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Landeshauptstadt: Fremde Emotionen

Die 25-jährige Luise Schröder stellt beim Offenen Kunstverein aus – sie kennt ihn seit ihrer Kindheit

Bunte Bilder lächelnder Babelsberg-Fans, eine Collage glückseliger Emotionen in Gesichtern von Fußballfans. Und der Gegensatz: Schwarz-weiße Fotografien aus der Johannsenstraße, jenem geheim besetzten Wohnprojekt, das im Mai vergangenen Jahres geräumt werden musste: Die Aufnahmen zeigen die jungen Bewohner, manche mit Bierflaschen in der Hand, mit Augen, die von der Zukunftsangst künden. Diese beiden Bilderserien sind Teil der aktuellen Ausstellung der Potsdamerin Luise Schröder in den Kunstwerk-Räumen des Offenen Kunstvereins in der Hermann-Elflein-Straße. Die 25-Jährige zeigt dort gerade ihre erste große Ausstellung. Den Kunstverein kennt sie schon viel länger, seit sie zwölf Jahre alt ist. „Der Verein hat mir die Möglichkeit gegeben, mich frei mit Kunst auseinanderzusetzen und Leute kennen zu lernen, die vom Leben mehr wollen“, schwärmt sie – und sieht in der Jugendarbeit des Vereins einen Grund dafür, dass sie an der renommierten Hochschule für Grafik und Buchkunst in Leipzig aufgenommen worden ist.

Den Ansatz ihrer Arbeit beschreibt Sabine Raetsch vom Kunstverein. „Wir möchten keine Elitenbildung, sondern junge Leute die Liebe zur Kunst entdecken lassen.“ Dazu gibt es Kurse für Bildhauerei, Malerei, Musik, Fotografie und Theater. Insgesamt würden mit den Angeboten jedes Jahr bis zu 200 Jugendliche langfristig erreicht. „Gerade beim Theater setzen wir auf Eigenverantwortung: Die jungen Leute sollen dort vom Stück an sich bis zum Bühnenbild alles selber verantworten“, sagt Raetsch. Als zusätzliche Motivation für solches Engagement könnten junge Leute in ihrem Verein seit diesem Jahr einen so genannten Kompetenznachweis Kultur erwerben, eine Art Bildungspass der Bundesvereinigung kulturelle Jugendbildung. „Das ist eine tolle Sache, weil damit erstmalig ein Nachweis für Kompetenzen gibt, die Jugendliche hier lernen“, sagt Raetsch. Dreimal sei das Zertifikat in diesem Jahr bereits vergeben worden. „Wir möchten Jugendlichen einfach bei ihren Ideen helfen.“

So ist auch die Luise Schröders Ausstellung zustande gekommen. Sie läuft zwischen den Bildern umher, erzählt von „kochenden Emotionen“, die sie im Karl-Liebknecht-Stadion einfangen konnte. Und von den traurig anmutenden Bewohnern der Johannsenstraße: „Bewusst habe ich dabei ein letztes Bild gewählt, das Hoffnung ausdrückt – dass der Lebensentwurf der Bewohner vielleicht auch an anderer Stelle funktionieren kann.“ H. Kramer

Die Lange Nacht des Offenen Kunstvereins: Am 1. Dezember ab 19 Uhr im Kunstwerk in der Hermann-Elflein-Straße 10. Weitere Infos unter Tel.: (0331) 647 10 20 oder im Internet unter www.okev.de.

H. Kramer

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