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Dunkler Ort. Das frühere Kreisgericht in der Puschkinallee.

© Johanna Bergmann

Gedenken an Mauerbau: Der Stasi auf der Spur

Potsdamer Gedenken an Mauerbau vor 54 Jahren führt an die Orte der Staatssicherheit

Jägervorstadt – Die Sonne brannte unerbittlich und die Polizei hatte Mühe, die Menschen von der schattigen Straße auf den Gehweg zu bugsieren. Rund 200 Potsdamer haben am Donnerstag am siebten „Mauerverlauf“ teilgenommen und damit an den Mauerbau vor 54 Jahren erinnert. Der Weg führte diesmal durch die Russische Kolonie Alexandrowka über die Friedrich-Ebert-Straße bis zur ehemaligen Bezirksverwaltung des Ministeriums für Staatssicherheit in der Hegelallee. Auf dem Weg gab es immer wieder kurze Stopps vor Gebäuden, die während der DDR von der Stasi benutzt worden waren. Zeitzeugen und Historiker wie das Beiratsmitglied der Fördergemeinschaft Lindenstraße, Gudrun Tschäpe, die Bürgerrechtlerin Uta Leichsenring, die ehemalige Leiterin der Potsdamer Außenstelle der Stasi-Unterlagenbehörde, Gisela Rüdiger, und Thomas Schaarschmidt vom Zentrum für Zeithistorische Forschung (ZZF) Potsdam gaben an den historischen Orten über ihre Erinnerungen und Kenntnisse Auskunft. So besuchten die Teilnehmer, darunter auch Stadtverordnete, eine konspirative Wohnung der Stasi in der Friedrich-Engels-Straße 67. Vor einem heruntergekommen Gebäude in der Puschkinallee 6 - dem ehemaligen Kreisgericht Potsdam/Stadt - berichtete die Regisseurin Sibylle Schönemann von ihren Erfahrungen. „Es gab drei Monate U-Haft und dann kam man hier her, um sein Urteil abzuholen“, sagte sie. Sie sei in einem kleinen Bus mit ihrem Mann dort hingefahren worden. In dem Bus habe es kleine Zellen gegeben, in denen die beiden eingesperrt worden waren. In dem Prozess wurde die 61-Jährige wegen einer Lappalie zu mehr als einem Jahr Haft verurteilt. „Wir sind aus dem Leben rausgerissen worden“, sagte sie. Mittlerweile wohnt Schönemann wieder in Potsdam, in der Nähe des früheren Gerichtsortes. Es sei gut, wieder angekommen zu sein, sagte sie.

Im Anschluss an den Rundgang legten die Teilnehmer vor der Gedenkstätte der ehemaligen Untersuchungshaftanstalt in der Lindenstraße 54 Kränze nieder. Die Orte hätten die „gewaltsame Trennung des Landes“ noch einmal sichtbar gemacht, sagte Bürgermeister Burkhard Exner (SPD). Mutige Menschen im Osten hätten die Mauer zu Fall gebracht. Der Schrecken der Mauer dürfe nicht in Vergessenheit geraten.

Der „Mauerverlauf“ ist ein Projekt der Fördergemeinschaft „Lindenstraße 54“ und der Stadt in Kooperation mit der Gedenkstätte Lindenstraße. Am morgigen Samstag findet erneut der Mauerweglauf statt – ein gut 160 Kilometer langer UltraMarathon entlang der ehemaligen Mauer. In Potsdam werden die Läufer gegen 18 Uhr an der Gedenkstätte am Griebnitzsee bei der Stubenrauchstraße erwartet. Dort werden Ehrenamtler eine Versorgungsstation einrichten. Stefan Engelbrecht

Stefan Engelbrecht

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