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Filmstandort Babelsberg: Bilanz und neue Strategien: Wettkampf um Hollywood

In den Filmkulissen im Studio Babelsberg brummt das Geschäft. Warum es trotzdem Sorgen um die Zukunft gibt.

Potsdam - Die Filmfabrik brummt. Rund 700 freie Mitarbeiter hat Studio Babelsberg momentan allein für die Produktion der fünften Staffel der US-Serie „Homeland“ unter Vertrag, ungefähr ebenso viele sind es noch einmal für den Horrorfilm „A Cure for Wellness“ des US-Regisseurs Gore Verbinski („Fluch der Karibik“), wie Babelsberg-Chef Carl L. Woebcken sagt. Und auch für die Blockbuster-Comicverfilmung „Captain America“ ist ein Babelsberger Team in dieser und der kommenden Woche im Einsatz – gedreht wird unter anderem am Flughafen Halle/Leipzig. Das Geschäft läuft, „die Auftragslage ist gut“, sagt Woebcken. Trotzdem richtete er am Montag erneut mahnende Worte an die Bundespolitik, sprach sich für bessere Rahmenbedingungen bei der Filmförderung aus – wieder einmal. Diesmal bekam er dabei Unterstützung von Brandenburgs Ministerpräsidenten Dietmar Woidke (SPD).

Woidke hatte sich zum Setbesuch bei „A Cure for Wellness“ angekündigt. Nachdem Verbinskis Filmteam im Juli auf der Hohenzollernburg bei Hechingen in Baden-Württemberg drehte und danach für Innenaufnahmen in Beelitz-Heilstätten zu Gast war, finden momentan Dreharbeiten in den Babelsberger Studios statt. Pressevertreter waren in der Filmkulisse selbst nicht zugelassen – auch, weil eine Nacktszene in den Kasten sollte, wie es hieß. Verbinski erzählt in seinem Film von einem jungen Mann – gespielt von Nachwuchsstar Dane DeHaan („The Place Beyond The Pines“) –, der seinen Chef aus einem zwielichtigen Wellness-Resort in der Schweiz retten soll.

"Homeland"-Produktion ist für Studio Babelsberg existenziell

Große internationale Produktionen wie Verbinskis Film und „Homeland“ sind für Studio Babelsberg existenziell. Allein mit „Homeland“ sind rund ein Viertel der Studiokapazitäten für ein halbes Jahr ausgelastet, rechnete Woebcken vor. In sechs Studiohallen wurden von den Babelsberger Handwerkern Kulissen für die Serie gebaut, darunter die Zentralen des Bundesnachrichtendienstes und der CIA. Für das Unternehmen bedeutet das ein Stück Planungssicherheit: „Homeland“ sei wichtige Grundlage, um die laufenden Kosten des Studiobetriebs decken zu können, erklärte Woebcken.

Aber auch für die Region sei es ein Wirtschaftsfaktor: Allein 41,5 Millionen Euro würden für die Produktion vor Ort ausgegeben – für Dienstleister, Handwerker, Fachkräfte. Mit internationalen Kinoproduktionen wie „A Cure for Wellness“ würden Hunderte freie Mitarbeiter an den Standort gebunden, so der Studiochef. Einen Pool von 2500 bis 3000 freien Mitarbeitern habe Studio Babelsberg mittlerweile in Berlin-Brandenburg in der Hinterhand – beschäftigt werden sie jedoch nur jeweils projektweise.

Filmstandort Deutschland gerät ins Hintertreffen

Gerade um solche Großprojekte ist der internationale Wettbewerb aber hart geworden. Ein Hauptargument für die Produzenten ist dabei die staatliche Förderung. In Deutschland können seit 2006 aus dem Deutschen Filmförderfonds (DFFF) bis zu 20 Prozent der vor Ort ausgegebenen Kosten entnommen werden – es gilt jedoch eine Kappungsgrenze von maximal zehn Millionen Euro pro Film, außerdem wurde der DFFF trotz Protesten aus der Branche von zuletzt 70 auf 50 Millionen Euro im Jahr gekürzt. Damit gerate der Filmstandort Deutschland immer weiter ins Hintertreffen, befürchtet Woebcken: „Wir sind in Deutschland, was große Produktionen betrifft, nicht da, wo wir sein könnten.“ In dieser Einschätzung wird er von Ministerpräsident Woidke unterstützt. „Wir brauchen dringend bessere Rahmenbedingungen auf Bundesebene“, betonte Woidke.

Welche negativen Folgen der Förderwettkampf haben kann, hat Babelsberg in diesem Jahr erlebt. Für die Produktion „Ghost in the Shell“, die Verfilmung eines japanischen Manga-Comics mit Hollywood-Star Scarlett Johansson, steckte das Studio bereits weit in den Vorbereitungen, wie Studiochef Woebcken sagt: „Wir hatten uns fest auf diese Produktion verlassen.“ In der Planung sei das Projekt immer größer und teurer geworden. Weil die Filmförderung nicht entsprechend mitwachsen konnte, entschieden sich die Produzenten aber schließlich kurzfristig gegen Babelsberg und wichen nach Neuseeland aus.

Medienboard bezuschusst Homeland

Auch Kirsten Niehuus, Chefin des Medienboards Berlin-Brandenburg, der Filmförderanstalt beider Länder, verweist auf die teils deutlich besseren Konditionen, mit denen Länder wie England oder neuerdings Serbien Großproduktionen locken. „Wir brauchen in Deutschland ein Förderprogramm, das dem Wettbewerb standhält“, forderte sie. Regionale Filmförderanstalten wie das Medienboard könnten die entstandene Lücke nicht ausgleichen, betonte Niehuus. Das Medienboard bezuschusst „Homeland“ mit einer Million Euro, „A Cure for Wellness“ mit 500 000 Euro. Die Summen fließen als bedingt rückzahlbare Darlehen – das heißt: Wenn die Produktionen Erfolg an der Kinokasse und auf dem Markt haben, wird die Förderung zurückgezahlt.

Für das laufende Jahr rechnet Babelsberg-Chef Woebcken dennoch mit einem besseren Gesamtergebnis als für 2014, als das Studio mit 2,4 Millionen Euro im Minus landete. „Dieses Jahr werden wir einen Gewinn machen“, sagte Woebcken den PNN. Für „Homeland“ und „A Cure for Wellness“ wird noch bis Ende November gedreht. Verhandlungen über ein weiteres Projekt laufen noch. Wenn die letzte „Homeland“-Klappe fällt, werden die ersten Folgen bereits ausgestrahlt: US-Starttermin ist der 4. Oktober.

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