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Frisch vom Markt: Eine Pretty Woman fürs Beet

Steffi Pyanoe verrät jede Woche, was auf Potsdams Märkten in den Korb gehört. Heute: Ganz besondere Tulpen.

Julia Roberts trägt ein knallrotes Cocktailkleid, als sie mit Richard Gere die Oper besucht, 1990 in Hollywoods schönster Schnulze „Pretty Woman“. Bodenlang, schulterfrei, figurbetont. Der Designer soll Nino Cerruti gewesen sein. Die rote Tulpe mit dem Namen „Pretty Woman“ haben die Holländer gezüchtet, zwei Jahre später war sie da. Ob das extravagante Kleid den Ausschlag zur Namensgebung gab? Jedenfalls passt er ganz wunderbar zu dieser „Tulipa Lilienblütige“ mit ihrer schmalen und eleganten Blüte. Die einzelnen Blätter sind auch eher schmal, nach oben zugespitzt und leicht nach außen gebogen, ein bisschen etepetete.

Hochgewachsen und noch etwas verschlossen findet man sie Samstagmorgen auf dem Markt auf dem Weberplatz. Am Stand von Holger Sader stehen die Mädels nicht im Eimer, sondern in Reih und Glied in Kunststoffkisten. Das Besondere: Die Zwiebel ist noch dran. Die komplette Pflanze wurzelt in einer Mischung aus Erde, Torf und Kies. Aus dem lockeren und krümeligen Boden zieht Sader sie nach Kundenwunsch ganz einfach raus, ob es nun die rote Pretty Woman ist, eine gefüllte Columbus oder eine der fransigen Papageientulpen, die immer aussehen wie eine wunderschöne verschlafene Frau, die gerade geweckt wurde und sich nur schnell in einen zerknitterten Morgenmantel gehüllt hat.

Dass die Zwiebel noch dran ist, hat gleich mehrere Vorteile. Sie hält länger und bleibt auch länger in Form. „Die klappt nicht so schnell zur Seite ab“, sagt Sader. „Außerdem bleicht sie nicht aus sondern behält ihre kräftige Farbe.“ Nach der Blüte kann man sie ins Freie pflanzen. Die vertrocknete Blüte wird abgeschnitten, das Grün bleibt dran, damit die Pflanze Kräfte sammeln kann. Im kommenden Jahr, spätestens im übernächsten, wird sie wieder austreiben. Wenn schon eine kleine Brutzwiebel dran hängt, vielleicht sogar doppelt.

Ich stelle meine Probetulpe in eine schmale Hyazinthenvase mit nur zwei Zentimetern Wasser, das reicht für die Wurzeln der Zwiebel. Durch das Glas sehe ich das komplette Wunderwerk von Kopf bis Fuß. Ein Kraftwerk, das nach einer Woche noch immer prächtig steht und, ganz für sich, eine Zierde ist.

Gibt’s auf dem Markt auf dem Weberplatz und dieses Wochenende auch auf dem Tulpenfest.

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Hintergrund: Gezeichnet wurde die „Tulipa Lilienblütige“ von der Potsdamer Künstlerin Heike Isenmann.

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