zum Hauptinhalt
Teurer Spaß. Ein Film von Orwo (Original Wolfen) kostete etwa 22 Mark.

© R. Budweth

Filmmuseum Potsdam: DDR-Homevideos: Fünf Minuten für 22 Mark

Omis Geburtstag oder der Urlaub auf Super 8: Das Filmmuseum sucht Dokumente für die Ausstellung „Home Movie Come Back“.

Audrey Hepburn tat es, Ringo Starr tat es und mit Sicherheit auch viele normale Menschen und Potsdamer: sich lässig mit einer Schmalfilmkamera in der Hand fotografieren lassen. Das war in den 1950er- und 60er-Jahren sehr angesagt, fast schon eine Mode, sagt Filmtechnik-Historiker Ralf Forster. Jetzt sucht das Filmmuseum Potsdam unter anderem solche Schnappschüsse für eine Foyerausstellung, die am 6. Juli eröffnet werden soll. „Home Movie Come Back – Filmamateure gestern und heute“ wird anlässlich des internationalen Home Movie Day am 20. Oktober zusammengestellt. Anhand von Fotos und anderen bildhaften Dokumenten soll die Geschichte des privaten Heim-Filmens erzählt werden. Am Home-Movie-Tag selbst werden dann auch private Filme gezeigt.

Um zunächst die Ausstellung zu bestücken, bittet das Filmmuseum die Brandenburger um Mitarbeit. Denn zwar existiert reichlich Filmmaterial in heimischen Archiven. Fotos und andere Dokumente, die das Filmen und Filmeschauen dokumentieren, sind eher selten. Forster, der als stellvertretender Sammlungsleiter am Filmmuseum die Ausstellung mitkuratiert, hofft auf Fotos, die zeigen, wie die Familie beim Filmabend im Wohnzimmer zusammensitzt. Schnappschüsse, die Opa mit der Kamera in der Hand beim Filmen der Enkelkinder zeigen. Oder Handzettel, die im Treppenhaus des Wohnblocks hingen: Heute bei Müllers Filmabend zum Hoffest. „Solch Material ist extrem selten, das wurde ja doch in den meisten Fällen weggeworfen“, sagt Forster. Er hofft, dass sich in privaten Archiven dennoch einiges finden wird.

Entwicklung von 1904 bis heute

Gefilmt wurde natürlich nicht nur im Osten und auch nicht erst seit den 60er-Jahren. Das private Filmen begann mit der Entwicklung der ersten Kamera um 1904. Die Ausstellung im Filmmuseum will die Entwicklung von damals bis heute dokumentieren, in Ost- als auch Westdeutschland. Da gibt es vieles, worin sich beide Länder ähnelten – aber auch Unterschiede. „Die Familie war hier wie dort das wichtigste Motiv, am meisten wurden Kinder gefilmt“, sagt Forster. Geburtstage, Hochzeiten, kirchliche Feste oder ein Ausflug mit der Tante wurden filmisch festgehalten, der Urlaub oder der Bau des eigenen Häuschens protokolliert. Ebenso die Ankunft des neuen Autos. Das passierte in Westdeutschland natürlich häufiger, sagt Forster. „Im Osten war es eher das neue Fernsehgerät oder Moped.“

Allen gemein war, dass man damals in der Familie für die Familie filmte – nicht wie heute für die breite Öffentlichkeit. Das Filmen war ein Gemeinschaftsprojekt, von der Vorbereitung über die Durchführung bis zum gemütlichen Filmabend auf der Couch. Das sei heute ganz anders: „Man wendet sich mit seiner Aufnahme an alle, wenn man ins Internet und damit in die Öffentlichkeit geht“, sagt Forster. Wenn die Aufnahmen mit einer Handykamera entstehen, sei es wie ein Appell hinaus in die Welt, „eine bewusste Selbstdarstellung“. Es werde heute auch viel weniger ausgewählt oder reflektiert, was man aufnimmt. „Es wird permanent gefilmt. Zudem suggeriert die Werbeindustrie, dass man da mitmachen soll.“

Enwickeln von Filmrollen war teuer

Damals war das Amateurfilmen ein eher teures Hobby. Leisten konnte sich das in der DDR nicht jeder. Ein Orwo-Film für fünf Minuten Drehzeit kostete etwa 22 Mark, so viel wie ein kleiner Wocheneinkauf. Da überlegte man sich sehr genau, wie man die Sekunden aufteilte. Der Projektor Weimar 2 von 1956, damals ein beliebtes Modell für kleine Kinoabende, kostete etwa 450 Mark. „Das entsprach zu der Zeit zwei durchschnittlichen Monatsgehältern“, sagt Forster.

Zudem brauchte man auch mal Ersatzteile und musste sich auch das Entwickeln der Filmrollen leisten können. Die wenigsten verfügten über die entsprechende Technik zu Hause. „In der Regel schickte man die Spule an das Kopierwerk nach Berlin Schöneweide. Wochen später kam das Material zurück und erst dann wusste man, was da drauf ist.“

"Das guckt sich angenehmer.“

Das ist in den heutigen digitalen Zeiten unvorstellbar. Und trotzdem erlebt das Filmen mit Super 8 gerade ein zartes Comeback. In Berlin gibt es Geschäfte mit Zubehör und es wird sogar eine neue Kamera entwickelt. Forster erklärt sich das mit der besonderen Qualität der Aufnahmen. „Es ist eine andere, tiefere Farbigkeit, fast dreidimensional“, sagt der Filmexperte. „Digitale Aufnahmen sind zudem durchgehend scharf, ein analoger Film nur dort, wo der Fokus liegt. Das guckt sich angenehmer.“

Was außerhalb des Fokus liegt, die Randinformation, die es zufällig ins Bild geschafft hat, findet Forster allerdings interessant. „Das kann zum Beispiel ein besonderes Haus sein, das es heute nicht mehr gibt.“ Aber erst am Home Movie Day im Oktober werden die Filme der Potsdamer mit einem schonenden Sichtgerät angeschaut und ausgewählte Filme dann öffentlich gezeigt. Zudem gibt es eine Beratung zum Umgang mit dem kostbaren Material. „Wenn es nach Essig riecht, ist das ein Zeichen dafür, dass sich der Filmstreifen zersetzt“, sagt Forster. „Dann bleibt nur noch die Digitalisierung.“

Bilder vom Filmen können bis 15. April per E-Mail an forster@filmmuseum-potsdam.de geschickt werden.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false