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Neben dem Rechenzentrum wird der Turm der Garnisonkirche aufgemauert.

© Soeren Stache/dpa

Finanzierung des Wiederaufbaus der Garnisonkirche: Kritiker fordern Transparenz und Förderstopp

Kritiker des umstrittenen Wiederaufbaus der Garnisonkirche haben die überwiegend öffentliche Finanzierung dokumentiert. Nun fordern sie Transparenz über die Verwendung der Mittel und eine Prüfung der Förderung.

Potsdam - Im Streit um den Wiederaufbau der Garnisonkirche wächst der Druck auf den Bauherren - die Stiftung Garnisonkirche Potsdam. Dabei geht es diesmal weniger um die inhaltliche Aspekte des umstrittenen Projekts, sondern um die Intransparenz der Finanzierung und die Verwendung der für das Projekt bereitgestellten öffentlichen Mittel. Kritiker fordern nun eine Offenlegung der Finanzplanung durch Stiftung und Fördergesellschaft. Außerdem sollen öffentliche Geldgeber, insbesondere die Bundesbeauftragte für Kultur und Medien Monika Grütters (CDU), ihre finanzielle Unterstützung einfrieren, solange der Bundesrechnungshof die Förderung prüft und keinerlei neue Förderungsbewilligungen mehr erteilen.

Anlass ist die Veröffentlichung einer Dokumentation durch Kritiker des Projekts. Sie wurde am Mittwoch von Philipp Oswalt vom Lernort Garnisonkirche, Sara Krieg von der Bürgerinitiative für ein Potsdam ohne Garnisonkirche und Carsten Linke vom Verein zur Förderung antimilitaristischer Traditionen in der Stadt Potsdam vorgestellt. 

Auf 23 Seiten hat das Team die Entwicklung und Finanzierung des Projekts aus Publikationen, Protokollen und mithilfe von Anfragen bei Bundesbehörden nach dem Informationsfreiheitsgesetz rekonstruiert. Vieles davon war bereits bekannt. Teilweise sind die offenen Fragen seit Jahren unbeantwortet. Dennoch erzeugt die Zusammenschau einen gewissen Nachdruck - zumal das Projekt Wiederaufbau ja einst mit dem Anspruch gestartet war, sich aus privaten Spenden zu finanzieren.

Turmbau überwiegend aus Steuergeld finanziert

Wie berichtet war der Bund im Jahr 2013 in die Förderung eingestiegen. Anfangs ging es um zwölf Millionen Euro. Zuletzt kamen im vergangenen Jahr mit dem Entwurf für den neuen Bundeshaushalt 4,5 Millionen Euro dazu, um Mehrkosten durch gestiegene Baupreise aufzufangen. Damit stecken im Aufbau des 88 Meter hohen Kirchturms nun insgesamt 24,75 Millionen Euro aus Bundesmitteln. Die Stiftung für den Wiederaufbau der Garnisonkirche hatte die voraussichtlichen Kosten im April 2020 mit rund 40,5 Millionen Euro angegeben, damals fehlten noch etwa fünf Millionen Euro an Spendengeldern. Im November war dann sogar von 44 Millionen Euro Gesamtkosten die Rede. 

Der Turmbau wird also überwiegend aus staatlichen Mitteln bezahlt. Das betonen nun auch die Kritiker und leiten daraus ab, dass die Stiftung der Öffentlichkeit Rechenschaft schuldig sei. "Wir fordern daher von Stiftung und Fördergesellschaft eine Offenlegung ihrer Finanzen." 

Architekturprofessor Philipp Oswalt, Initiator des "Lernort Garnisonkirche"
Architekturprofessor Philipp Oswalt, Initiator des "Lernort Garnisonkirche"

© Sebastian Rost

Außerdem erheben die Kritiker um Oswalt Vorwürfe: "Die aktuellen und fortdauernden Finanzprobleme der Stiftung sind nicht irgendwelchen überraschenden Entwicklungen geschuldet, sondern waren vorhersehbar", sagte er. Die Finanzsituation sei mit mehreren Tricks schön gerechnet und damit ein unzutreffendes Bild der finanziellen Bedingungen gegeben worden. "So wurde Unterstützung und Geld für das Projekt organisiert, die bei einer ehrlichen Darstellung nicht möglich gewesen wäre."

Sinneswandel beim Fördermittelgeber

Auch der wichtigste Fördermittelgeber, das Haus von Kulturstaatsministerin  Monika Grütters (CDU), kommt in der Dokumentation nicht gut weg. So hieß es im 2017 ausgestellten Förderbescheid: "Die über der Festbetragsfinanzierung des Bundes liegenden Kosten einschließlich aller Finanzierungsrisiken – liegen bei der SGP." Eventuelle spätere Kostensteigerungen seien unabhängig von ihren Ursachen allein durch die Stiftung zu erbringen. 

Noch eine Rekonstruktion: Kulturstaatsministerin Monika Grütters mit Berlins Regierendem Bürgermeister Michael Müller im Humboldt-Forum. 
Noch eine Rekonstruktion: Kulturstaatsministerin Monika Grütters mit Berlins Regierendem Bürgermeister Michael Müller im Humboldt-Forum. 

© Britta Pedersen/dpa

Im vergangenen Jahr teilte die Grütters-Behörde dann mit, dass sich bei vielen Projekten Mehrausgaben ergeben, die von den Zuwendungsgebern, den Bauherren oder anderen Finanzgebern und Spendern finanziert werden müssen, wenn man nicht eine Ruine hinterlassen will. "Es wurde daher entschieden für die weiter drohenden Mehrausgaben Haushaltsvorsorge zu treffen, weil es völlig ausgeschlossen ist, in diesem Stadium den Bau abzubrechen."

Wie berichtet nimmt der Bundesrechnungshof die Förderung des Projekts derzeit ohnehin unter die Lupe. Die Kritiker fordern nun, dass noch nicht ausgezahlte Fördergelder auf Eis gelegt werden sollen. Es dürften keinerlei neue Förderungsbewilligungen mehr erteilt werden, bevor der Abschlussbericht des Bundesrechnungshofs vorliege. Dieser Forderung schloss sich am Mittwoch auch die stellvertretende Vorsitzende der Grünen-Bundestagsfraktion Anja Hajduk an.

Stiftung verweist auf Mehrheitsentscheidungen

Bei der Stiftung mag man den Forderungen nicht folgen. "Seit Gründung von Fördergesellschaft und Stiftung werden Jahresabschlüsse geprüft und attestiert, die zuständigen Stellen der Vereins- und Stiftungsaufsicht, die Wirtschaftsprüfgesellschaften und letztlich die Fördermittelgeber und seit vergangenem Jahr auch der Bundesrechnungshof, gehen alle mit professioneller Sorgfalt an ihre Aufgaben", sagte Kommunikationsvorstand Wieland Eschenburg den PNN. 

Die demokratische Legitimation ziehe der Wiederaufbau aus sämtlichen mit guter Mehrheit gefassten Beschlüssen in den politischen und kirchlichen Parlamenten. "Wenn man in solcherlei Abstimmungen mit seiner Meinung keine Mehrheit gefunden hat, gehört es zum guten Ton, diese Mehrheitsmeinung zu akzeptieren." Die Frage nach dem Spendenstand beantwortete die Stiftung - wie immer - auch am Mittwoch nicht. 

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