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Ist Brandbekämpfung und Rettung in Potsdam trotz Pandemie gesichert?

© Sebastian Gabsch

Feuerwehrmitarbeiter verärgert über Abstrichmanagement: "Ich hoffe, dass das System dem standhält"

Unmut in der Potsdamer Feuerwehr: In einem Brief ärgert sich ein Mitarbeiter über das Corona-Management.

Von Valerie Barsig

Potsdam - Kann die Potsdamer Feuerwehr in Corona-Zeiten einen reibungslosen Ablauf der Rettung garantieren? In einem Schreiben, das den PNN vorliegt, äußert ein Mitarbeiter zumindest bezüglich einer Nacht Bedenken. Ebenso herrscht Unmut in den Reihen der Feuerwehr, dass die Mitarbeiter in Potsdam nicht regelmäßig auf das Coronavirus getestet werden. 

Mit Stand 3. Dezember hatte sich ein Mitarbeiter der Potsdamer Feuerwehr mit dem Virus infiziert, fünf weitere seien in Quarantäne, teilte das Rathaus auf Anfrage mit. Seit Donnerstag seien aber alle Mitarbeiter wieder im Einsatz - hieß es am Freitag.

Weitere Krankschreibungen und Urlauber bereiteten aber Probleme. Mindestens in einer Nacht sei die Dienststärke von 40 Einsatzkräften auf 24 geschrumpft, beschreibt der Mitarbeiter in seinem Brief. Statt wie sonst sechs seien nur drei Rettungswagen unterwegs gewesen. Nach wie vor würden die Mitarbeiter nicht regelmäßig abgestrichen werden - dies sei auch bei der ersten Corona-Welle nicht der Fall gewesen. 

"Wir sind mit an vorderster Front im Kampf gegen das Virus und das tagtäglich", beschreibt der Mitarbeiter, der anonym bleiben möchte. Er kritisiert das Abstrichmanagement: "Damals sagte man uns, dass es nach Rücksprache mit dem RKI und dem Gesundheitsamt Potsdam nicht nötig sei. 'Jungs ihr wisst ja Hände waschen und Maske tragen. Damit war man durch mit dem Thema.'" Er habe Bedenken, weil der Höhepunkt der zweiten Welle erst bevorstehe. "Ich hoffe, dass das System dem standhält".

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Das Rathaus verweist auf die Teststrategie, die Vorgaben des Gesundheitsamtes und das Pandemiekonzept für die Feuerwehr, mit dem Rettung und Brandbekämpfung sichergestellt sein soll: Bereits in der ersten Welle sei ein Pandemieplan erstellt worden. 

Rathaus: Rettung und Brandbekämpfung sind gesichert

"Der Fachbereich Feuerwehr hat zudem zusätzlich ein Stufenkonzept erstellt, welches den besonderen Ansprüchen des Einsatzdienstes der Feuerwehr und des Rettungsdienstes gerecht wird", so ein Rathaus-Sprecher. Es gebe Maßnahmen, die der Kontaktminimierung dienten und im Falle einer Infektion eines Mitarbeiters die Kontakte ersten Grades "erheblich minimieren". "Durch Schaffung von Rückfallebenen und Unterstützung der Freiwilligen Feuerwehren in der Landeshauptstadt Potsdam sind die Notfallrettung und der Grundschutz für die Brandbekämpfung und technische Hilfeleistung sichergestellt."

Allerdings, so räumt man ein, sei es möglich, dass durch "einen plötzlichen, nicht planbaren und somit akuten Ausfall von mehreren Mitarbeitenden gleichzeitig" nicht alle Fahrzeuge voll besetzt und der Dienst unter der Sollstärke geleistet werde. Die Gefahrenabwehr sei dennoch sichergestellt, so das Rathaus. Auch außerhalb der Pandemie sei die Berufsfeuerwehr Potsdam in der Lage, personelle und materielle Ausfälle zu kompensieren, ohne den Schutz der Bevölkerung zu vernachlässigen.

Insgesamt seien alle Mitarbeiter so qualifiziert, dass sie sowohl im Feuerwehrdienst, als auch für die Rettung eingesetzt werden können. Insgesamt 195 Einsatzbeamte arbeiteten derzeit in drei Wachabteilungen, in der Leitstelle seien in drei Schichten 47 Personen tätig. 16 sind im Einsatzleitdienst eingesetzt.

"Zu viele Baustellen, die ignoriert werden"

Gerade erst sind sieben neue Löschfahrzeuge für die freiwilligen Wehren übergeben worden.
Gerade erst sind sieben neue Löschfahrzeuge für die freiwilligen Wehren übergeben worden.

© Andreas Klaer

Der Mitarbeiter der Feuerwehr kritisiert in seinem Schreiben zudem, dass seit zwei Jahren die Anhebung der Besoldungsgruppe für Notfallsanitäter gefordert und vom Personalamt immer weiter hinausgeschoben werde. Außerdem seien von der Sozialbeigeordneten Brigitte Meier (SPD) zwar sieben neue Löschfahrzeuge für die freiwilligen Feuerwehren übergeben worden. Neue Rettungswagen und Notarztfahrzeuge - die alle fünf Jahre erneuert werden - fehlten aber bislang. "Es gibt hier viele Baustellen die einfach weggeschwiegen oder ignoriert werden. Das macht das Arbeiten nicht einfacher."

Laut Rathaus seien sechs Rettungswagen, zwei Notarzteinsatzfahrzeuge und ein Krankenwagen für die Berufsfeuerwehr eingeplant. Diese werden nun kommendes Jahr erwartet. "Hier gab es Verzögerungen bei der Ausschreibung, bei den Herstellern und Zulieferern, so dass eine Auslieferung im Jahr 2020 nicht möglich war", heißt es. Auch durch die Pandemie habe sich die Auslieferung zusätzlich verzögert.

Der Mitarbeiter appelliert: "Wir tragen an der Einsatzstelle die Verantwortung für das Leben von echten Notfallpatienten." Die Feuerwehr Potsdam sollte nicht selbst zum Notfallpatient werden.

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