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Protest gegen höhere Pacht. Rund 200 Demonstranten zogen am Samstagnachmittag lautstark und friedlich durch die Innenstadt.

© M. Thomas

Landeshauptstadt: „Friede den Hütten, Paläste für alle!“

Rund 200 Potsdamer demonstrierten am Samstag gegen Pachterhöhung für alternative Wohnprojekte

Innenstadt - Knapp 200 Potsdamer haben am Samstag unter dem Motto „Wohnraum muss zahlbar sein! Projekte schützen! Mietenstopp!“ friedlich gegen immer höhere Mieten und für bezahlbare Wohnungen demonstriert. Mit lautem Schlagen auf Töpfe und Pfannen und Sprechchören wie „Friede den Hütten, Paläste für alle!“ zogen die Demonstranten vom Luisenplatz über den Platz der Einheit bis zum Stadthaus. Unter die vor allem jungen Demonstranten mischten sich mehrere kostümierte Clowns, die ständig von als Vermieter oder als Sensenmänner verkleideten Demonstranten gejagt wurden, die ihnen dann große Geldscheinbündel abknöpften. Anlass des Protests war die Pachterhöhung der kommunalen Pro Potsdam GmbH für vier alternative Haus- und Wohnprojekte in der Zeppelinstraße 25 und 26, der Pasteurstraße 33 und der Hermann-Elflein-Straße 32.

Einen Tag vor der Demonstration hatte die Pro Potsdam GmbH schriftlich Kontakt zu den Bewohnern der vier Häuser aufgenommen und neue Gespräche sowie einen von beiden Seiten akzeptierten Mediator vorgeschlagen. „Wir freuen uns sehr, dass die Pro Potsdam endlich direkt und nicht durch die Presse mit uns spricht“, sagt der 34-jährige Demonstrationsteilnehmer Heinz, der seinen Nachnamen nicht nennen will: „Aber ein Mediator und ein Werkstattverfahren sind Quatsch. Das ist so teuer, dass sich die Frage um die Pachterhöhung fast schon wieder erledigt.“ Die Erhöhungen seien ohnehin „Peanuts“ für die Pro Potsdam, so ein Sprecher bei der Demonstration: „Aber die Stadt und die Pro Potsdam wollen die Erhöhungen deshalb nicht zurücknehmen, weil damit ein Beispiel für alle Potsdamer gesetzt wäre, die unter ständig steigenden Mieten leiden!“ Zu diesen gehören für die Protestierenden auch Senioren, von denen einige mitmarschierten. „Es gibt einfach immer weniger bezahlbaren Wohnraum in Potsdam, und je mehr gebaut wird, desto mehr steigt der Mietspiegel“, klagte der 60-jährige Dietmar Ritter von der Bürgerinitiative Pro Staudenhof, die sich für den Erhalt des DDR-Baus mit 182 günstigen Wohnungen nahe der Nikolaikirche einsetzt.

Für die Wohnprojekte, die aus ehemals besetzten Häusern hervorgangangen sind, würden mit der Erhöhung die Pachtsummen von monatlich 93 bis 260 Euro auf 650 bis 1800 Euro pro Haus steigen. Stadt und Pro Potsdam hatten den Trägervereinen angeboten, über die Rücknahme der Pachterhöhungen zu verhandeln, wenn diese offenlegen, wie stark die Bewohner durch die Sanierungsauflagen finanziell belastet sind. Der 27-jährige Demonstrant Micha, der seinen Nachnamen nicht nennen möchte, hält diese Forderung für absurd: „Die Zahlen sind offen“, meint er, „die Sanierungskostenschätzungen wurden von der Pro Potsdam in den Erbbaupachtverträgen schließlich selbst festgelegt.“ Auch dass es keine Dokumentation der bisherigen Sanierungen gegeben habe, sei nicht richtig, sagt Mitdemonstrant Heinz: „Die Pro Potsdam hatte sich alles in den Häusern angeschaut.“

Der Grund für die Erhöhung der Pacht sei die „Anpassung an den Lebenshaltungsindex“, heißt es von der Pro Potsdam. Die Trägervereine der Wohnprojekte kritisieren jedoch, dass die Stadt die Situation so darstelle, als befinden sich die Häuser in einer „öffentlich geförderten Billignische“ mit niedrigeren Kosten: „Keines der Häuser war bei Vertragsabschluss in bewohnbarem Zustand, Sanierungen an Dächern, Sanitäranlagen, Fassaden und Elektrik mussten die Bewohner mit eigenem Aufwand durchführen“, so eine Sprecherin des Protestes.

Offenlegen sollen die Hausprojekte ihre ökonomische Situation, weil laut Stadtverwaltung die Bitte um eine Rücknahme der Pachterhöhung einen Antrag auf eine Sozialleistung darstelle. Der AK „Recht auf Stadt“ befürchtet, dass diese Praxis in Zukunft in der Potsdamer Wohnungspolitik zunehmen werde.

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