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Politische Dimension. Die Mars-Kolonie hat für Newiak eine große Vorbildfunktion für das Leben auf der Erde.

© Andreas Klaer

Landeshauptstadt: Ganz nah dran

Denis Newiak steht vor der nächsten Qualifikationsrunde für die Weltraum-Mission „Mars One“

Der erste Mensch auf dem Mars könnte ein Potsdamer sein: Denis Newiak gehört zu den verbliebenen 663 Bewerbern für das umstrittene Projekt „Mars One“, das ab 2024 insgesamt 40 Menschen auf den roten Planeten bringen soll – ohne Rückflug, denn der wäre technisch und finanziell zu aufwendig. Geplant ist stattdessen eine dauerhafte Siedlung, wo die Mars-Kolonisten ihr restliches Leben lang leben werden.

Über 200 000 Menschen aus aller Welt hatten sich ursprünglich für das Projekt beworben, bislang ist der 26-jährige Filmwissenschafts-Student jedes Mal eine Runde weitergekommen. Im vergangenen Jahr etwa hatten alle Bewerber eine gründliche ärztliche Untersuchung durchführen müssen. Viele Kandidaten erwiesen sich dabei als ungeeignet. Einige mussten nicht nur mit dem Aus ihrer Bewerbung fertig werden: „Manche haben durch diese Untersuchung erst herausgefunden, dass sie Krebs haben“, sagt Newiak. Seine eigene Untersuchung ergab, dass er kerngesund ist.

Nun wird erneut ausgesiebt: „In Kürze werden mit allen Bewerbern Interviews geführt, um herauszufinden, ob man wirklich für die Sache bereit ist“, sagt Newiak. Dabei werden die Experten der privaten Stiftung aus den Niederlanden, die „Mars One“ betreibt, Fragen zur individuellen Motivation und zum fachlichen Wissen stellen. Mehr Details kann Newiak nicht preisgeben, denn er hat eine Verschwiegenheitserklärung unterschreiben müssen.

Sollte er das „Mars One“-Konsortium überzeugen, dann würden noch in diesem Jahr eine Reihe physischer Tests und Simulationen mit den verbliebenen Bewerbern durchgeführt – wer danach noch übrig ist, hat sich für die endgültige Mannschaft qualifiziert. Die Ergebnisse des aktuellen Auswahlschrittes sollen am 16. Februar bekannt gegeben werden. Noch 2015 soll dann das achtjährige Trainingsprogramm beginnen, das live im Fernsehen verfolgt werden kann. Wer in das erste der insgesamt zwei Teams kommt, die zum Mars fliegen sollen, soll von den Zuschauern per Voting entschieden werden.

Newiak sieht diese Vorgehensweise durchaus kritisch, hat aber Verständnis dafür, dass die Stiftung nur durch die Vermarktung von Sendelizenzen an die angepeilten sechs Milliarden Dollar für das Projekt kommen kann: „Man muss natürlich aufpassen, was man mit sich machen lässt, aber im Vordergrund steht die Forschung und kein zweites Big Brother.“ „Mars One“ finanziert sich auch durch Merchandise-Produkte und bietet Spendern an, gegen eine gewisse Geldsumme im Jahr 2024 zum Beispiel Fotos oder persönliche Botschaften auf den Mars schicken zu können. „Ich finde es so im Prinzip besser, als wenn alles hinter verschlossenen Türen stattfinden würde“, sagt Newiak.

Nicht nur für die mediale Vermarktung musste Mars One schon viel Kritik einstecken, auch in moralischer und technischer Hinsicht ist das Projekt umstritten. So stellten Forscher des Massachusetts Institute of Technology (MIT) kürzlich eine Studie vor, wonach das erste Missionsmitglied auf dem Mars bereits nach 68 Tagen sterben würde. Grund sei, dass es technisch derzeit nicht möglich sei, den Sauerstoff-Überdruck in den Wohnmodulen auszugleichen, der durch die kultivierten Pflanzen verursacht werde.

„Es gibt viele, die ein Scheitern voraussagen und auch ich habe diese Studien gelesen“, sagt Newiak. „Laut den Leitern von ,Mars One’ wird es aber eine technische Lösung für das Sauerstoff-Problem geben.“ Außerdem gebe es auch etliche Wissenschaftler – darunter Nobelpreisträger –, die sagen, dass das Projekt funktionieren wird.

So fragwürdig die Mars-Mission auch scheinen mag, Newiak ist weder lebensmüde noch auf Abenteuer aus: Er ist sich der Risiken bewusst und will vor allem wegen der Forschung an „Mars One“ teilnehmen. Außerdem werde die Mars-Kolonie eine immense politische Dimension und Vorbildfunktion für die Erde haben: „Wir werden alles selber bewirtschaften müssen, um die Gemeinschaft am Laufen zu halten – das schafft eine ganz andere Perspektive auf unseren Begriff von Arbeit“, sagt Newiak, der auch Mitglied der SPD ist.

Trotz aller großen Pläne lebt der Student ganz normal sein Leben weiter: Newiak ist Chefredakteur der Studierendenzeitschrift SpeakUP, sitzt derzeit an seiner Master-Arbeit und hat gerade seine Ausbildung zum Tanztrainer abgeschlossen. „Es gibt manche Bewerber, die ihren kompletten Alltag auf die mögliche Teilnahme an ,Mars One’ ausgerichtet haben, und das ist deren individuelle Entscheidung“, sagt Newiak. „Aber ich bin weiter in mein irdisches Leben eingebunden und würde auch nicht kaputtgehen, wenn es nichts mit der Teilnahme wird.“

Newiak ist einer von etwa einem Dutzend deutscher Bewerber für „Mars One“, die meisten kommen aus den USA oder Russland. Kontakt zu seinen Mitbewerbern hatte er bislang kaum, ab und zu schreibe ihn jemand auf Facebook an, sagt Newiak. Persönlich kennenlernen würde er andere „Mars One“-Kandidaten wohl erst, wenn er in die engere Auswahl käme. „Auf so ein Treffen freue ich mich sehr, denn das sind bestimmt alles sehr spannende Leute“, sagt Newiak. „Und außerdem wären es die Menschen, mit denen man den Rest seines Lebens verbringen würde.“

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