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Landeshauptstadt: Gekentert

Der Freizeithafen Havelmeer hat geschlossen – und hinter den Kulissen streiten die einstigen Betreiber

Brandenburger Vorstadt - Es erinnert ein bisschen an einen Western. Es herrscht Stille auf dem verwaisten Hof vor dem Floßverleih Havelmeer, umherwehendes Laub sorgt für eine sanfte Geräuschkulisse, an dem dreistöckigen Haus, das hin zur Straße Auf dem Kiewitt steht, sind noch die Abdrücke der Buchstaben zu sehen: „Havelmeer“ stand dort noch bis vor einigen Tagen. Ein Zettel an einer Tür verkündet: „Hier entsteht Neues. Lassen Sie sich überraschen.“ Auf einem anderen steht: „Der Geschäftsbetrieb ist vorübergehend geschlossen.“

Noch im Sommer herrschte an dem Freizeithafen Hochbetrieb. Kunden liehen sich kleine Flöße für Rundfahrten auf der Havel aus, Hochzeitsgesellschaften oder Firmenbelegschaften checkten auf dem Veranstaltungsfloß ein. „Der Floßbetrieb lief gut“, sagt Yves Takke, einer der Mitbegründer von Havelmeer. Er steht auf dem Gelände und schüttelt den Kopf. Er hat sich mit seinem Geschäftspartner und einem Investor zerstritten, die Beteiligten überhäufen sich mit Vorwürfen.

Im Mai 2010 gründeten Takke und sein Freund Mathias Schubert das Havelmeer. Sie verliehen Flöße, Motorboote und Kanus. Nebenbei betrieben sie ein Restaurant mit Biergarten – dort, wo schon der zu DDR-Zeiten bekannte Havelgarten seine Tische aufgestellt hatte. Zwar förderte das Land Brandenburg das junge Unternehmen, doch die Investitionen waren höher als gedacht. 2011 holten sich Takke und Schubert deshalb einen Investor sprichwörtlich mit ins Boot, den Unternehmer Alexander Grella.

Was dann passierte, ist offenbar Ansichtssache. Yves Takke berichtet, dass Grella sich immer mehr in das Geschäft eingemischt habe. So habe es zum Beispiel mittwochs und freitags lange Abendveranstaltungen gegeben, die die eigentlich gute Nachbarschaft mit den Anwohnern vergiftet hätten. Außerdem soll Grella eine neue Firma, die Dining-Table GmbH, für den Gastronomiebereich ohne Rücksprache mit Takke beauftragt haben, beklagt der 38-Jährige. Er, Takke, sei in die Entscheidungen nicht mehr mit einbezogen worden. Schließlich habe er das Handtuch geworfen und im Sommer 2013 die Geschäftsführung abgegeben. Er verkaufte das Haus auf dem Wassergrundstück – ein Fehler, wie Takke heute sagt. Den Steg habe er aber behalten, bis heute sei er der Eigentümer. Auch die Anteile an der Royal Marketing GmbH (RMC), mit der das Havelmeer betrieben wurde, behielt Takke. Als er in diesem Herbst die fällige Pacht für die Nutzung des Stegs anmahnte und eine Kündigung bis zum 3. Oktober anmahnte, eskalierte die Situation offenbar.

Takke sagt, ein Teil seines Steges sei ohne seine Zustimmung abtransportiert und nach Kohlhaasenbrück in Berlin gebracht worden – eine Anzeige wegen Diebstahls laufe bereits. Dort habe Grella in ein neues Projekt investiert: Die Söhnel-Werft am Teltowkanal. Alle Einnahmen aus dem Floßgeschäft am Havelmeer habe Grella in seine PCC Real Estate GmbH fließen lassen, sagt Takke. Auch das gesamte Havelmeer-Inventar samt Flößen im Wert von mehreren Hunderttausend Euro seien nicht mehr im Besitz der Havelmeer-Firma RMC, sondern auf eine andere Firma übertragen worden, sagt Takke. Was Grella zu diesen Vorwürfen sagt, war nicht zu erfahren. Bei PCC war trotz mehrerer Versuche niemand zu erreichen.

Allerdings äußert sich Peter Anderle, Geschäftsführer der Dining-Table GmbH, die die Gastronomie im Havelmeer betrieben hatte. Für ihn ist die Sache Havelmeer erledigt: Die Boote gehörten der PCC, dies bewiesen Papiere und sei von der Polizei bestätigt worden. Das Inventar sei keineswegs verschwunden, sondern lediglich die Außenmöbel zum Schutz vor Witterung und Diebstahl eingelagert worden. Auch Anderle spricht von Diebstahl – ob Takke dahinterstecke, wisse er aber nicht. So sei ein Motor aus einem Boot entwendet und von drei Flößen die Gashebel abmontiert worden. Eines Tages sei Takke mit mehreren Freunden bei der Söhnel-Werft aufgetaucht und habe sich mehrere Grills von den Flößen holen wollen. Mitarbeiter hätten ihn daran gehindert und die Polizei alarmiert – die Grills blieben an der Söhnel-Werft. Söhnel-Werft-Geschäftsführer Jens Fetting berichtet sogar von Gewaltandrohungen, es sei von „40 gewaltbereiten Freunden“ Takkes die Rede gewesen.

Takke ist hingegen der Überzeugung, im Recht zu sein. Mithilfe der Staatsanwaltschaft und Wirtschaftsprüfern will er beweisen, dass der RMC und damit dem Havelmeer Vermögen entzogen wurde. Bis zum Frühling hofft er, den Steg und die Flöße wieder zurückzubekommen. Dann sollen am Havelmeer wieder Ausflüge starten und Hochzeitsgesellschaften an Bord gehen. (mit wik)

Lukas Berg

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