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Diffuses Licht in der Brandenburger Straße, dass auch nach oben abstrahlt - solche Lichttechnik will die Stadtverwaltung künftig möglichst vermeiden

© Ottmar Winter

Für eine bessere Beleuchtung: Potsdam will sich in besseres Licht rücken

Nur Hinweise statt klare Regeln gegen Lichtverschmutzung: Das Potsdamer Rathaus legt Leitlinien für eine umweltschonendere Beleuchtung der Stadt vor. Nun haben die Stadtverordneten das Wort.

Potsdam - Zu helles, flackerndes oder nach oben gerichtetes LED-Licht, gerade in kalten Farben: Gegen solche Arten sogenannter Lichtverschmutzung will das Rathaus künftig stärker vorgehen. Dazu hat die Umweltbehörde im Rathaus nun Lichtschutzleitlinie erarbeitet, die die Stadtverordneten noch absegnen müssen. Allerdings belässt es das zwölfseitige Papier bei Empfehlungen, konkrete Verbote und Strafen befinden sich darin nicht.

Auch weniger Energieverbrauch ist das Ziel

Das Ziel der Empfehlungen seien ein geringerer Energieverbrauch und der Schutz der menschlichen Gesundheit sowie vieler nachtaktiver Tierarten und Pflanzen, heißt es in der Präambel der Leitlinien. So habe die Umstellung auf kostengünstige LED-Technologien in den vergangenen Jahren auch negative Folgen, zum Beispiel einen erhöhten Anteil an blauem Licht und tendenziell mehr Deko-Beleuchtung.

Dagegen stellt die Verwaltung nun ihre Empfehlungen an Privatpersonen, Bauherren, Gewerbetreibende und auch an sich selbst. So sollen Straßenleuchten möglichst keine Helligkeit nach oben abgeben und außerhalb von besiedelten Gebieten vermieden werden. Im Zweifelsfall könne auch eine stufenweise Dimmung geprüft werden. Empfohlen wird ferner weißes Licht mit maximal 14 Prozent kurzwelliger Strahlung. 

„Auf die Beleuchtung von Gewässern zwischen 22 und sechs Uhr sollte verzichtet werden“, ist eine weitere Leitlinie. Stadtsprecherin Christine Homann sagte auf Anfrage, man wolle das wichtige Thema der Lichtverschmutzung mit der Richtlinie "in die Bevölkerung tragen und für ein freiwilliges Mitwirken sensibilisieren". Die Hinweise seien auch eine Selbstverpflichtung für das Rathaus.

Auch eine Selbstverpflichtung für die Stadt

Für sogenanntes gestalterisches Licht, also zum Beispiel eine Fassadenbeleuchtung, rät das Umweltamt ebenfalls: „Unerwünschtes Streulicht sollte durch geeignete Maßnahmen vermieden werden.“ Daher seien freistrahlende Wandleuchten, die Licht nach oben und unten abgeben, möglichst zu vermeiden – gerade Fassaden von Gebäuden sollten von oben nach unten angestrahlt werden: „Der letzte Meter der Fassade unter dem Dach ist nicht zu beleuchten.“ 

Konkrete Beispiele dafür werden nicht benannt – allerdings finden sich vor der Wilhelmgalerie oder einigen Museumsgebäuden in der Innenstadt direkt eingebaute Bodenstrahler. Vor allem aber auf blinkende oder bewegte Beleuchtung zu Dekozwecken solle gerade in der Nacht verzichtet werden, appelliert die Umweltbehörde in dem Papier. In diese Kategorie vermeidbarer Lichtverschmutzung würden also auch Laserscheinwerfer für Tanzveranstaltungen fallen.

Reklametafeln nachts möglich ausschalten

Auch Händler will die Stadt zumindest in die Pflicht nehmen. „Zu hohe Leuchtdichten in Schaufenstern“ sollten demnach vermieden werden, zum Beispiel also Lichtwände. Vielmehr müssten Lampen direkt auf Waren gerichtet sein. „Anlagen mit schnell wechselndem Licht sollten grundsätzlich vermieden werden.“ Reklametafeln sollten möglichst von Mitternacht bis 6 Uhr abgeschaltet werden, lautet eine weitere Empfehlung.

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Schon seit einigen Jahren macht das Thema Lichtverschmutzung immer wieder Schlagzeilen. Bereits 1999 sei das debattiert worden, so die kommunale Umweltbehörde: Wissenschaftler des Astrophysikalischen Institutes in Nord-Babelsberg hatten damals den Erlass einer Lichtschutzsatzung gefordert, um zumindest für ihre Sternwarte schädliches Streulicht im Nachthimmel zu reduzieren. Doch der Versuch für so eine Satzung sei gescheitert, als in der Öffentlichkeitsbeteiligung vor allem kritische Rückmeldungen zu hören waren, erinnerte das Amt.

Die Fraktion Die Andere wagte den nächsten Versuch

Ende 2019 unternahm die Fraktion Die Andere einen erneuten Versuch für den Entwurf einer Lichtschutzsatzung. Doch das lehnte das Umweltamt in einer monatelangen Debatte ab, weil so eine Satzung kontrolliert und bei Verstoß entsprechend geahndet werden müsse. Unter anderem war seitens der Verwaltung von „fraglichen rechtlichen Eingriffen ins Privatrecht“ die Rede, aber auch von einer Vielzahl erwartbarer Auseinandersetzungen über die Frage der möglichst umweltverträglichen Beleuchtung: So hätte die Stadt dann Inhaber von bestimmten Leuchten zum Abbau oder Neukauf verpflichten können, was vermutlich zu diversen Rechtsstreitigkeiten geführt hätte. 

Schließlich hatten sich die Kommunalpolitiker im vergangenen Sommer auf das Erarbeiten einer Lichtschutzleitlinie geeinigt – die nun vorliegt, mit mehr als einem halben Jahr Verspätung. Es gehe um eine "niedrigschwellige Handreichung für eine Lichtoptimierung", sagte Homann zur Frage, warum man keine klaren Regeln erlassen habe. Dies sei auch mit der Politik so im Vorfeld abgestimmt worden.

Übrigens: In das Konzept eingegangen seien laut Homann auch Erfahrungen aus einem entsprechenden Arbeitskreis, den die Stadtverordneten vor rund fünf Jahren eingesetzt hatten. Das Gremium hatte sich modellhaft mit dem Alten Markt befasst, dann war seine Arbeit offenbar im Sand verlaufen. Beleuchtungsexperten hatten eine gesamtstädtische Lichtplanung angemahnt. Eine Studie der Fachhochschule war 2015 zu dem Ergebnis gekommen, dass Potsdam nach Einbruch der Dunkelheit wegen fehlender Beleuchtung der Plätze in der Innenstadt sowie von wichtigen Gebäuden weniger Aufenthaltsqualität bietet als möglich wäre. 

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