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Landeshauptstadt: Freie Wahl und ein paar Risiken

Eine Tagung zum Thema „Bürgerschule“

Ein Schulleben ohne vorgeschriebene Einzugsbereiche, ohne die als Gängelei empfundene Platzvergabe der Schulämter, ohne die Peinlichkeit gefälschter Meldeadressen – so ein Schulleben müsste es geben, hat sich der Paritätische Wohlfahrtsverband gesagt und ein alternatives Modell entwickelt, das er gestern auf einer ganztägigen Konferenz vorstellte.

Was sich hinter dem Begriff der „Bürgerschule“ verbirgt, erläuterte zunächst Martin Hoyer, Schulreferent des Paritätischen. Im Mittelpunkt steht die freie Schulwahl durch die Eltern: Sie haben zwar Anspruch auf eine wohnortnahe Grundschule, müssen dort aber nicht hin. Der Staat gibt ihnen Bildungsgutscheine, mit denen sie die freie Wahl zwischen staatlichen und privaten Schulen haben. Schulen unterliegen damit dem freien Wettbewerb. Der Staat soll nur noch die Qualität der Schulen überprüfen und eben die „Bildungsgutscheine“ bereitstellen: Für jedes Kind zahlt er eine bestimmte Summe.

Vorgestellt wurden Erfahrungen mit der Freien Schulwahl aus Schweden, die Anders Böhlmark von der Universität Stockholm untersucht hatte. Seine Ergebnisse: Im Grundschulbereich, der in Schweden die ersten neuen Schuljahre umfasst, lassen sich – sehr leichte – Verbesserungen der Leistungen von Schülern sowohl in den privaten als auch in den öffentlichen Schulen feststellen, allerdings auch eine Zunahme der ethnischen und sozialen Trennung. Denn es sind vor allem die gebildeteren Eltern, die die Freie Schulwahl in Anspruch nehmen und Eltern mit Migrationshintergrund wählen für ihre Kinder oft religiöse Schulen. Für die Grundschule ist dieser Effekt gering, denn hier entscheidet die Nähe zum Wohnort oder die Reihenfolge der Anmeldung, ob ein Kind an einer Schule angenommen wird.

Sehr hoch ist die „Sortierung“ jedoch an den Gymnasien, da diese nach Leistung auswählen dürfen. „Das führt dazu, dass Schüler mit mittelmäßigen Leistungen weiter fahren müssen“, so Böhlmark. Die Wirkungen dieser stärkeren Trennung der Gymnasialschüler auf ihre Leistungen ist noch nicht untersucht. Den Vorteil der Freien Schulwahl sieht Böhlmark vor allem in der Zufriedenheit der Eltern: „Die sind froh, dass sie wählen können.“

Sybille Volkholz, Leiterin des „Bürgernetzwerk Bildung“ des Vereins Berliner Kaufleute und Industrieller, hält ein Umdenken von Lehrern und Schulleitern für erforderlich. „Wir sind dafür verantwortlich, wie die Kinder unsere Schule verlassen.“ Dazu will sie auch prüfen, wie Geld Anreize zur Veränderung schaffen kann, damit sich die Schulen verantwortlicher fühlen. Das Modell der Bürgerschule schafft über das Gutscheinmodell diese Anreize. Allerdings dürfe dieses System nicht nur den Gebildeten nutzen. Sabine Dübbers, Bildungsreferentin bei der GEW, betonte, die sehe vor allem die Gefahr der sozialen Entmischung. Katrin Schaar

Katrin SchaarD

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