zum Hauptinhalt
Schneeschauer im Mai in Babelsberg.

© Andreas Klaer

Frost im April, Schnee im Mai: Zu kalt für Bienen und Insekten

Potsdam ist am Freitag von Schneefall überrascht worden - schon Sonntag soll es sommerlich warm werden. Obstbauern in der Region leiden unter dem viel zu kühlen Frühling.

Potsdam - Freitagmittag noch dicke Schneeflocken über Potsdam, Sonntag soll es bei bis zu 26 Grad und Sonnenschein sommerlich werden - spielt das Wetter jetzt völlig verrückt? So ungewöhnlich ist Schneefall im Mai für Potsdam nicht, sagt der Klimawissenschaftler Frank Kreienkamp vom Regionalen Klimabüro des Deutschen Wetterdienstes (DWD) den PNN auf Anfrage: "Das kommt immer mal wieder vor."

Ungewöhnlich wäre es, wenn der Schnee liegengeblieben wäre: Das war in Potsdam zum letzten Mal am 1. Mai 1969 der Fall, ein Zentimeter Schnee wurde seinerzeit am Morgen gemessen. Eine einigermaßen anhaltend weiße Pracht im Mai gab es auch davor nur zweimal: Am 10. Mai 1928 und am 1. Mai 1935 verzeichneten die Meteorologen "fleckenweise" Schnee für Potsdam.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen von unseren Redakteuren ausgewählten, externen Inhalt, der den Artikel für Sie mit zusätzlichen Informationen anreichert. Sie können sich hier den externen Inhalt mit einem Klick anzeigen lassen oder wieder ausblenden.

Ich bin damit einverstanden, dass mir der externe Inhalt angezeigt wird. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu erhalten Sie in den Datenschutz-Einstellungen. Diese finden Sie ganz unten auf unserer Seite im Footer, sodass Sie Ihre Einstellungen jederzeit verwalten oder widerrufen können.

Ein schwieriges Jahr für Obstbauern

Während Potsdamer in den sozialen Medien ungläubig-belustigt Schneefotos teilten, sind Obstbauern in der Region ernsthaft besorgt - aber nicht erst seit dem Schnee von Freitag. "Es ist ein schwieriges Jahr", sagt Lutz Kleinert vom Obstgut Marquardt den PNN. Die Kirschen und Aprikosen seien durch die frostigen Nächte im April schon erfroren. Bei den Äpfeln heißt es noch abwarten. "Die Eisheiligen stehen auch noch an", sagt Kleinert.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen von unseren Redakteuren ausgewählten, externen Inhalt, der den Artikel für Sie mit zusätzlichen Informationen anreichert. Sie können sich hier den externen Inhalt mit einem Klick anzeigen lassen oder wieder ausblenden.

Ich bin damit einverstanden, dass mir der externe Inhalt angezeigt wird. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu erhalten Sie in den Datenschutz-Einstellungen. Diese finden Sie ganz unten auf unserer Seite im Footer, sodass Sie Ihre Einstellungen jederzeit verwalten oder widerrufen können.

Der Werderaner Obsthof Lindicke kommentierte den Schneefall auf Instagram augenzwinkernd: "Wir sind dabei: Vier Jahreszeiten in drei Tagen. Reihenfolge ist noch unklar. Zur Stunde Programmpunkt 'Winter'." - wohl auch ein Stück weit Galgenhumor. "Ein einzelner Schneeschauer machts nicht unbedingt schlimmer", erklärte der Obsthof auf PNN-Nachfrage: "Die Frostnächte haben ja leider Vorarbeit geleistet."

Wegen der kühlen Witterung fehlen Insekten zur Befruchtung

Gerhard Neumann von Neumanns Erntegarten in Bornim kann sich an ein derartiges Schneetreiben im Mai überhaupt nicht erinnern. Auch er berichtet von bereits erlittenen Frostschäden bei den Süßkirschen und Aprikosen. Nur bei den Strauchbeeren habe er durch eine Frostschutzberegnung das meiste retten können - für den Einsatz auf der kompletten Obstplantage sei das aber zu teuer, sagt der 82-Jährige. Er befürchtet ein weiteres Problem: Wegen der kühlen Witterung können selbst überlebende Blüten nicht befruchtet werden, da viel zu wenig Insekten unterwegs seien. "Die Blüte braucht eine bestimmte Temperatur."

Diese Sorgen teilt auch Thomas Bröcker, der Vorsitzende der Fachgruppe Obstbau beim Gartenbauverband Berlin-Brandenburg e.V. Noch gebe es keinen kompletten Überblick über alle Betriebe im Land. "Aber einige Betriebe sind nah am Totalausfall", sagte Bröcker den PNN. Zu den Frostschäden, von denen Obstgärtner im Süden des Landes noch stärker betroffen waren, komme nun die Unsicherheit über die Befruchtung. Man könne dabei nur abwarten. "In zehn Tagen wissen wir in etwa, was los ist."

Empfohlener redaktioneller Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen von unseren Redakteuren ausgewählten, externen Inhalt, der den Artikel für Sie mit zusätzlichen Informationen anreichert. Sie können sich hier den externen Inhalt mit einem Klick anzeigen lassen oder wieder ausblenden.

