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Der Eingang zum Studio Babelsberg.

© Andreas Klaer

Filmstudios Babelsberg: Übernahme mit Hollywood-Niveau

Die Studio Babelsberg AG wird wohl an einen milliardenschweren Investmentfonds verkauft - allerdings an dessen Immobilientochter. Aktionärsschützer verlangen Informationen. Die Landesregierung fordert den Erhalt der Arbeitsplätze.

Potsdam - Eine plötzliche Wendung, eine ungewisse Zukunft für die Akteure und eine vorerst unbekannte neue Figur, deren genaue Absichten nicht ganz klar sind – die Entwicklungen rund um die mögliche Übernahme von Studio Babelsberg hätten schon ein paar Zutaten für einen spannenden Film. Wie gut er wird, weiß man allerdings erst am Ende. 

Klar ist bisher, dass der Filmstandort Babelsberg vor Veränderungen steht. Ein großer US-amerikanischer Investmentfond will die Mehrheit der Studio Babelsberg AG übernehmen und den Kleinaktionären in Kürze ein Übernahmeangebot machen. Eine entsprechende Mitteilung hatte die Studio Babelsberg AG in der Nacht zu Freitag verschickt. Die Hauptaktionärin der Studio Babelsberg AG, die Filmbetriebe Berlin Brandenburg GmbH, habe mit der Firma TPG Real Estate Partners (TREP) eine Vereinbarung abgeschlossen, die TREP ermöglichen soll, eine Mehrheitsbeteiligung an der Studio Babelsberg AG zu erwerben, hieß es darin. 

Woebcken und Fisser sollen beteiligt bleiben

Bei dem Investor handelt es sich um die Immobilientochter des US-Mischfonds TGP mit Sitz im texanischen Fort Worth. TPG wurde im Jahr 1992 gegründet und verwaltet nach eigenen Angaben weltweit ein Vermögen von aktuell rund 108 Milliarden US-Dollar. TREP wiederum verfüge als Plattform für Immobilieninvestments über ein verwaltetes Vermögen von 5,6 Milliarden US-Dollar. Carl Woebcken, Vorstandsvorsitzender, und Christoph Fisser, Vorstand der Studio Babelsberg AG, bleiben auch weiterhin an Studio Babelsberg beteiligt, hieß es von TGP. Der Abschluss der Transaktion stehe noch unter dem Vorbehalt. 

 Carl L. Woebcken, Vorstandsvorsitzender der Studio Babelsberg AG. 
 Carl L. Woebcken, Vorstandsvorsitzender der Studio Babelsberg AG. 

© Soeren Stache/dpa

Eine direkte Verbindung zur Filmwirtschaft hatte der Investor bisher nicht. Allerdings blicke TGP auf eine umfassende Investitionshistorie in der Medien- und Unterhaltungsbranche zurück, hieß es auf PNN-Anfrage. „Zu den Beteiligungen zählen unter anderem die Creative Artists Agency (CAA), eine der weltweit größten Talent-Agenturen für Film, Fernsehen, Musik und Sport, und Entertainment Partners, ein führender Anbieter von Produktions- und Personalmanagementlösungen für die Unterhaltungsindustrie.“ 

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Beim Investor gibt man sich zuversichtlich: Das Studio Babelsberg biete Studioqualität auf Hollywood-Niveau. „Durch seine Lage in der Nähe des Berliner Stadtzentrums und des Flughafens profitiert das Studio zudem von einem urbanen Umfeld, einem starken lokalen Talentpool und erfahrenen Filmcrews“, heißt es aus Texas.

Investitionen und Standortausbau versprochen

„Der Vorstand und der Aufsichtsrat begrüßen dieses öffentliche Angebot und werden die Investition unterstützen“, wurden Woebcken und Fisser in der Mitteilung von Studio Babelsberg zitiert. „Das Netzwerk und die Finanzierungsmöglichkeiten von TREP sowie die solide Geschäftsgrundlage von Studio Babelsberg werden unsere Position als führender Produktionsstandort in Europa weltweit stärken. Gemeinsam wollen wir unseren Standort ausbauen und Investitionen in neue Technologien und Produktionsmethoden sichern.“ Fragen zum Umfang der Beteiligung und zu den geplanten Investitionen wollte Studio Babelsberg am Freitag nicht beantworten und verwies auf die Angebotsunterlagen, die „zu gegebener Zeit“ veröffentlicht würden. 

