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Hannelore Knoblich, ehemalige Jugendstadträtin und bis 2014 stellvertretende Vorsitzende der Stadtverordnetenversammlung.

© M. Thomas

Frauentag in Potsdam: Hannelore Knoblich: „Ganz oft steht dahinter ein Aber“

Warum die Stadtpolitikerin Hannelore Knoblich den Frauentag nicht leiden kann – und warum er trotzdem gebraucht wird, darüber spricht sie im PNN-Interview.

Frau Knoblich, als wir Sie fragten, ob wir mit Ihnen zum Thema Frauentag sprechen können, war Ihre Antwort: Den Frauentag konnte ich noch nie leiden. Warum?

Der Tag ist mir in unguter Erinnerung. In der DDR wurde überall einfach nur viel Welle gemacht.

Wie sah das aus?

Ich arbeitete damals als Lehrerin. Die wenigen Männer des Kollegiums deckten für die Frauen eine Kaffeetafel und dann tanzten sie in Schürzchen um die Frauen herum und bedienten uns – eine groteske Vorstellung. Ich habe das gehasst.

War der Kuchen wenigstens selbstgebacken?

Nein, der kam sicher aus dem Konsum. Also die Männer haben sich ja durchaus Mühe gegeben. Aber dann wurde manchmal noch getrunken und betrunkene Frauen – na ja.

Jetzt sind aber bald 30 Jahre seit der DDR vergangen.

Die Wende ändert nichts daran, dass ich den Tag komisch finde. Auch wenn in der Frauenpolitik in den Jahren seit damals durchaus einiges passiert ist. Dafür sich einzusetzen, das hat natürlich seine Berechtigung.

Was gab es denn für positive Veränderungen?

Als erstes schwappte damals aus dem Westen die Frauenquote rüber. Ich fand das am Anfang gar nicht gut. Dann hab ich meine Meinung geändert. Die Quote ist ein Instrument, um die Frauen in Positionen zu bringen, in denen sie sich dann beweisen können. Damit sie überhaupt eine Chance bekommen. Aber die Quote wird ja leider nicht überall angewendet. Wir haben zum Beispiel in Potsdam nur eine Frau unter den vier Beigeordneten.

Es gibt Menschen, die sagen, die Frauen hatten es in der DDR leichter.

Manches war tatsächlich einfacher. Einen Kitaplatz zu finden zum Beispiel. In Potsdam bekommt man vielleicht einen, aber oft nicht da, wo man will.

Das Problem ist ja nicht neu. 1992 haben Sie als Jugendstadträtin den Rechtsanspruch auf einen Kitaplatz durchgefochten. Und wussten damals schon, dass es schwierig würde.

Dann kam nämlich der Geburtenknick. Wir hatten plötzlich 2500 freie Plätze und ich wollte 20 der städtischen Kitas schließen lassen. Es kostet ja alles Geld. Da gab es einen riesen Aufschrei, es kamen sogar Journalistinnen aus dem Westen, die fanden das ganz unmöglich. Bis ich ihnen sagte, Potsdam hat insgesamt 178 Kitas. Davon waren viele kleine, alte Villen in desolatem baulichen Zustand, steile Treppen, eben nichts für kleine Kinder. Wir haben dafür neue, moderne, kindgerechte gebaut.

Wie ist denn Potsdam jetzt aufgestellt?

Insgesamt ist Potsdam gut aufgestellt und es gibt es viele Angebote für Sport und Freizeit. Das ist nämlich letztlich Frauenpolitik: Politik, die die Familien unterstützt. Eltern, Großeltern. Es ist wichtig, Bedingungen zu schaffen, die Frauen Wahlfreiheit ermöglichen: Will ich arbeiten, wie viel und wie lange will ich arbeiten, oder will ich mein Kind selber betreuen? Damit ging ich damals mit Regine Hildebrandt, Ministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Frauen, ganz d'accord.  

Sie wurden bei der Kommunalwahl 1990 auf SPD-Ticket in die Stadtverordnetenversammlung gewählt, waren bis 1994 Stadträtin für Bildung, Jugend und Sport und bis 2014 stellvertretende Vorsitzende der Stadtverordnetenversammlung. Und Sie machen bis heute einen absolut resoluten Eindruck. War es immer einfach für Sie?

Ich habe mich jedenfalls immer gegenüber den Männern behaupten können.

Zum Beispiel?

Im Magistrat, so hieß damals die Stadtregierung, saßen acht Männer und zwei Frauen, Ute Bankwitz und ich. Wir mussten ganz schön viel aushalten. Beispiel Kitaplätze. Die einen wollten noch mehr Kitas schließen, die anderen alle behalten. Ich wollte ein ordentliches Konzept erstellen. Da haben mir manche schon sehr deutlich zu verstehen gegeben, dass sie mich da für blöd halten. Es gab sogar einen Abwahlantrag gegen mich, aber dafür fand sich dann doch keine Mehrheit. Außerdem habe ich ein dickes Fell.

Und Sie sind Hutträgerin.

Ja, (lacht) wie Birgit Müller, die Vorsitzende der Stadtverordnetenversammlung. Wir haben uns immer gut verstanden.

Was ist denn schwierig für Frauen in der Politik?

Frauen können sich manchmal gegenseitig behindern. So stutenbeißerisch. Es gibt Mobbing, von Männern und Frauen. Dann finde ich, Frauen könnten ruhig mutiger sein. Selbstbewusster. Und wenn es nicht klappt, sich ein Coaching gönnen. Das gibt es doch jetzt alles. Männer nutzen so etwas mit einer viel größeren Selbstverständlichkeit.

Was machen wir nun mit dem Frauentag? Wird er noch gebraucht?

Ich kann mir vorstellen, dass wir ihn als Datum zur Erinnerung brauchen. Daran, dass es noch viel zu tun gibt – für Frauen und Familien. Aber da gibt es nichts zu begehen oder zu feiern. Es muss auch kein Politiker Blumen in der Fußgängerzone verteilen.

Was wünschen Sie sich von den Männern?

Dass sie den Frauen auf Augenhöhe begegnen – aber dabei aufrichtig sind. Es ehrlich meinen. Ganz oft steht dahinter nämlich ein Aber. Weil sie trotzdem meinen, dass sie alles besser wissen und können.

Sie durften sich 2014 bei ihrem Abschied aus der Kommunalpolitik ins Goldene Buch der Stadt eintragen. Wie fühlte sich das an?

Oh, toll! Nur der Kugelschreiber hat nicht richtig funktioniert. Dafür könnte sich die Stadt mal einen schönen Füller leisten.

Das Gespräch führte Steffi Pyanoe

ZUR PERSON: Hannelore Knoblich (77), lebt seit 1977 in Potsdam. Bis 1990 arbeitete sie als Lehrerin für Kunsterziehung und Geschichte. Nach der politischen Wende trat sie in die Potsdamer SPD ein und zog für die Partei, deren Mitglied sie bis heute ist, bei den ersten freien Wahlen 1990 in die Stadtverordnetenversammlung. Von 1990 bis 1994 war sie Jugendstadträtin, zuletzt bis 2014 stellvertretende Vorsitzende der Stadtverordnetenversammlung. Hannelore Knoblich war lange mit dem ehemaligen Landtagspräsidenten Herbert Knoblich verheiratet. Sie lebt in Babelsberg.

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