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Die Route der Fahrraddemonstration führte auch über die Breite Straße.

© Andreas Klaer

Update

Für eine "autofreie Stadt": Fahrraddemo in Potsdam am Neujahrstag

Rund 130 Radfahrer haben am Neujahrstag 2020 in Potsdam für eine menschenfreundlichere Mobilität in der Stadt demonstriert. Dafür wurden Autofahrer kurz ausgebremst.

Babelsberg - Während manch einer den Kater auskurierte, begrüßten etwa 130 Fahrradfreunde das neue Jahr mit einer Radtour durch die Innenstadt. Aufgerufen zum „Anradeln“ hatte das Netzwerk „Potsdam autofrei“, das sich für eine klimafreundliche Verkehrswende einsetzt. Vorbilder sind fahrradfreundliche Städte wie Kopenhagen oder Amsterdam. „Wir müssen an die zukünftigen Generationen denken“, sagte Mitfahrerin Anette Paul den PNN. Die Älteren sollten die Klimaproteste der Jugend ernstnehmen, sich „an die eigene Nase fassen“ und zum Beispiel häufiger auf das Auto verzichten.

Mit dem Rad zur Arbeit

Teilnehmer Christoph Lorenz tut das bereits. An mindestens vier Tagen in der Woche fahre er mit dem Rad zur Arbeit, sagt er. Von Ludwigsfelde nach Potsdam. 23 Kilometer hin und am Abend wieder zurück. „Ich sitze den ganzen Tag am Computer“, sagt Lorenz, der im öffentlichen Dienst arbeitet. „Das Radfahren ist ein guter Ausgleich.“ Doch viele Radwege befänden sich in einem fürchterlichen Zustand, kritisiert er. „Die Fahrbahn ist teilweise so stark beschädigt dass man auf die Straße ausweichen muss.“ Auf Überlandstrecken lägen zudem häufig abgebrochen Äste und andere Hindernisse im Weg und würden nicht weggeräumt.

Initiative besteht seit 2018

„In Potsdam und Umgebung fehlt die notwendige Infrastruktur für Radfahrer“, sagt Demo-Veranstalter Jan Kuppert. Zum Beispiel sei die Feuerbachstraße ständig „durch Autos zugemüllt“. Doch Kuppert glaubt: „Immer mehr Menschen wollen diesen Zustand nicht mehr hinnehmen.“

Die 10,8 Kilometer lange Strecke führte die Teilnehmer der Radtour vom S-Bahnhof Babelsberg in die Teltower Vorstadt und dann zum Luisenplatz, wo eine Zwischenkundgebung mit Redebeiträgen abgehalten wurde. Danach ging es auf der Nuthestraße wieder zurück zum S-Bahnhof Babelsberg.

Die Initiative „Potsdam autofrei!“ besteht bereits seit Januar 2018. Im vergangenen Mai gelang es dem Netzwerk und verschiedenen Unterstützern, alle Autos aus der Feuerbachstraße zu verbannen – allerdings nur für vier Stunden. Dazu wurde ein Halteverbot eingerichtet. Die Kosten dafür, laut „Potsdam autofrei“ etwa 300 Euro, musste die Initiative selbst zahlen. Dagegen legte sie jedoch Widerspruch ein. Im Dezember entschied das Verwaltungsgericht: Die Stadt muss das Geld zurückzahlen.

Die Fahrradfreunde wünschen sich, dass mehr Transporte auf kurzen Strecken mit dem Lastenrad erledigt werden. Ihr Mitstreiter Erich Benesch möchte das möglich machen mit dem kostenlosen Verleihsystem „Flotte Potsdam“. Benesch konnte nicht am Anradeln teilnehmen, weil er an der Website des Projekts arbeitete. Mitte Januar soll sie online gehen. „Bis dahin haben wir noch eine Menge Arbeit vor uns“, sagt Benesch. Sieben Lastenräder gäbe es bereits, alle selbstgebaut von ehrenamtlichen Helfern. „Die Nachfrage ist sehr groß“, sagt Benesch. Deshalb habe der Verleih bereits begonnen. Interessierte können sich etwa im Projekthaus Potsdam in der Rudolf-Breitscheid-Straße oder beim Fahrradverleih Pedales im Hauptbahnhof ein Lastenrad ausleihen. Weitere Standorte sollen hinzukommen.

Christoph M. Kluge

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