zum Hauptinhalt

Landeshauptstadt: „Freiland“ verteidigt Einlass-Politik

Stadt-Ausschüsse entscheiden über Potsdamer Jugendzentrum.

Teltower Vorstadt – Die Zukunft des alternativen Jugendzentrums „Freiland“ entscheidet sich am heutigen Donnerstag ab 17 Uhr. Dann debattieren die Stadtverordneten der Ausschüsse für Jugendhilfe und Kultur darüber, ob das Modellprojekt fortgesetzt und mit etwas mehr Geld ausgestattet wird. Die gemeinsame Sitzung findet im „Freiland“ in der Friedrich-Engels-Straße statt. Bisher bekam das Projekt 125 000 Euro pro Jahr, künftig sollen es 167 000 Euro sein.

Die Chancen für das 2010 nach langen Debatten eröffnete „Freiland“ stehen nicht schlecht. Zuletzt hatte die Stadtverwaltung ein positiv gehaltenes Gutachten präsentiert. Demnach habe sich auf dem den Stadtwerken gehörenden Gelände eine breite Palette von Angeboten entwickelt, die das soziokulturelle Leben bereichern. Erstellt hat den Bericht der Potsdamer Biuf-Verein, der seit den 1990ern in der Jugendhilfe tätig ist – und der, wie Stadtsprecher Jan Brunzlow erklärte, im Auftrag des Jugendamts auch die Kriterien für die „Freiland“-Evaluation erarbeitete. Anders als jetzt werde die Vergabe des nächsten Gutachtens zur Arbeit in dem Kulturzentrum aber ausgeschrieben, betonte Brunzlow.

So wurden in dem Bericht einige Kritikpunkte am „Freiland“ nicht aufgegriffen – zum Beispiel die Anfang 2012 im Jugendhilfeausschuss erhobenen Vorwürfe, bei Partys würde Klientelpolitik zugunsten der linksalternativen Szene betrieben. Auch im Internet waren mehrfach Vorwürfe laut geworden, Besucher seien aus teils nicht nachvollziehbaren Gründen abgewiesen worden. „Freiland“-Betreiber Dirk Harder verteidigte die Einlass-Politik, die meisten Vorwürfe hätten sich später als unbegründet herausgestellt. An der Einlasskontrolle sei der präventive Schutz der Veranstaltung und ihrer Gäste vor aggressiven Besuchern das oberste Gebot. Zudem sei die Haltung des für die Partys zuständigen Spartacus-Vereins zu bestimmten Themen klar: Rassistischen, homophoben oder sexistischen Ansichten solle kein Raum gegeben werden.

So wurde Besuchern der Einlass auch schon wegen nicht genehmer T-Shirt-Aufdrucke verweigert, wie Harder bestätigte: „Da gab es im Einzelfall auch Beispiele, über die man diskutieren kann.“ Doch habe die Sicherung des Schutzraumes gegenüber anderen Ansichten einzelner Gäste Vorrang. Betroffene hätten die Chance, nach einem Verweis im Plenum des Spartacus darüber zu sprechen, so Harder. „Wir sind jederzeit bereit zu diskutieren, aber eben nicht, wenn die betroffenen Personen angetrunken sind oder sich aggressiv verhalten, weil es nicht nach ihren Vorstellungen läuft.“

Junge Politiker der Stadt ziehen eine gemischte Bilanz. Tino Fischer von der Jungen Union sagte auf PNN-Anfrage, die Arbeit sei „ganz anständig“: „Doch wir müssen gucken, dass sie von ihrer ideologischen Verklemmung etwas wegkommen.“ Es müsse mehr Offenheit für alle Jugendlichen herrschen, nicht nur für Linksalternative. Kevin Lücke von der FDP sagte, gegen die Arbeit selbst spreche nichts – doch könne es sich Potsdam finanziell nicht leisten, ein solches Projekt noch stärker zu fördern. Linke-Bundestagskandidat Norbert Müller sagte, „Freiland“ zeige, dass Potsdam in Sachen Erlebnisqualität für junge Menschen mit Berlin mithalten kann: „Und durch die Schaffung einer Politisierung ist es eben mehr als nur Unterhaltung – es ist Zivilgesellschaft im besten Sinne.“ Auch die Potsdamer Jusos hatten bereits die Fortführung von „Freiland“ gefordert.HK

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false