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Garnisonkirche: Potsdams bekannteste Kirche

Der Potsdamer Kirchenhistoriker Andreas Kitschke hat für sein neues Buch über die Garnisonkirche weiter zur Geschichte des Gotteshauses geforscht. Das Buch ist ein umfassendes und reich bebildertes Kompendium geworden.

Potsdam - Es ist ein Ort, der stets eine gewisse Magnetwirkung auf die Mächtigen der Welt – im Guten wie im Bösen – entfaltete: Johann Sebastian Bach soll auf der Orgel der Garnisonkirche gespielt haben, Napoleon besuchte die Gruft mit dem Grab von Preußenkönig Friedrich II. ebenso wie die russischen Zaren Alexander und später Nikolaus. Die britische Königin Victoria nahm an einem Gottesdienst in der Kirche teil, der italienische Faschistenführer Benito Mussolini besuchte den Barockbau, Adolf Hitler ließ dort den symbolischen Schulterschluss zwischen Nazis und der preußischen Elite inszenieren – jener „Tag von Potsdam“ 1933 sollte den Ruf der einst bekanntesten Potsdamer Kirche später nachhaltig prägen.

Napoleon, Zar Alexander, Queen Victoria, Hitler und Mussolini waren in der Garnisonkirche

Der Potsdamer Kirchenhistoriker und Orgel-Experte Andreas Kitschke hat jetzt ein Buch zur Geschichte des Gotteshauses vorgelegt. Auf 400 reich bebilderten Seiten geht es dem Autor nicht nur um die Architektur, die Baugeschichte, das Glockenspiel oder die Ausstattung der 1732 geweihten Kirche, er beleuchtet auch schlaglichtartig ihre Nutzung durch die Jahrhunderte. Der Leser trifft wichtige Gestalten, die das religiöse und kulturelle Leben der Kirche prägten oder sie besuchten, er erfährt Hintergründe zur Rolle des Gebäudes beim unseligen „Tag von Potsdam“ und zur Geschichte danach: von der Zerstörung im Bombenhagel 1945 über die Wiedernutzung der Kapelle in der Ruine seit den 1950er-Jahren bis zum Abriss 1968 und die aktuellen Pläne für den Wiederaufbau als Versöhnungszentrum.

Als bekennender Wiederaufbaubefürworter plädiert Kitschke für eine differenzierte Auseinandersetzung mit der Geschichte des Gebäudes – und lehnt gleichzeitig jede Schlussstrich-Mentalität ab: „Diese Kirche unpolitisch sehen zu wollen, geht einfach nicht“, sagte er am Dienstag bei der Vorstellung des Buches vor Journalisten in der Nagelkreuzkapelle – eine Position, die nicht für alle Befürworter des Wiederaufbaus selbstverständlich ist. Den Gegnern des Projekts wirft Kitschke vor, die Kirche pauschal zum „Sündenbock“ für eine Entwicklung zu machen, wie sie in den meisten deutschen Gotteshäusern in den 1930er-Jahren Realität gewesen sei. Er verweist etwa auf die Dresdner Frauenkirche, die von 1933 bis 1945 den Namen „Dom der Deutschen Christen“ trug – eine Referenz an die gleichnamige weit verbreitete Bewegung nazitreuer evangelischer Christen. Aus solchem Missbrauch der Gotteshäuser folgt für Kitschke heute die Verpflichtung zur Erinnerung und Wachsamkeit.

Aus dem Missbrauch von Kirchen zur Nazi-Zeit folgt für Kitschke die Verpflichtung zur Wachsamkeit

Mit der Geschichte der Garnisonkirche beschäftigt sich Andreas Kitschke schon seit Jahrzehnten. Die Sprengung der Kirchenruine 1968 erlebte er als 13- Jähriger zwar „nur nebenher“ mit, wie er sagt. Als er später in den Ferien darauf angesprochen wird, erinnert er sich aber daran, wie die Großeltern immer von der Kirche schwärmten – und sein eigenes Interesse ist geweckt. Den ersten Text über die Garnisonkirche schrieb Kitschke anlässlich des zehnten Jahrestages des Abrisses 1978 für die Brandenburgischen Neuesten Nachrichten, den Vorgänger der PNN. Auch in seinem 1983 in Ost-Berlin erschienenen Buch „Kirchen in Potsdam“ konnte er über die Garnisonkirche schreiben. Kurze Zeit nach der politischen Wende, 1991, erschien Kitschkes erste Monografie über die Garnisonkirche.

Seitdem habe er zu der Kirche immer weiter geforscht, wenn er Zeit dazu hatte, sagt Kitschke: „Das war ein permanenter Prozess.“ Weil das Vorgängerbuch mittlerweile vergriffen ist, hat der Kirchen- und Orgelexperte mit dem be.bra-Verlag nun das deutlich erweiterte und ergänzte Nachfolgerbuch herausgegeben.

Die Garnisonkirche war auch wichtigste Musikstätte in Potsdam

Neues findet sich etwa zur Rolle der Kirche als wichtigste Musikstätte der Stadt: So fanden dort seit Anfang des 19. Jahrhunderts zahlreiche Konzerte mit gefeierten auswärtigen Solisten statt – jeweils nach Genehmigung des Königs. In den 1830er-Jahren wurde ein Chorfest ins Leben gerufen, zu dem bis zu 550 Sänger in der Kirche musizierten.

Auch der Frage nach dem Verbleib des goldenen Hohenzollern-Taufgeschirrs aus der Kirche ist Kitschke nachgegangen: Die Hohenzollern nahmen es nach der Abdankung 1918 zuerst mit ins niederländische Exil, später kam es auf die Burg Hohenzollern. Dort wurde es 1953 von einem Einbrecher gestohlen. Die Ermittler kamen zu spät auf seine Spur: Der Dieb hatte die Beute schon eingeschmolzen und zu Geld gemacht.

Andreas Kitschke stellt sein Buch "Die Garnisonkirche Potsdam. Krone der Stadt und Schauplatz der Geschichte" am Freitag, den 18. Dezember, um 18 Uhr in der Nagelkreuzkapelle, Breite Straße 7, vor. Der Eintritt ist frei.

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