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Die Initiative „Flüchtlinge Willkommen“ vermittelt nun auch in Potsdam Zimmer und Mitbewohner.

© Klaudia Lech/ „Flüchtlinge Willkommen“

"Flüchtlinge Willkommen" vermittelt WG-Zimmer: Zimmer frei

Eine neue Initiative will Flüchtlinge in Wohngemeinschaften unterbringen - auch in Potsdam. Bisher gibt es 50 Interessenten. Noch fehlen aber freie WG-Zimmer.

Von Katharina Wiechers

Potsdam - 1500 Flüchtlinge hat Potsdam im vergangenen Jahr aufgenommen, möglicherweise noch einmal so viele werden es 2016. Sie alle brauchen früher oder später eine Wohnung, doch angesichts des angespannten Mietmarktes in Potsdam scheint das ein fast unmögliches Unterfangen. Auf unbestimmte Zeit müssen die Menschen aus Syrien, Afghanistan oder Eritrea also in den Heimen ausharren, fast immer mit anderen Menschen in einem Zimmer, meist ohne große Privatsphäre. Doch auch Privatpersonen können Flüchtlinge bei sich aufnehmen, die Kosten übernimmt in den meisten Fällen der Staat. Bislang lief die Vermittlung von privatem Wohnraum über die Stadt Potsdam, jetzt ist eine weitere Möglichkeit hinzugekommen: Die Initiative „Flüchtlinge Willkommen“ vermittelt nun auch WG-Zimmer an Flüchtlinge in der Stadt.

Gegründet 2014 in Berlin gibt es nun auch eine Lokalgruppe der Initiative in Potsdam, die sich nur auf Vermittlungen in der Landeshauptstadt konzentriert. Das Prinzip funktioniert folgendermaßen: Auf der Webseite „Flüchtlinge Willkommen“ können sich Potsdamer, die ein Zimmer in ihrer Wohngemeinschaft oder auch ein Gästezimmer in ihrer Wohnung anbieten wollen, registrieren. Gleiches gilt für Flüchtlinge auf der Suche nach einem WG-Zimmer. Ebenso gesucht werden freiwillige Begleiter, die sozusagen als Mittler zwischen Flüchtlingen und Wohnraumgebenden fungieren.

"Die Chemie muss stimmen"

„Wenn wir ein WG-Zimmer angeboten bekommen, suchen wir nach einem geeigneten Mitbewohner“, erklärt Gianina Kratzat, die in der Potsdamer Lokalgruppe aktiv ist. Dann folgt meist ein Telefonat, bei dem offene Fragen zum Beispiel zum Mietvertrag geklärt werden. Anschließend gibt es ein erstes Treffen zwischen den Mitbewohnern und dem Flüchtling – organisiert von dem ehrenamtlichen Begleiter. „Dabei geht es um eine Wohnungsbesichtigung, aber vor allem auch um das gegenseitige Kennenlernen. Die Chemie muss stimmen, wie bei jeder anderen WG auch“, sagt Kratzat.

Dann muss die Finanzierung geklärt werden. Bei Flüchtlingen, deren Asylverfahren noch läuft und die Geld nach dem Asylbewerberleistungsgesetz bekommen, übernimmt der Fachbereich Soziales und Gesundheit der Stadt Potsdam die Mietkosten. Bei Flüchtlingen mit anerkanntem Asylstatus zahlt in der Regel das Jobcenter. In beiden Fällen gilt: Die Kosten müssen „angemessen“ sein, Richtwert ist zum Beispiel bei der Stadt eine Bruttokaltmiete von 380 Euro.

Sechs Berliner Studenten bauen Potsdamer Ableger auf

„Bei den entsprechenden Anträgen kann möglicherweise der Begleiter helfen“, sagt Kratzat. Auch die Mitarbeiter von „Flüchtlinge Willkommen“ helfen bei Problemen weiter – wobei Mitarbeiter eigentlich nur auf einen Bruchteil der Mitwirkenden zutrifft. Bezahlt ist nur das sogenannte Kernteam der Non-Profit-Organisation in Berlin, die Lokalgruppen basieren auf ehrenamtlicher Arbeit. Die Potsdamer Gruppe setzt sich aus sechs Studenten der Berliner Universität der Künste zusammen. Im Rahmen eines Praxissemesters bauen sie den Potsdamer Ableger auf. Wenn sie wieder an die Uni zurückkehren, soll er von anderen Ehrenamtlichen übernommen werden.

Die Resonanz in Potsdam sei bislang sehr positiv, sagt Kratzat. Insgesamt etwa 50 Begleiter und Flüchtlinge hätten sich bereits angemeldet. Was noch fehle, seien freie WG-Zimmer. Voraussetzung für die Anmeldung ist, dass in der Wohngemeinschaft beziehungsweise in der Wohnung ein eigenes Zimmer für den Flüchtling zur Verfügung steht – ein Platz auf der Couch im Wohnzimmer ist also nicht das richtige. Präferenzen wie etwa zum Geschlecht oder Alter können angegeben werden – je spezifischer die Voraussetzungen sind, desto unwahrscheinlicher wird aber auch eine erfolgreiche Vermittlung des Zimmers. 

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