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Landeshauptstadt: Für den Prinzen eine Lampe, für die Omi eine Klingel

Seit 120 Jahren gibt es das Lichthaus Ammon. Die Geschäftschronik erzählt Stadtgeschichte

Mit einem „Kameradschaftsabend“ wurde das 40-jährige Geschäftsjubiläum vom Lichthaus Ammon gefeiert. Im Hotel Thüringer Hof – heute ist dort das Da Vinci – erschienen neben der Belegschaft auch sämtliche Größen aus der Kreishandwerkerschaft, Vertreter der Elektroinnung, der Obermeister und die übliche Politprominenz, der Gauabteilungsleiter sogar mit „Goldenem Parteiabzeichen“. So stand es damals in der Presse. Der Potsdamer Oberbürgermeister und die Handwerkskammer Berlin schickten Glückwünsche. Schon am Nachmittag war gefeiert worden, denn mit dem Betriebsjubiläum am 26. März 1938 fiel der Geburtstag des Chefs zusammen. Der hatte seine Kunden vorbildlich mit einer Anzeige in der Lokalzeitung informiert: „40 Jahre Alfred Ammon. Beleuchtungshaus Jäger- Ecke Kaiser-Wilhelm-Straße. Wegen Betriebsfeier bleibt das Geschäft am Sonnabend ab 15 Uhr geschlossen.“

Seit 2000 sind Andrea Buttenberg und ihr Bruder Falko Folz Inhaber und feiern am 26. März das 120-jährige Bestehen. Das Geschäft befindet sich immer noch im selben Gebäude seit jenem Gründungstag 1898. Die Kaiser-Wilhelm-Straße heißt heute aber Hegelallee. Dort wird am Montag gemeinsam mit den Kunden angestoßen. Auf eines der wenigen verbliebenen Traditionsgeschäfte der Stadt. Allen Widrigkeiten zum Trotz, die die verschiedenen Regime und Zeiten mit sich brachten, blieb das Geschäft in privater Hand. Auch im Zweiten Weltkrieg wurde das Haus nur minimal beschädigt. Im alten Tresor liegt eine gründlich und liebevoll gepflegte Chronik, die das alles erzählt.

Als Alfred Ammon 1898 eröffnet, gibt es hier noch Petroleum-Lampen. Dann kommt Gas, dann Strom. 1920 ist Potsdam weitestgehend elektrifiziert. Ammon stellt sich drauf ein und kann sich 1927 – trotz Inflation – vergrößern. Zu den großen Kunden neben Privathäusern zählen damals die Heeresstandortverwaltung, der Magistrat, das Astrophysikalische Institut, das preußische Hochbauamt, das städtische Krankenhaus. „Ferner wurden die Haushaltungen des Kronprinzen und des Prinzen Eitel Friedrich von der Firma beliefert“.

Im Zweiten Weltkrieg wird Ammon Junior zur Luftwaffe eingezogen. Als der Vater 1944 stirbt, ist das Geschäft vorübergehend geschlossen. Nach dem Krieg erst geht es weiter. 1971 wird jemand gesucht, der das Geschäft übernehmen will. Falko Folz Senior, damals erst 27 Jahre alt, hat Interesse. Ein bestehendes Geschäft weiterzuführen war in der DDR fast die einzige Chance, sich selbstständig zu machen, erzählt er heute. Folz besteht die Probezeit, in der Alfred Ammon sich den jungen Mann genau anschaut. Dann gibt es eine geordnete Übergabe. Schließlich stellt Ammon den Neuen noch bei allen Zulieferfirmen der DDR vor. Zwei Wochen sind sie rumgefahren, erinnert sich Folz. Ein Glück, dass es so lief, sonst hätte er sich in der Hierarchie der von Mangelwirtschaft geprägten DDR wieder ganz hinten anstellen müssen. So aber kann der Laden weiter bestehen. Der neue Inhaber hat nie mehr als zehn Mitarbeiter, damit er nicht in die staatliche Produktionsgenossenschaft gezwungen wird. Trotzdem muss er Aufträge für die Stadt übernehmen, Verwaltungsgebäude und Schulen ausstatten. Ein paar Mal gibt’s Ärger mit der Staatssicherheit, die gegenüber in der Hegelallee sitzt. Weil Folz Seniors Schreibtisch am Fenster zur Straße steht, bezichtigt man ihn, den Verkehr beobachtet und sich Notizen gemacht zu haben. Aber Folz ist mal frech, mal geschickt, und lässt sich nicht einschüchtern.

Andrea Buttenberg und ihr Bruder gehen damals in einen Kindergarten gleich gegenüber in der Hegelallee und kommen nachmittags oft rüber ins Geschäft. Falko Folz Junior wird später Elektro-Handwerksmeister, Andrea Buttenberg ist heute zuständig für Einkauf und Verkauf, Service und Beratung. Alles ist einfacher als damals im Osten, als man mühsam Lampen und Leuchten in lächerlichen Stückzahlen aus der Republik zusammensammelte und es keine nennenswerte Auswahl gab. Heute kann Andrea Buttenberg aus dem Vollen schöpfen. Im Laden finden sich Leuchten aus der ganzen Welt, traditionelle Kronleuchter, Kleinigkeiten zum Verschenken, Praktisches oder eher ausgefallenes modernes Design.

Manche Lampen sind richtige Kunstobjekte und Unikate von Designern wie Ingo Maurer und Axel Meise. Deshalb fürchten sie weder Baumarkt noch Möbelhäuser als Konkurrenz. Bei Ammon gibt es ein handverlesenes Sortiment, es wird geliefert, montiert, bei Bedarf auch nach Jahren noch repariert und vor allem gründlich beraten. Dabei ist es ganz egal, ob jemand eine Leselampe sucht oder sich ein Lichtkonzept für ein großes Haus wünscht. Ein Objekt komplett zu betreuen, mache ihr besonders viel Spaß, sagt Buttenberg. LED und Halogenlampen sind die Themen der Zeit, auch Buttenberg hat sich nach einer anfänglichen Skepsis mit LED angefreundet.

Nach wie vor werden auch kleine Elektroinstallationen angefragt, mal einen Herd anschließen oder eine Klingel mit Licht für die Omi aus der Nachbarschaft. Auch für Schulen entwickeln sie Beleuchtungskonzepte. So haben sie die Dortuschule denkmalgerecht ausgeleuchtet. Ihr Vorteil: Sie kennen sich noch mit historischer Technik aus, als Leitungen durch Zugrohre verlegt wurden. Sechs Monteure und ein Lehrling gehören zur Firma, drei Kräfte im Laden und eine im Büro.

Der Zusammenhalt, so wie er immer war in dem Familienbetrieb, ist ihnen wichtig, sagt Andrea Buttenberg. In Zeiten des Fachkräftemangels ist das etwas, womit sie punkten können. Den alten Namen haben sie auch deshalb ganz bewusst behalten. Er passt zum Selbstverständnis als Handwerker- und Servicebetrieb, in dem auf Qualität und Zuverlässigkeit geachtet wird. „Bei uns gilt noch ein Handschlag“, sagt Folz Senior.

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