Ich bin damit einverstanden, dass mir der externe Inhalt angezeigt wird. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu erhalten Sie in den Datenschutz-Einstellungen. Diese finden Sie ganz unten auf unserer Seite im Footer, sodass Sie Ihre Einstellungen jederzeit verwalten oder widerrufen können.

Obstgärtner Neumann sagt, er wisse schon jetzt nicht mehr, wovon er die Löhne für seine vier Mitarbeitenden zahlen soll - denn auch in den vergangenen Jahren gab es durch Frost im Frühling Ernteausfälle. Geschäftspartner vertröste er für Zahlungen auf Juli. Bei staatlichen Ausgleichszahlungen für Ernteausfälle gebe es das Problem, dass die Vorjahre, die für die Berechnung herangezogen werden, schlecht gelaufen seien. "Wir haben in den letzten fünf Jahren viermal starken Frost gehabt, der uns an den Rand der Existenz gebracht hat", sagt Neumann. Ausnahme war 2019, als die Bäume dann - wie zum Ausgleich - ein Vielfaches der normalen Ernte trugen, so dass Neumann zum Beispiel Pflaumen an soziale Einrichtungen verschenkte. Auch in diesem Jahr seien wieder "unheimlich viele Blüten" an den Bäumen gewesen. "Aber die sind alle tot."

Kältester April seit 40 Jahren

Tatsächlich ist der April in diesem Jahr deutschlandweit der kälteste seit 40 Jahren gewesen, wie der Wetterdienst bereits vor einigen Tagen vermeldet hat. In Brandenburg lag er mit einer Durchschnittstemperatur von 6,3 rund 1,5 Grad unter dem langjährigen Mittelwert. Der Monat war zudem zu trocken: In der Mark fielen nur 30 Liter pro Quadratmeter und damit rund 25 Prozent weniger als das langjährige Mittel (41 Liter pro Quadratmeter). Letzteres reiht sich ein in eine bedenkliche Tendenz: Seit 2009 ist in Deutschland jeder April zu trocken gewesen. Der kühle April ändere auch nichts am langfristigen Trend, betonte Wetterdienst-Sprecher Uwe Kirsche: "Seit Aufzeichnungsbeginn 1881 hat sich die Monatsmitteltemperatur im April in Deutschland um knapp zwei Grad erhöht."

Dass Wetterlagen länger anhalten, liegt am Klimawandel

Ein Kälteeinbruch noch bis Mitte Mai sei nichts Ungewöhnliches, im Zuge des Klimawandels aber seltener geworden, sagt auch Klimaspezialist Frank Kreienbrink den PNN am Freitag. Der Klimawandel sorge dafür, dass Wetterlagen länger anhalten - sei es Kälte, wie im April, Hitze oder Trockenheit. Die Trägheit der Wetterlagen hänge mit einem veränderten Verhalten der Polarfront zusammen, erklärt er. Diese bewege sich normalerweise in verschiedenen Geschwindigkeiten um den Globus und sorge in unseren Breiten für einen Wechsel von Hoch- und Tiefdruckgebieten. Im Zuge des Klimawandels bewege sich die Polarfront aber seltener schnell, so dass Wetterlagen länger stabil blieben.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen von unseren Redakteuren ausgewählten, externen Inhalt, der den Artikel für Sie mit zusätzlichen Informationen anreichert. Sie können sich hier den externen Inhalt mit einem Klick anzeigen lassen oder wieder ausblenden.

Ich bin damit einverstanden, dass mir der externe Inhalt angezeigt wird. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu erhalten Sie in den Datenschutz-Einstellungen. Diese finden Sie ganz unten auf unserer Seite im Footer, sodass Sie Ihre Einstellungen jederzeit verwalten oder widerrufen können.

Am Wochenende soll es aber freundlicher und wärmer werden. Für den Samstag (8.5.) erwartete der Deutsche Wetterdienst zunächst noch Maximalwerte zwischen 13 und 16 Grad in Brandenburg und Berlin. Nach einem heiteren Start in den Tag ist zunächst mit einem Wechsel von Sonne und Quellwolken zu rechnen, gegen Abend soll es sich von Westen her weiter zuziehen. Mit Regen wird aber nicht gerechnet. Sonnenbrille und T-Shirt sind dann am Sonntag (9.5.) angesagt: Das Thermometer soll laut Wetterexperten zwischen 22 und 26 Grad anzeigen. Zudem sind am Himmel nur einige Schleierwolken zu sehen, regnen soll es nicht. Die neue Woche startet sogar noch sommerlicher: Die Werte steigen weiter und erreichen fast die 30-Grad-Marke. Zudem werde es wolkig und trocken.

"Kurzer Sommer" ab Sonntag erwartet

Lang anhalten wird das wärmere Wetter aber wohl nicht. "Wir werden zwar ab Sonntag einen kurzen Sommer haben, aber das heißt ja nicht, dass das so bleibt", sagt Frank Kreienbrink. Und folgt auf das unterkühlte Frühjahr vielleicht ein heißer Sommer? Seriöse Voraussagen über das Sommerwetter könnten derzeit noch nicht getroffen werden, sagt Kreienbrink. (mit dpa)

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false