zum Hauptinhalt
Flammendes Inferno. Das in Mischtechnik auf Papier gemalte dreiteilige Werk sei von eigenen Erfahrungen geprägt, sagte Wolfram Baumgardt bei der Vorstellung des Triptychons anlässlich des Gedenkens an die Nacht von Potsdam vor 70 Jahren. Baumgardt erlebte die Bombardierung als Vierjähriger.

© Lutz Hannemann

Garnisonkirche Potsdam: Ein Gemälde für das Gotteshaus in spe

Wolfram Baumgardt will der Garnisonkirche ein Triptychon vermachen – wenn der Turm wieder steht

Ein gemaltes Inferno. Bomber werfen ihre todbringende Last im Dunkel der Nacht ab. Häuser werden von Flammen verzehrt. Der Potsdamer Künstler Wolfram Baumgardt hat dieses Grauen selbst miterleben müssen: In der Nacht vom 14. auf den 15. April 1945 östlich der Nikolaikirche, ungefähr dort, wo sich heute die Nachkriegsbauten in der Burgstraße befinden. In seinem Triptychon mit dem Titel „Die Garnisonkirche brannte wie eine Fackel“ hat Baumgardt die Zerstörung der einstigen Residenzstadt zum Thema gemacht und auch eigene Erinnerungen darin verarbeitet.

Am vergangenen Dienstagabend, auf der Veranstaltung zum Gedenken an die Opfer des britischen Bombenangriffs vom 14. April 1945, stellte Baumgardt sein Triptychon in der Nagelkreuzkapelle am Standort der einstigen Garnisonkirche vor. Zu der von der Fördergesellschaft für den Wiederaufbau der Garnisonkirche und der Bürgerinitiative Mitteschön organisierten Gedenkveranstaltung waren schätzungsweise 100 Menschen gekommen. Viele von ihnen gedachten mit Kerzen der Opfer des Angriffs vor 70 Jahren und stellten die Lichter neben dem Torbogen an der Nagelkreuzkapelle ab. Zuvor hatte der Vorsitzende der Fördergesellschaft für den Wiederaufbau der Garnisonkirche, Burkhart Franck, den britischen Bombenangriff als ein Kriegsverbrechen gegeißelt, da er gegen die Bevölkerung gerichtet gewesen sei. Potsdams Kulturbeigeordnete Iris Jana Magdowski (CDU) sagte, die Engländer seien „Täter und Opfer zugleich“ gewesen.

Eines Tages könnte das Gemälde von Baumgardt an einem prominenten Ort in Potsdams Mitte zu sehen sein. Wie die Stiftung Garnisonkirche mitteilte, möchte der Maler das Gemälde der Garnisonkirche schenken. Einzige Bedingung: Der Turm des Gotteshauses muss wieder stehen. Baumgardt wünsche sich, dass sein Triptychon genau dort, also im Turm, ausgestellt wird, so Friederike Schuppan, Sprecherin der Stiftung Garnisonkirche. Vorerst jedoch bleibt das dreiflügelige Werk im Besitz des Künstlers.

Der geplante Wiederaufbau des Turms ist bekanntlich stark umstritten. Am 29. April soll der Bürgerdialog zur Zukunft der Garnisonkirche mit einer ersten Veranstaltung beginnen.

Baumgardts Werk für den Turm in spe sei von einem Moment aus seiner eigenen Biografie geprägt, berichtet der Künstler. Die beiden Seitenflügel des Gemäldes zeigen persönliche Erinnerungen an die „Nacht von Potsdam“, so Baumgardt. Im Alter von vier Jahren hätten sich diese Bilder in sein Gedächtnis eingebrannt. Und dort sind sie bis heute haften geblieben.

Auf dem rechten Flügel des Triptychons sieht man einen brennenden Baum. Hell strahlt sein Geäst, rote Flammen züngeln um die Krone herum und wabern im Nachthimmel. „Das habe ich genau so erlebt, dass der so glühte und bis in die kleinsten Äste hinein brannte.“

Eine mit dem Stadtbild eng verbundene Erinnerung hat Baumgardt in linken Flügel seines Triptychons zu Papier gebracht. Dort schwebt über einem Giebel gerade eines jener als Christbäume bezeichneten Orientierungsfeuer, die im Krieg von Flugzeugen abgeworfen wurden, um für die nachfolgenden Bomberpiloten die Ziele auszuleuchten. Als Baumgardt mit anderen Hausbewohnern beim Angriff auf Potsdam in den Keller rannte, da habe er in der damaligen Yorckstraße östlich der Nikolaikirche den Christbaum über der dortigen Kapelle der Baptisten gesehen. „Ich habe mich noch mal umgedreht, da kam der Christbaum heruntergeschwebt.“ Die Kapelle sei zerstört worden, Baumgardt überlebte im Keller eines nahegelegenen Wohnhauses. An die nassen Tücher, die er sich im Keller als Schutz vor das Gesicht halten sollte, erinnert sich der 74-Jährige noch heute.

Für das große Bild im Mittelteil seines Triptychons hat Baumgardt den Blick aus der Vogelperspektive auf das brennende Potsdam gewählt. Es zeigt die Geschehnisse der Todesnacht im Zeitraffer: Während aus dem Himmel die Bomben hinabfallen, brennt die Stadt. Man sieht unter anderem das brennende Stadtschloss. Die Garnisonkirche wirkt wie eine lodernde Fackel. Jenes Motiv des brennenden Gotteshauses hat Baumgardt auch in einem separaten Bild festgehalten, das der Künstler bereits der Nagelkreuzkapelle geschenkt hat.Seite 22

Zur Startseite