterin Doris Appel-Weyhrauch (rechts) hält die Sänger auf Trab. Im November vergangenen Jahres hat sie den Chor im Bornstedter Feld gegründet. Einmal wöchentlich treffen sich die Teilnehmer im Stadtteilladen zum gemeinsamen Singen.

© Ottmar Winter

Gemeinsam singen: Chor im Bornstedter Feld sucht größeren Raum

Beim Summen darf es auch mal kitzeln: Fast 30 Sänger hat der noch junge Chor im Bornstedter Feld inzwischen. Da wird es im Stadtteilladen eng.

Von Birte Förster

Arme, Gesicht, Beine – alles wird ausgiebig mit den Händen abgeklopft. Dicht nebeneinander stehen die Chorsänger in dem kleinen Stadtteilladen im Bornstedter Feld und bereiten sich auf das gemeinsame Singen vor. Um stimmlich alles geben zu können, muss auch der ganze Körper bereit sein – und das Klopfen entspannt. Vorne steht Chorleiterin Doris Appel-Weyhrauch und hält die Hobbysänger energisch auf Trab. Auf Appel-Weyhrauchs Startschuss fangen alle an zu summen. „Es darf ruhig ein bisschen kitzeln“, sagt sie. Es folgen verschiedene Stimmübungen. Rauf geht es die Tonleiter und wieder runter.

Der Chor ist noch relativ jung: Im November fand das erste Treffen im Stadtteilladen in der Georg-Hermann-Allee 27 im Bornstedter Feld statt. Seit knapp acht Jahren wohnt die 70-jährige Chorleiterin mit ihrem Mann, der die Truppe auf der Gitarre begleitet, in dem Stadtteil. Sie seien oft umgezogen, erzählt die ehemalige Musiklehrerin. Chöre seien immer ihr Anker gewesen, sagt Appel-Weyhrauch, die selbst im Chor der Seniorenkantorei der Erlöserkirche mitsingt.

Singen in der Schlaftstadt

Im Bornstedter Feld empfand sie irgendwann auch den Drang, aktiv zu werden. „Wir haben diese Explosion miterlebt“, beschreibt Appel-Weyhrauch die Entstehung des Stadtteils – und sie nahm wahr, dass das Viertel zur Schlafstadt geworden sein. Sie habe sich überlegt, was man dagegen tun könne, sagt die Chroleiterin. Wie man den Stadtteil lebendig gestalten könne, „um die Leute zusammenzubringen“. Vergangenes Jahr im Mai wurde der kleine Stadtteilladen gegründet. Dort gebe es mittlerweile viele gute Angebote, findet Appel-Weyhrauch. „Der hat sich toll entwickelt.“ Nur ein Chor habe anfangs noch gefehlt. Deshalb startete sie einen Aufruf – mit Erfolg. Zum ersten Treffen seien 20 Teilnehmer gekommen, erzählt sie begeistert. „Das hat mich völlig überrascht.“ Inzwischen seien sie fast 30.

Unter den Sängern ist bereits eine freundschaftliche Atmosphäre entstanden. Bevor es losgeht sowie in der Pause sind aus jeder Ecke des Raumes Gespräche zu hören. Diese verstummen sofort, wenn Appel-Weyhrauch ein entsprechendes Zeichen gibt. Nach den ersten Aufwärmübungen hebt die kleine, zierliche Frau die Arme zum Dirigieren an. Dann stimmen alle „Bella Mamma“ an. Jeweils eine kleine Sängergruppe hat ihren Einsatz. Dann fordert sie eine andere auf. „Ihr habt noch Sendepause“, sagt sie zunächst mit Blick auf die linke Seite.

Frauenüberschuss im Chor

Besonders die drei Männer in der hinteren Reihe stechen gesanglich hervor, denn mit dem deutlichen Frauenüberschuss dominieren sonst vor allem die höheren Stimmlagen. Das Ganze mündet schließlich in einer Art Kanon. Appel-Weyhrauch begleitet die Truppe auf dem Keyboard, außerdem spielen zwei Gitarristen. „Jo, das war eine schöne Mama“, sagt sie danach zufrieden.

Auch Julia Sedat singt begeistert mit. Sie habe schon lange einen Chor gesucht, erzählt die 39-Jährige, die auch im Bornstedter Feld wohnt. Zuletzt habe sie vor langer Zeit im Schulchor gesungen. „Das Schönste war, auch nach 20 Jahren noch Sopran singen zu können“, sagt sie. Dennoch habe sie sich stimmlich erst wieder einfinden müssen. Am Chor schätzt sie die persönliche Atmosphäre und dass jeder selbst Ideen einbringen könne. Alle duzten sich, sagt Sedat. „Aber das Singen ist auch sehr ehrgeizig.“ Auch Regina Kobs gefällt ihr neues Hobby. „Das ganze lustige Singen und die Leute“, bringt sie es für sich auf den Punkt. Für die 79-Jährige sei es das erste Mal, dass sie in einem Chor mitsinge. Das dritte Mal ist sie nun dabei. Vor siebeneinhalb Jahren sei sie von Babelsberg ins Bornstedter Feld gezogen, erzählt Kobs, während die anderen Chorsänger im Hintergrund „The lion sleeps tonight“ anstimmen.

Um sich stimmlich voll entfalten zu können, ist der derzeitige Chortreffpunkt nicht ideal. Der Raum sei zu klein, sagt Appel-Weyhrauch. „Wir platzen aus allen Nähten.“ Für die Akustik sei dieser ungeeignet, außerdem sei die Luft oft schlecht. Im Sommer müssten sie ausweichen, betont sie. Wohin stehe aber noch nicht fest.

Die Chorleiterin hat einiges mit ihren Sängern vor. Sowohl Gospel, Volkslieder, Pop oder Schlager wolle sie mit dem Chor singen. „Angepasst an die Gruppe, die da ist“, sagt sie. Und die entwickelt unter ihrer Anleitung zum Teil selbst ihre Lieder – so wie das selbst komponierte Bornstedt-Lied. „Das ist ein Gemeinschaftswerk“, erklärt die 70-Jährige. Jeder habe Textteile hinzugefügt, am Ende hätten sie alles zusammengebastelt. Vom Volkspark, der Biosphäre oder dem Boumanplatz singen sie auch an diesem Abend. „Bornstedt bietet viel“, heißt es in einer Strophe. Und nun auch noch einen Chor.

Der Chor trifft sich dienstags von 18 bis 19.30 Uhr. Er ist offen für alle, Vorkenntnisse sind nicht nötig. Interessierte können im Stadtteilladen in der Georg-Hermann-Allee 27 vorbeikommen.

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