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Film über Garnisonkirche: Eine Art von Trauergottesdienst

Ein neuer Film widmet sich der Garnisonkirche in Potsdam, er war vorab in der Nagelkreuzkapelle zu sehen. Im Anschluss wurde über den Wiederaufbau diskutiert.

Potsdam - In Zeitlupe sinkt der majestätische Turm danieder. Eben noch überragte er die umliegenden Gebäude. Die Spitze des Turms fehlte schon, die Mauern waren bereits geschunden. Aber die einem Sakralbau innewohnende Aura hatte sich noch nicht gänzlich verflüchtigt. Doch jetzt, in diesen Momenten, unter den Klängen der Johannespassion von Johann Sebastian Bach, bricht der Turm ein, Staubwolken steigen empor, das Gemäuer fällt zusammen und wird zu Schutt. „Herr, unser Herrscher, dessen Ruhm in allen Landen herrlich ist“: Klänge des Eingangs-Chores der Johannespassion durchweben akustisch die gespenstische Sprengszene. Gegensätzlicher geht es kaum: Ein Haus, gebaut zur Ehre Gottes, wird gerade vernichtet, während ein Chor den göttlichen Herrscher besingt.

Regisseur: Eine Art von Trauergottesdienst

Dies ist die mit Abstand emotionalste Szene im neuen Film über die Potsdamer Garnisonkirche, der im Auftrag des rbb entstanden ist. In der Sendereihe „Geheimnisvolle Orte“ wird die Dokumentation zur Geschichte der Garnisonkirche am 14. April, dem 70. Jahrestag der Kriegszerstörung Potsdams, um 20.15 Uhr im rbb-Fernsehen gezeigt. Am vergangenen Mittwochabend hatte der Film Vorpremiere in der Nagelkreuzkapelle, die bekanntlich am Standort der einstigen Garnisonkirche steht. Gedreht hat den Film der Historiker und Filmemacher Joachim Castan. „Eine Art von Trauergottesdienst“ nennt der in Osnabrück lebende Castan seine filmische Komposition der Sprengszenen, denen er die Musik aus der Johannespassion unterlegt hat. Aber der Filmemacher widmet sich in seinem neuesten Werk freilich nicht nur der Sprengung des Gotteshauses im Jahre 1968, sondern der gesamten Geschichte der einstigen Hof- und Garnisonkirche, jenem früher das Stadtbild prägenden barocken Bauwerk, das 1730 bis 1735 nach Plänen von Philipp Gerlach errichtet wurde.

Beeindruckend im Film sind vor allem die Computeranimationen vom Inneren des Kirchenschiffs mit den mächtigen Emporen. Trotz der immensen Größe wirkt die Kirche schlicht. Weiß ist die vorherrschende Farbe. Das reformierte Selbstverständnis von Bauherr Friedrich Wilhelm I. wird in der Architektur des Sakralbaus sichtbar. „Das Kirchenschiff ist echt eine Entdeckung“, sagte ein sichtlich beeindruckter Besucher der Vorpremiere.

Nur wenige stimmten damals gegen Kirchen-Abriss

Und was Napoleon 1806 in der Kirchengruft am Sarkophag Friedrichs des Großen wirklich gesagt hat, erfährt der Zuschauer ebenfalls: „Wenn man auch tot ist, so ist doch der Ruhm unsterblich.“ Laut einem in der Berliner Staatsbibliothek lagernden Manuskript eines Kammerdieners sind dies die Worte, die Napoleon damals sprach, wie Historiker Castan herausfand. Der Filmemacher hat auch Zeitzeugen vor der Kamera interviewt, darunter Gebhard Falk, 1968 Mitglied der Potsdamer Stadtverordnetenversammlung. Falk berichtet von seiner Motivation, als einer von ganz wenigen im Stadtparlament gegen den Abriss gestimmt zu haben. Im Film heißt es, außer Falk habe es nur einen weiteren Abweichler in den Reihen der Stadtverordneten gegeben. Während der anschließenden Diskussion am Mittwochabend in der mit etwa 120 Menschen vollbesetzten Nagelkreuzkapelle sagte Falk, es hätten damals insgesamt vier Abgeordnete gegen den Abriss gestimmt.

Flammendes Plädoyer gegen den Wiederaufbau

Dass die Diskussion um den Wiederaufbau der Garnisonkirche mit großer Heftigkeit geführt wird, wurde am Mittwoch ebenfalls deutlich: Uwe Dittmer, zur Zeit der Sprengung der Kirche im Jahre 1968 Pfarrer der Heilig-Kreuz-Gemeinde, die damals im Turmstumpf eine Kapelle für ihre Gottesdienste eingerichtet hatte, hielt ein flammendes, mehrfach von Worteinwürfen unterbrochenes Plädoyer gegen die Wiedererrichtung des Gotteshauses. Potsdam benötige diese Kirche nicht. Mit dem Geld solle man lieber notleidende Kinder in der Welt unterstützen.

Pfarrerin Cornelia Radeke-Engst, die den Abend moderierte, hatte ihre Mühe, dass die Statements zum etwaigen Wiederaufbau des Gotteshauses nicht überhandnahmen – sie verwies auf den geplanten Bürgerdialog.

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