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Flüchtlinge in Potsdam: Task-Force soll bei Unterbringung helfen

Potsdam muss 700 neue Plätze für Flüchtlinge schaffen - und das recht schnell. Vier neue Unterkünfte sollen in den kommenden Wochen entstehen, auch ungewöhnliche Orte werden in Betracht gezogen. Auf die Unterbringung in Zelten und Turnhallen will die Verwaltung noch verzichten.

Von Katharina Wiechers

Potsdam - Angesichts der dramatisch gestiegenen Flüchtlingszahlen hat Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) eine neue Task-Force ins Leben gerufen. Das Gremium unter Vorsitz des Sozial-Fachbereichsleiters Frank Thomann soll sich vor allem um die Unterbringung der Asylbewerber kümmern – allein in den kommenden Monaten müssen mehr als 700 neue Plätze geschaffen werden. Eine weitere Schwierigkeit kommt auf Potsdam zu: Weil die Brandenburger Erstaufnahmeeinrichtung in Eisenhüttenstadt maßlos überlaufen ist, schickt das Land ab sofort auch Flüchtlinge nach Potsdam, die noch kein Asyl beantragt haben. Dies muss dann von der Kommune bearbeitet und entschieden werden – genauso wie eine mögliche Abschiebung.

Asylbewerber werden nicht mehr in Eisenhüttenstadt registriert

„Das ist eine große Herausforderung für unsere Ausländerbehörde“, sagte Sozialdezernentin Elona Müller-Preinesberger (parteilos) am Mittwoch. Sie habe darauf hingewiesen, dass dies problematisch sei. „Aber das Land kommt mit den Anträgen nicht hinterher.“ Eigentlich ist vorgesehen, dass alle Flüchtlinge, die Brandenburg aufnehmen muss, zunächst in die Erstaufnahmeeinrichtung kommen und dort Asyl beantragen. Erst wenn sie offiziell Asylsuchende sind, sollen sie nach einem Schlüssel auf die Kommunen verteilt werden. Die Regelung wird nun ausgesetzt, die Flüchtlinge werden nur noch registriert und gesundheitlich durchgecheckt, bevor sie weitergeschickt werden.

Doch weitaus größere Probleme hat die Stadt – wie viele Kommunen in Deutschland – mit der Beschaffung von Wohnraum. Zum einen will Potsdam deshalb die bisherige Mindestquadratmeterzahl von acht auf sechs herabsetzen, um mehr Platz in bestehenden Unterkünften zu schaffen. Zum anderen müssen kurz- und mittelfristig neue Herbergen geschaffen werden. Zu den bereits bekannten Standorten soll bereits Ende September oder Anfang Oktober eine Unterkunft im Nobel-Viertel Berliner Vorstadt bezugsfertig sein, wie Müller-Preinesberger am Mittwoch ankündigte. Das bislang leer stehende Gebäude werde von der Stadt für fünf Jahre angemietet. Dort könnten 100 Menschen untergebracht werden.

Unterbringung auf Schiffen?

Auch unkonventionelle Wege will die Stadt gehen. So wird geprüft, Flüchtlinge möglicherweise in Kabinenschiffen auf der Havel unterzubringen. Eine Reederei habe das der Stadt angeboten, sagte Thomann. Eine Unterbringung auf Schiffen habe den Vorteil, dass die Versorgung – also Strom, Wasser, sanitäre Anlagen – bereits vorhanden sei und dass durch die Kabinen eine gewisse Privatsphäre bestehe.

Wo in Potsdam die Schiffe liegen könnten, sei noch unklar. Außerdem will die Stadt sich um Leichtbauhallen bemühen – diese werden laut Müller-Preinesberger normalerweise für Soldaten in Kriegsgebieten errichtet. Die Hallen seien isoliert und beheizbar und könnten in mehrere Räume unterteilt werden. Bis zu 48 Menschen finden in einer Halle Platz, im Oktober oder November könnten sie zur Verfügung stehen. Derzeit würden Grundstücke identifiziert, auf denen solche Hallen aufgestellt werden könnten.

Flüchtlinge kommen bei Landwirten unter

Parallel dazu sollen wie berichtet weitere Flüchtlinge in Wohnungen der Pro Potsdam und bei Landwirten, die ihre Unterkünfte für Saisonarbeiter bereitstellen, untergebracht werden. Im Oktober wird außerdem planmäßig ein neues Heim in der Straße An den Kopfweiden am Schlaatz eröffnet, hinzu kommen noch Unterkünfte in der Straße Zum Handelshof im Industriegebiet Rehbrücke und ein weiteres in der Berliner Straße.

Sozusagen als Puffer soll auch die Preußenhalle in Groß Glienicke als Unterkunft vorbereitet werden. Hintergrund sei, dass Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) die Kommunen dazu aufgefordert habe, den sogenannten Notfallplan in Kraft zu setzen, erklärte Oberbürgermeister Jakobs. Ein solcher Notfall könnte zum Beispiel eine sprunghafte Erhöhung der Flüchtlingszahlen sein. Die Stadt brauche die Sicherheit, dass Flüchtlinge warm, trocken und sicher untergebracht werden könnten, so Müller-Preinesberger.

Unklar, wie viele Flüchtlinge noch nach Potsdam kommen

Seit einigen Wochen haben sich die Modalitäten der Flüchtlingszuweisungen aus Eisenhüttenstadt geändert. Während bis vor Kurzem Potsdam dem Land neu freigewordene Plätze meldete und dann entsprechend viele Menschen geschickt bekam, werden die Flüchtlinge nun sozusagen ungefragt verteilt. So hat die Stadt teilweise nur zwei Tage Zeit, um sich auf die Ankommenden vorzubereiten.

Dennoch hofft die Verwaltung, weiterhin auf Zelte und Turnhallen verzichten zu können. Diese und nächste Woche werde dies mit Sicherheit gelingen, sagte die Sozialdezernentin. Allerdings ist derzeit völlig unklar, wie viele Flüchtlinge noch in diesem Jahr nach Potsdam kommen. Die jüngste Prognose geht von 1600 aus, dies wird angesichts der Entwicklungen in Ungarn aber kaum zu halten sein.

Müller-Preinesberger rechnet damit, dass 2016 das Budget für die Flüchtlinge erhöht werden muss. 2015 komme die Stadt mit den veranschlagten 5,1 Millionen Euro wohl gerade so hin. Die 6,4 Millionen Euro, die für das kommenden Jahr im Doppelhaushalt eingeplant waren, müssten aber wahrscheinlich nach oben korrigiert werden.

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