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Für die richtige Rechtschreibung: Alarm am 32. März

Die Language Tooler, ein Start-up aus Babelsberg, haben ein besonders gründliches Korrekturprogramm für Texte entwickelt. Damit auf der Pilzpizza nicht aus Versehen der Champion landet.

Wortdopplungen, ein falscher Kasus, Kommafehler oder ein Tippfehler, der ein Wort in ein neues verwandelt – solche Verschreiber entdeckt eine gängige Rechtschreibhilfe oft nicht. Auch das Auge des Autors oder des Korrektors fliegt allzu leicht darüber hinweg. Und wir, die Redaktion, bekommen dann Post wie diese: „Liebe PNN, drei Tippfehler haben sich in den Artikel ’Potsdam-Monopoly’ eingeschlichen. Wir sind ein Start-up, das eine Software zur automatischen Textprüfung entwickelt. Alle drei Fehler hätten Sie mit unserer Software Language Tool finden können...“

Daniel Naber von der Language Tooler GmbH hat seinen Arbeitsplatz in einem Großraumbüro der Babelsberger Gründerszene. Hier hat auch Naber nach seinem Studium der Computerlinguistik bei einem Unternehmen als Freelancer begonnen, bevor er im vergangenen Jahr gemeinsam mit Ralf von Grafenstein seine eigene Firma Language Tooler, zu deutsch etwa Sprachwerkzeuger, gründete. Es läuft gut, sagt Naber, sie haben bereits zwei Angestellte, die in Großbritannien und Rumänien sitzen, und weitere freie Mitarbeiter.

„Einfach einloggen und loslegen.“

In Babelsberg sitzt der 40-Jährige jetzt fast täglich am Rechner und beobachtet, wie überall auf der Welt Menschen, die fehlerfreie deutsche Texte schreiben wollen, seine Software benutzen – kleine Punkte, die auf einer Weltkarte aufpoppen. Im vergangenen Monat waren es 460 000 Nutzer und 1,1 Millionen einzelne Besuche, also Vorgänge, bei denen jemand einen Text auf der Internetseite Language Tooler überprüfen lässt. Das ist ein kostenloser Service. Dazu kommen einige Hundert zahlende Abonnenten, die sich das System direkt auf ihren Browser holen und dann bequem am eigenen Rechner benutzen können, ohne Copy und Paste. Auch das kostet nicht die Welt. Für 59 Euro pro Jahr ist man dabei. Der Prüfaccount kann zudem an verschiedenen Rechnern genutzt werden. „Einfach einloggen und loslegen“, sagt Naber.

Die Idee des Language Toolers ist eine Weiterentwicklung seiner Diplomarbeit. „Es nervte und nervt mich einfach, wenn ich vermeidbare Fehler sehe“, sagt er. Mit seinem Deutschunterricht an der Schule habe die jetzige Affinität zu korrektem Deutsch im Übrigen nichts zu tun. Er könne sich jedenfalls nicht erinnern, dass er in der Grundschule besonders gerne Diktate geschrieben hätte. Das fügte sich alles erst zusammen, als er im Studium die Möglichkeiten der Rechner entdeckte. Als Computer-Linguist beschäftigte er sich mit der Fragestellung, wie Rechner und Sprache zusammenkommen, wie ein PC Sprache erkennt und wie sprachgesteuerte Systeme arbeiten.

Das Programm registriert auch nicht existierende Daten

Das nutzt er jetzt für sein Korrekturprogramm. Der Rechner überprüft dabei nicht nur Orthografie und Grammatik – der Maßstab ist immer der Duden – sondern auch inhaltliche Zusammenhänge. Er meckert den „32. März“ an, den es nicht gibt, ebenso wenn Datum und Wochentag nicht zusammenpassen. Er findet einen „Herrn Andrea Müller“ und entdeckt die „passionierten Tomaten“ und „Pizza mit frischen Champions“. „Ja, es gibt schon lustige Fehler“, sagt Naber. Der große Vorteil ist, dass das System lernt, und zwar ständig. Es lernt mit jeder Benutzung und es lernt auch nachts, wenn Naber die gemeldeten Fehler mit sauberen Wikipedia-Texten gegenchecken lässt – ein Korrektiv. Denn auch Language Tooler liegt nicht immer automatisch richtig.

Das System berücksichtigt zudem umgangssprachliche Tendenzen und andere neue Entwicklungen. „Zum Beispiel bietet er mir statt ’20 Feuerwehrmänner’ das genderneutrale ’Feuerwehrleute’ an“, sagt Naber. Auch Eigennamen kennt es und weiß: Til Schweiger nur mit einem L.

Auch eine englische Version wird angeboten

Über seine Kunden weiß Naber außer ihrem Standort relativ wenig. Aus Datenschutzgründen. Die Texte dürfte er nicht mitlesen. „Das europäische Datenschutzgesetz ist sehr streng.“ Aber das Spektrum ist breit: von der Doktorarbeit bis zur kurzen privaten E-Mail ist alles dabei. „Wir schreiben heute mehr und vor allem elektronisch, also gibt es auch mehr Chancen, Fehler zu machen“, sagt Naber. Besonders fehlerbehaftet sind Internetforen, auch professionelle wie Amazon Marketplace, und Immobilienanzeigen. „Aber die werden eben trotzdem alles los.“ Wie wichtig jemandem die Qualität der Sprache ist, das muss jeder selbst entscheiden. Schulen seien komischerweise sehr knauserig, wenn es darum geht, ein Language-Tooler-Abo abzuschließen.

Naber und Grafenstein werden das System weiterentwickeln, eine Stelle für einen weiteren Computerlinguisten ist ausgeschrieben. Bereits jetzt wird auch eine englische Version angeboten, weitere Fremdsprachen sind denkbar. „Wir wollen außerdem künftig vermehrt inhaltliche Fehler - falsche Begriffe oder Fakten - entdecken können“, sagt Naber. Was der Autor von den Verbesserungsvorschlägen übernimmt, bleibt letztlich jedem selbst überlassen. Aber: „Fehlerhafte Texte sind einfach schlechter lesbar“. Spaßeshalber hat Naber auch die Kolumne des Oberbürgermeisters überprüft. Sein Fazit: „Auch unser OB ist nicht frei von Fehlern.“ Was wirklich Schlimmes sei aber nicht dabei. Das Übliche eben – Wortdopplungen, falscher Kasus und Kommafehler. Dieser PNN-Text allerdings ist vom Language Tooler geprüft.

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