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Die Polizei hatte der Kundgebung der "Frauen-Bustour" auf dem Steubenplatz Auflagen erteilt. 

© Ottmar Winter PNN

"Frauen-Bustour": Polizei beendet Corona-Proteste vor Potsdamer Landtag

Am Mittwoch beendete die Polizei eine Kundgebung von Coronaskeptikern am Landtag. Die Polizei ermittelt gegen die "Frauen-Bustour" wegen illegalen Glücksspiels.

Potsdam - Etwa ein Dutzend Menschen haben am Mittwochnachmittag vor dem Landtag gegen die Corona-Maßnahmen demonstriert. Nach eineinhalb Stunden beendete die Polizei die Veranstaltung, weil Abstandsregeln nicht eingehalten wurden. Die "Frauen-Bustour" ist seit mehreren Wochen mit einem Reisebus durch Deutschland unterwegs. Die Behörden ermitteln gegen die Gruppe wegen illegalen Glücksspiels. 

"Ich habe schon immer eine rebellische Ader gehabt", sagte die Rednerin Eva Rosen zum Auftakt auf dem Steubenplatz. Als Kind habe sie nicht früh ins Bett gehen wollen. Schon damals habe sie "alles hinterfragt". Doch heute gehe es um mehr. "Wir gehen gegen Faschismus auf die Straße", sagte Rosen. 

Damit meint sie die Corona-Politik der Bundesregierung. Dann sang Rosen ein selbst komponiertes Lied gegen das Tragen von Masken. Eine andere Teilnehmerin behauptete, dass weniger Menschen an Corona gestorben seien als an der Behandlung im Krankenhaus. 

Im Reisebus durch die Republik

Bereits seit einigen Wochen zieht die "Frauen-Bustour" von Ort zu Ort. Zusammen mit einer Handvoll Anhängerinnen und Anhängern hält Eva Rosen kleine Kundgebungen ab, oft mehrere an einem Tag. Damit will sie nach eigenen Angaben der "Corona-Diktatur" eine "weibliche Energie" entgegensetzen. Zuletzt hatte die krude Reisegruppe am 4. Dezember in Potsdam Halt gemacht. Mittlerweile sind auch Männer an Bord. Das Projekt nennt sich nun "Friedensbus". 

Die Gruppe aus dem Querdenken-Umfeld reist seit Wochen durch Deutschland, Verschwörungsmythen zu verbreiten.
Die Gruppe aus dem Querdenken-Umfeld reist seit Wochen durch Deutschland, Verschwörungsmythen zu verbreiten.

© Ottmar Winter PNN

Im Messengerdienst Telegram postet die Gruppe täglich Fotos und kleine Videos von ihren Aktionen. Fast 10.000 Follower haben den Kanal abonniert. Außerdem filmt ein Reiseteilnehmer, ein Trump-Anhänger namens "Erkan", alle Veranstaltungen und überträgt sie als Livestream auf Youtube. Den Stream der Potsdamer Veranstaltung schauten sich etwa 600 Menschen an.

Schräge Show im Internet

Die Selbstinszenierung der Gruppe auf ihren diversen Kanälen erinnert an Reality-TV. Dramatisch wird es zum Beispiel, wenn mal wieder die Polizei anrückt. Mitunter fließen Tränen, oft bleibt unklar, warum. Regelmäßig stößt die Gruppe auf Gegenproteste. Zum Beispiel von Anhängern der linken Szene, die der Bustour vorwerfen, offen für rechtsextreme Ideen zu sein. Bildern in den sozialen Netzen zufolge wurde der Bus Anfang Dezember mit Farbbeuteln beworfen.  

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Eva Rosen hingegen bezeichnet ihre Gegner als die "wirklichen Faschisten" und sieht sich unfairen Angriffen ausgesetzt. Worum es bei der Bustour genau geht, abgesehen von Corona, scheinen die Teilnehmenden aber selbst nicht so genau zu wissen.  

Eva Rosen ist stellvertretende Vorsitzende der Kleinpartei "Wir 2020". In dieser Rolle gab sie im September dem rechtsextremen Verschwörungsmagazin Compact ein Interview. "Wir 2020" wurde ursprünglich vom Querdenken-Aktivisten Bodo Schiffmann gegründet. Schiffmann hat sich im Sommer aus dem Projekt zurückgezogen, um sich anderen Protestformen zu widmen. Zeitweise war Schiffmann selbst mit einem Protestbus unterwegs.  Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen falscher Atteste, die der HNO-Arzt ausgestellt haben soll.

Weil einige Teilnehmer Abstände nicht einhielten, wurde die Veranstaltung vorzeitig beendet.
Weil einige Teilnehmer Abstände nicht einhielten, wurde die Veranstaltung vorzeitig beendet.

© Ottmar Winter PNN

Auch gegen Eva Rosen und ihre "Frauen-Bustour" ermitteln die Behörden. Der Würzburger Anwalt Chan-jo Jun hat Strafanzeige gestellt. Der Vorwurf: illegales Glücksspiel. In einem Internet-Video hatte Rosen die Zuschauer zum Spenden aufgerufen. Das Angebot: Wer die höchste Spende abgibt, könne ein Abendessen mit den Bustour-Frauen gewinnen. Später wurden die Regeln noch einmal geändert und das "Dinner" wurde unter allen Spendern verlost. 

Dinner ohne Gewinner

"Das ist kein Kavalliersdelikt", sagt Jun den PNN. Wer Gewinnspiele mit Einsätzen von mehr als 50 Cent ohne Genehmigung veranstalte, mache sich strafbar. “Das ist aus gutem Grund verboten.” Das Strafgesetzbuch sieht eine Höchststrafe von zwei Jahren Gefängnis vor. Auch die Teilnehmer würden sich strafbar machen, sagt Jun. "Die Rechtssprechung ist da ziemlich gefestigt." Der Anwalt geht zeitgleich auch gegen den Querdenken-Frontmann Michael Ballweg juristisch vor, dem er vorwirft, von den Coronaprotesten finanziell zu profitieren. 

Die Verfahren wurden auch in den Telegram-Kanal der Gruppe diskutiert. Offenbar ist den "Gewinnern" des Abendessens inzwischen etwas mulmig geworden. In einem aktuellen Video bittet Eva Rosen die beiden Personen, ihren Gewinn doch endlich einzulösen. Offenbar haben sie sich nicht mehr gemeldet. 

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