zum Hauptinhalt

Fortunas Fazit: Große Freiheit

Matthias Matern blickt zurück auf eine beinahe zwanglose Woche

Von Matthias Matern

Pressefreiheit, freier Eintritt, atomwaffenfreie Welt – das unbestritten positiv besetzte Wort Freiheit mit all seinen grammatikalischen und konnotativen Erscheinungsformen hatte diese Woche Konjunktur in Potsdam, ob im weltpolitischen Kontext oder im vermeintlich Kleinen. Ganz groß dürften viele Potsdamer finden, was sich da die Fraktionschefs von SPD und CDU für den Volkspark ausgedacht haben. Am Dienstag überraschten die beiden Parteien mit einer gemeinsamen Initiative für einen künftig kostenlosen Besuch auf dem früheren Buga-Gelände. Vorausgesetzt: Die Stadt zahlt auch weiterhin der Schlösserstiftung jährlich eine Million Euro, damit der Eintritt im Park Sanssouci ebenfalls frei bleibt. Rund 200 000 Euro würde der Spaß kosten.

Im Rathaus aber scheint man gerade ohnehin freigiebig zu sein: Um die Lücken beim Kita-Personal zu schließen, will der Oberbürgermeister, wie er am Mittwoch vor den Stadtverordneten ankündigte, viereinhalb Millionen Euro vorschießen – immerhin drei Millionen mehr als geplant. Das Geld will er sich, bestärkt durch ein Rechtsgutachten, freilich wiederholen, und zwar vom Land. Die Stadtpolitiker ihrerseits setzen am Mittwoch noch eins drauf: Ein Zeichen von globaler Bedeutung sozusagen. Schulter an Schulter – wenn auch erst nach halbstündiger Diskussion – stellten sie sich gegen die nukleare Bedrohung auf unserem Planeten und folgten einem Antrag der Grünen und Linken für eine atomwaffenfreie Welt.

Mediengipfel M100 sendet Botschaft für mehr Pressefreiheit

Mehr Gehör finden dürfte da schon die Botschaft für mehr Pressefreiheit, die in diesem Jahr von dem renommierten Potsdamer Mediengipfel M100 ausgeht. Am Donnerstagabend wurde in der Orangerie im Park Sanssouci eine Persönlichkeit ausgezeichnet, die weiß, was es heißt, in seiner Freiheit beschnitten zu werden: Die russische Medienunternehmerin Natalja Sindejewa, Gründerin und Chefin von Doshd TV, des einzigen verbliebenen unabhängigen Fernsehsenders in Russland, der nach einem erzwungenen Sendestopp heute im Internet weitermacht.

Leider wurde diese Woche auch deutlich, wo es in Potsdam in Sachen Freiheit noch hapert. In den Geburtshäusern und Hebammenpraxen der Stadt zum Beispiel. Teilweise bis März 2018 sind die ausgebucht. Der Grund: Die Geburtenrate in Potsdam steigt, während wegen der schlechten Arbeitsbedingungen immer weniger Frauen Lust auf den Beruf der Hebamme haben. Auch kaum noch etwas frei ist in den Studentenwohnheimen der Stadt, zumindest in den erschwinglichen. Laut Studentenwerk stehen für das Wintersemester 2852 wohnungssuchende Studierende auf der Warteliste. Frei sind 210 Zimmer. Keine Wahlfreiheit.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false