4,10 Euro pro Aktie angeboten

Bei den Investoren ist man etwas offener, zumindest was das Angebot angeht: „Im Rahmen der Transaktion plant TREP, ein öffentliches Übernahmeangebot an die Aktionäre der Studio Babelsberg AG für alle ausstehenden Aktien gegen eine Barzahlung von 4,10 Euro je Aktie abzugeben“, hieß es auf PNN-Anfrage.

Aktionärsschützer fordert Informationen

Genauer einschätzen könne man die Offerte allerdings erst, wenn die Angebotsunterlagen vorliegen, sagte Michael Kunert, Sprecher der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger den PNN. Dann werde man sehen, ob das Angebot den Wert des Unternehmens widerspiegelt. Bisher seien viele Fragen offen. So sei unklar, welche Zielstellung der Investor vertrete. Auf der jüngsten, lediglich virtuellen Hauptversammlung ohne Nachfragemöglichkeit für die Aktionäre, an der Kunert auch teilgenommen hat, habe es geheißen, dass eine Neubewertung der Immobilien vorgenommen werden soll. 

Inwieweit die Angebotsunterlagen Aufschluss geben, müsse sich zeigen. Da Studio Babelsberg seit 2016 nicht an der Börse geführt werde und es sich um ein freiwilliges Übernahmeangebot handele, müssten die Informationen nicht so detailliert sein. Durch das Übernahmeangebot allein komme noch kein neues Geld in das Unternehmen, so Kunert. „Da wünsche ich mir mehr Informationen, ob und wie investiert werden soll.“

Wirtschaftsminister Steinbach fordert Arbeitsplatzgarantie

Anfang September war erstmals über einen möglichen ausländischen Investor berichtet worden. Daraufhin hatte sich die Leiterinnen des Filmmuseums Potsdam Ilka Brombach und Christine Handke besorgt gezeigt. Von dem möglichen neuen Hauptgesellschafter werde erwartet, dass er seiner Verantwortung für den Standort gerecht werde, sagte Brandenburgs Wirtschaftsminister Jörg Steinbach (SPD) am Freitag. 

In den nächsten Jahren dürfe es zu keinerlei Entlassungen von Beschäftigten der Studio Babelsberg AG kommen. Das Studio müsse als Produktionsstandort gesichert werden. „Dafür muss auch Geld in die Hand genommen und klug investiert werden“, sagte Steinbach. Man werde Kontakt zu dem neuen Hauptgesellschafter aufnehmen und setze wie bisher auf vertrauensvolle Zusammenarbeit.

Wiege des deutschen Films

Das Studio Babelsberg wurde 1912 gegründet, es ist nach eigenen Angaben das älteste Großatelier-Filmstudio der Welt und die Wiege des deutschen Films. Laut Geschäftsbericht 2020 beschäftigt das Studio 99 feste, 337 projektbezogene befristete Mitarbeiter und 15 Auszubildende. Den Gesamtwert der Studio Babelsberg AG schätzte das Online-Portal wallstreet Anfang September auf 31,35 Millionen Euro. Carl Woebcken und Christoph Fisser hatten das traditionsreiche Unternehmen vor gut 17 Jahren für den symbolischen Preis von einem Euro übernommen. Zudem zahlte ihnen der französische Konzern Vivendi eine Anschubfinanzierung von 18 Millionen Euro. 

Christoph Fisser, Vorstand Studio Babelsberg AG
Christoph Fisser, Vorstand Studio Babelsberg AG

© Studio Babelsberg

Woebcken und Fisser holten Hollywood nach Babelsberg, zahlreiche bekannte Filme entstanden im Studio, Stars wie Matt Damon, Kate Winslet, Quentin Tarantino und Brad Pitt drehten in Potsdam. Erst vor Kurzem wurde in der Marlene-Dietrich-Halle Europas größte LED-Wand in Betrieb genommen. Mit ihr will das Studio weitere Produktionen anlocken. 

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