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Landeshauptstadt: Friedrichs Potsdamer Degen Von Napoleon wurde er 1806 aus Potsdam entführt

„Wenn der König noch lebte, der diesen Degen trug, würden wir uns nicht hier befinden.“ Hat Napoleon nach dem gewonnenen Krieg gegen Preußen diesen Satz gesagt, als er am 24.

„Wenn der König noch lebte, der diesen Degen trug, würden wir uns nicht hier befinden.“ Hat Napoleon nach dem gewonnenen Krieg gegen Preußen diesen Satz gesagt, als er am 24. Oktober 1806 im Potsdamer Stadtschloss die Waffe Friedrichs II. in die Hand nahm? Der an der University of Hull (England) lehrende Historiker Thomas Biskup hält dies für unwahrscheinlich. In einem Vortrag „Napoleon und Friedrich“ wies er im Haus der Brandenburgisch-Preußischen Geschichte (HBPG) darauf hin, dass ein solcher Satz weder in den detaillierten Kriegsbulletins noch in den Memoiren napoleonischer Heerführer auftaucht. Dagegen erwähnt allerdings der Kammerdiener Tamanti, der Napoleon in Potsdam zur Verfügung gestellt wurde, eben diese Äußerung in seinem Erinnerungsbericht.

Doch wie dem auch war: Neben 13 Marmorstatuen und 28 Büsten, einigen Gemälden und Büchern ließ der französische Kaiser auch die Totenmaske, den Schwarzen Adlerorden, Ringkragen, Schärpe und andere persönliche Gegenstände Friedrichs II., darunter den Potsdamer Degen, nach Paris schaffen. Degen oder gar Ringkragen als Kriegsbeute? Nein, sagt Biskup, die Wegnahme hatte eine weitaus tiefere Bedeutung. Napoleon verehrte den großen Preußenkönig. Nur wegen dieses genialen Monarchen und Feldherren sei Preußen zur Großmacht aufgestiegen, so wie das Frankreich nun ihm zu verdanken habe. Der Kaiser sah das Erbe des Alten Fritz im nunmehr „verweiblichten“, angeblich von Königin Luise gelenkten Preußen geschändet und betrachtete sich als den legitimen Nachfolger Friedrichs des Großen.

Also wurden nicht nur Kunstschätze, sondern auch persönliche Dinge aus dem Besitz des Königs durch Napoleons „Beutekunst-beauftragten“ Dominique Vivant Denon nach Frankreich gebracht. Hier fanden sie im Invalidendom ihren Platz. Die Kriegsveteranen schworen, sie treu zu bewachen. Im Oktober 2007 wurden die erbeuteten Gegenstände in einer Trophäenausstellung im Louvre gezeigt. Dabei war auch eine Napoleonbüste zu sehen, die von zwei aus Sanssouci stammenden Victoria-Statuen gerahmt wurde. Nicht zur Ausführung kam ein geplantes riesiges Siegesdenkmal, für das neben der vom Brandenburger Tor aus Berlin geholten Quadriga unter anderem Friedrichs Potsdamer Degen als Detail verwendet werden sollte.

In Hürlimanns „Die Residenzstadt Potsdam“ (1933) steht zu lesen, dass die 1806 entführten Dinge acht Jahre später nach Napoleons Niederlage „glorreich zurückgeholt“ worden seien. Auf den Potsdamer Degen und die anderen aus dem Stadtschloss geholten Gegenstände aus Friedrichs persönlichem Besitz trifft dies jedoch nicht zu, stellte Thomas Biskup in seinem Vortrag klar. Sie sollten beim Anrücken der alliierten Truppen auf Paris vom Invalidenkorps aus der Stadt geschafft und nach Orleans in ein sicheres Versteck gebracht werden. Da die Ausfallstraßen bereits durch Truppen der Koalition blockiert waren, gelang das aber nicht mehr. Daraufhin ließ der Korpsgouverneur die Beutestücke am Abend des 30. März 1814 in Brand setzen und die Überreste in die Seine werfen. Damit ging auch der Potsdamer Degen verloren.

Biskup wurde gefragt, wie die siegreichen Preußen darauf reagiert hätten. Eine gerichtliche Untersuchung habe es wohl gegeben, erklärte er, sie sei aber im Sande verlaufen. Für das preußische Königshaus habe Friedrichs Degen keinen hohen Stellenwert besessen. Ihm ging es vorrangig um die Wiedererlangung der Schadowschen Quadriga und anderer hochrangiger Kunstgüter. Die Verhandlungen, die darüber mit dem wieder in seine Rechte eingesetzten Bourbonen Ludwig XVIII. geführt wurden, gestalteten sich kompliziert und konnten erst 1815 erfolgreich abgeschlossen werden.

Erhart Hohenstein

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