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Frisch vom MARKT: Mieze im Stroh

PNN-Autorin Steffi Pyanoe verrät jede Woche, was auf Potsdams Märkten in den Korb gehört. Heute: Die Erdbeere.

Im Schweinsgalopp geht es in diesem Jahr durch die Erdbeerernte – sie begann im Mai und ist schon fast wieder vorbei. Nichts mit Strawberry Fields Forever. Stattdessen „You say Goodbye...“

Es gibt zwar späte Sorten, aber die „Korona“, die in Werder auf dem Feld von Hans-Jochen Riedel wächst – nicht alle Erdbeerbauern heißen Karl – ist demnächst abgeerntet. Zu viel Sonne auf einmal und zu wenig Regen, das war auch der Erdbeere nicht recht. „Die Hitze hat die Erntezeit verkürzt“, sagt Riedel. „Und jetzt kommt alles auf einmal.“ Das gilt auch für anderes Obst. Riedel baut vor allem Süßkirschen an, 15 Sorten, dazu Birnen, Äpfel, Aprikosen, Pflaumen. Er hätte genug zu tun. Aber die Erdbeere sollte trotzdem ins Sortiment. Die Deutschen lieben ihre Erdbeeren. Das weiß jetzt auch Riedels Frau, die aus der Ukraine stammt. Dort werden die kleinen Roten natürlich auch gerne gegessen. Aber so große Erdbeerfelder hat sie erst hier in Deutschland gesehen – Strawberry Fields Forever.

Die Stroh-Beere, wenn man es mal wortwörtlich übersetzt, mag es trocken und bekommt deshalb auch bei Obstbauer Riedel eine Strohunterlage. Das hält Schnecken fern, beugt Schimmelbefall vor und die Früchte bleiben sauber. Freitagabend wird für den Samstagsmarkt geerntet. Ein Knochenjob für Leute mit zartfühlenden Fingern. Die Beere ist druckempfindlich. Dass Kunden im Körbchen wühlen, geht gar nicht. Deshalb auch zu Hause: Vorsichtig handhaben, erst vor dem Essen waschen, am besten schwimmend, dann abtupfen und die Blättchen entfernen.

Die Erdbeere ist ein Sehnsuchtsgewächs. Sie duftet nach Sommer. Sie verführt. Man kann, einmal angefangen, nicht aufhören, sie wegzunaschen. Paul Zech dichtete 1930 „Ich bin so wild nach deinem Erdbeermund“, und er meinte damit bei Weitem nicht nur den Mund der Dame. John Lennon assoziierte die Erdbeere mit angenehmen Kindheitserinnerungen, Strawberry Fields hieß ein Waisenhaus um die Ecke, wohin sich der kleine John bisweilen aus der Einsamkeit bei seiner Tante flüchtete – zum Spielen. Im Grimmsmärchen bringt die Suche nach Erdbeeren im eisigen Winter dem armen Mädchen einen König zum Heiraten. Und die wohlschmeckendste Erdbeersorte soll die mit dem aufregenden Namen „Mieze Schindler“ sein. Mäßig ertragreich und anfällig für Wehwehchen, dafür um so köstlicher. Da sie ausschließlich weibliche Blüten bildet, braucht Mieze allerdings stets eine fremde Bestäuberpflanze im Beet.

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Gibt’s auf dem Markt auf dem Bassinplatz. Gezeichnet wurde die Erdbeere von der Potsdamer Künstlerin Heike Isenmann

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