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Garnisonkirche Potsdam: Stufen für den Turm

Siegfried Grube ist Pate für die Treppe des Garnisonkirchturms - an das Originalgebäude kann er sich noch gut erinnern.

Von Valerie Barsig

Potsdam - Als es geschah, war er in Leipzig: Ein paar Tage nach der Sprengung der Garnisonkirche 1968 kehrt Siegfried Grube zurück in seine Wahlheimat Potsdam. Dort spürt er die Bitterkeit, so erzählt er es am Donnerstag, seinem 79. Geburtstag, in der Nagelkreuzkapelle. „Am Schutthaufen habe ich noch eine Mitarbeiterin der Stadtverwaltung getroffen. Sie erzählte mir stolz, sie hätte die Sprengstelle mit abgesperrt“, erzählt Grube. Das kann er damals kaum fassen. Heute ist er einer der bisher 128 Paten, die eine der künftigen Stufen im Turm der Garnisonkirche spenden. Der Vorstand der Stiftung Garnisonkirche, Wieland Eschenburg, stellte ihn am Donnerstag bei einem Pressegespräch vor.

Eigentlich stammt Grube aus dem mittelmärkischen Niemegk. Als er dort keine Ausbildungsstelle bekommt, kommt er 1954 nach Potsdam. Die Stadt kennt er bereits: „Wegen eines Augenleidens war ich als Kind in Babelsberg beim Arzt.“ Lieben aber lernt er Potsdam in seiner Kaufmannslehre: „Unser Ausbilder hat uns zwei Wochen lang durch die Stadt geführt“, erzählt er heute. Die Zeit damals hat er noch in lebhafter Erinnerung. „Erst gestern habe ich mir wieder Fotos von damals angesehen“, schwärmt er. Sanssouci, Cecilienhof und die Garnisonkirche: Die historischen Stätten der Stadt lernt er damals kennen. Gleichzeitig hilft Grube im Nationalen Aufbauwerk der damaligen DDR dabei, die Stadt aus den Nachkriegstrümmern zu holen: „Ich habe Steine an der Friedrich-Ebert- und der Gutenbergstraße gekloppt.“ Die Zerstörung der Nachkriegszeit hat ihn geprägt. Man müsse alles tun, um die Stadt im alten Glanz erstrahlen zu lassen, sagt er am Donnerstag.

Manfred Stolpe bekommt die Garnisonkirchen-Ehrennadel

Grube lässt sich zwei Jahre lang im Konsument Warenhaus ausbilden, dann steht er mit gepackten Koffern da, bereit zur Abreise und schaut sich noch einmal um, muss Abschied nehmen. „Dann kam der ehemalige Direktor des Hauses und fragte, was ich denn da tue.“ Als Grube ihm sagt, dass er nun ausgelernt habe und nach Niemegk zurückkehren will, fragt der Chef, wann er in Potsdam anfangen könne. „Ich habe auf die Uhr gesehen und gesagt: Es ist jetzt zehn vor 12. Also um 12.“ So bleibt Grube in Potsdam und wird ein Kaufmann, den man inzwischen in der Stadt kennt. Erst arbeitet er im Karstadt, 1991 eröffnet er den Rewe im Markt-Center. Immer wieder führt Grube publikumswirksame Aktionen durch, vom Show-Kochen bis hin zu Spargelschälwettbewerben mit bekannten Gesichtern von der Politikerin Katharina Reiche bis zur Läuferin Ulrike Bruns.

Es ist nicht die einzige Aktion, mit der Grube für die Kirche sammelt. Sein aktuelles Projekt: Gemeinsam mit seinem Sohn Thomas hat er eine goldene Ehrennadel gestiftet. Sie zeigt die Garnisonkiche, in der Ecke ein Brillant. Am Freitag, dem 6. April, soll sie bei einem Klassik-Konzert im Nikolaisaal verliehen werden. Bis zur Fertigstellung des Garnisonkirchturms sollen sie diejenigen bekommen, die sich in herausragender Weise für den Wiederaufbau der Kirche einsetzen. Am Rande des Termins am Donnerstag verrät Grube den PNN auch den ersten Träger der Nadel: Der ehemalige brandenburgische Ministerpräsident Manfred Stolpe (SPD) wird sie bekommen. Er ist auch der Schirmherr des Konzerts.

5000 Euro kostet eine Stufe

Zweimal 2500 Euro hat Grube nun bezahlt, um sich die beiden ersten Stufen eine im linken, eine im rechten Treppenhaus des Garnisonkirchturms zu sichern. 365 Stufen werden es bis zur Kirchturmspitze – so viele wie ein Jahr Tage hat. Deshalb steht jede Stufe für ein Datum. Grube steht also für den 1. Januar. Stiftungsvorsitzender Eschenburg findet das passend: „Er ist einer unserer ersten und sehr aktiven Spender.“ Für Grube ist die Stufe ein Zeichen für die Potsdamer. „Es zeigt, dass wir uns einsetzen“, sagte er. Und etwas einzubringen bedeute für ihn Toleranz.

5000 Euro kosten die Stufen ab Nummer 108, also dort, wo die Kapelle aufhört und sich eine Wendeltreppe nach oben Richtung Glockenstube schrauben wird. Die Stufen darunter in den zwei geplanten Treppenhäusern neben der Kapelle kosten je 2500 Euro. Das Spendenpotenzial insgesamt beträgt damit 1,8 Millionen Euro, 460 000 Euro sind davon bereits gespendet. Laut Stiftungsvorsitzendem Eschenburg sei die Spendenbereitschaft für die Garnisonkirche seit Beginn der Bauarbeiten noch einmal nach oben gegangen. Rund zehn Millionen Euro Spenden werden insgesamt benötigt.

Erster Pfahl gesetzt

Auf der Baustelle der Garnisonkirche gehen die Arbeiten indes voran. Nachdem im Februar bekannt geworden war, dass bei der Bohrung von insgesamt 38 Löchern zur Gründung der Kirche einer der Bohrköpfe bereits am zweiten Loch am Originalfundament abgebrochen war, geht es nun weiter. Zwei Monate lang stand die Baustelle bis dahin still. Laut Stiftungsvorstand Eschenburg seien die 38 Löcher inzwischen fertig. Auch der erste Gründungspfahl wurde gesetzt. Auf die Pfähle wird die Fundamentplatte für den 90 Meter hohen Kirchturm gegossen.

Um die Garnisonkirche wird in Potsdam seit Jahren erbittert gestritten. Kritiker reiben sich insbesondere an der Geschichte des Bauwerks zur NS-Zeit und werfen den Initiatoren vor, diesem Aspekt im geplanten Versöhnungszentrum nicht genug Raum zu geben. Zu den Unterstützern zählen – neben dem Bund, der den Wiederaufbau mit zwölf Millionen Euro fördert – auch viele Prominente wie Elizabeth II., Angela Merkel, Günther Jauch und Katarina Witt.

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SPENDENAKTION: Patenschaft

5000 Euro kostet die Patenschaft einer Treppenstufe im künftigen Garnisonkirchturm ab Stufe Nummer 108, darunter kostet eine Patenschaft 2500 Euro für das linke oder rechte Treppenhaus. Noch sind 64 Stufen im rechten und 78 Stufen im linken Treppenhaus frei. Auf der Stufe können Namen oder Daten (jede Stufe steht für einen Tag im Jahr) eingraviert werden. Wer möchte, bekommt außerdem eine Patenschaftsurkunde der Stiftung Garnisonkirche. 

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