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Im Dezember wird der einzige Nachtzug nach Potsdam eingestellt.

© dpa

Fernverkehr in Potsdam: Potsdam verliert einzige Nachtzugverbindung

Ab Dezember schafft die Bahn den Nachtzug nach München ab. Potsdam bleibt dann nur noch ein Fernzug. Über die Gründe.

Potsdam - Noch etwa vier Monate wird Capella in Potsdam zu sehen sein. Auf diesen Namen, geliehen vom hellsten Stern des Sternbildes Fuhrmann, hört der Nachtzug der Deutschen Bahn von Berlin nach München. Jeden Abend um 22.02 Uhr macht er Station am Potsdamer Hauptbahnhof. Mit den Worten „Sie reisen im Schlaf und wachen morgens am Zielort auf“ bewirbt die Bahn Nachtzüge wie den Capella. Doch mit dem Fahrplanwechsel Mitte Dezember ist das Geschichte. Die Bahn streicht Potsdams einzige Nachtzugverbindung ersatzlos.

Damit wird in Potsdam künftig nur noch ein einziger Fernzug halten: Der Interregio aus Cottbus ins Ostfriesische Norddeich (Mole). Wer mit der Bahn weder in den Spreewald noch ans Wattenmeer reisen möchte, kann nur noch über den Berliner Hauptbahnhof einen Fernzug erreichen. Unter den deutschen Landeshauptstädten steht Potsdam mit diesem Schmalspurangebot allein da.

Kein Profit mit Nachtzügen

Hintergrund ist eine „Umstellung des Nachtzuggeschäfts“ in ganz Deutschland, wie die Bahn es nennt. Praktisch stellt sie bereits seit dem vergangenen Jahr eine Nachtzugverbindung nach der anderen ein, weil sie mit den Zügen keinen Profit macht. Die Nachfrage sei insgesamt im Zeitraum der letzten zehn Jahre um rund 30 Prozent zurückgegangen. Aus Sicht der Bahn liegt das vor allem an der Konkurrenz aus dem eigenen Haus: Der Ausbau der Hochgeschwindigkeitsstrecken für den Tagesverkehr mache Nachtzüge unattraktiver, so eine Bahnsprecherin. Die Bahn hatte zuvor auch schon Nachtzüge sowie Autoreiszüge in mehrere europäische Städte abgeschafft – etwa nach Paris, Kopenhagen und Amsterdam. Das Bündnis „Bahn für Alle“ warnte vor einem Wegfall der kompletten Sparte in den nächsten Jahren.

Die Bahn konzentriere sich nun auf stärker nachgefragte Nachtzugstrecken. Dazu zählt die Strecke Berlin-München über Potsdam offenbar nicht. Im Durchschnitt steigen nach Bahnangaben pro Verkehrstag weniger als zwei Reisende bei dieser Verbindung in Potsdam ein oder aus. Die Nachfrage ist also überschaubar.

Stärkung des Fernverkehrs kommt für Potsdam später

Auf Potsdams Hauptbahnhof werden Fernzüge trotz der von der Bahn angekündigten Initiative zur Stärkung des Fernverkehrs noch länger seltene Gäste sein. Erst in sieben Jahren plant die Bahn, dort wieder Intercitys halten zu lassen. Ein ICE-Stopp, wie es ihn bis zum Jahr 2005 noch gab, ist auch dann nicht vorgesehen. Ab Dezember 2022 soll es ab Potsdam im Zwei-Stunden-Takt eine Direktverbindung nach Hannover geben.

Früher könne die Stadt nicht an das Fernbahnnetz angeschlossen werden, weil der Bahn noch die dafür vorgesehenen neuen doppelstöckigen Züge fehlen, hatte die Bahn bei der Vorstellung ihrer „größten Kundenoffensive in der Geschichte des DB-Fernverkehrs“ im März mitgeteilt. Bis 2030 will sie alle Städte mit mehr als 100.000 Einwohnern an das Netz anschließen. Im Rathaus ist man angesichts solcher Ankündigungen zwiegespalten. Die ferne Aussicht auf eine bessere Fernzuganbindung sei zwar nicht schlecht, aber „wir hätten uns das schon etwas früher gewünscht“, kommentierte Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD).

Abhängig von Berlin

Potsdamer Bahnkunden sind weiter von der Anbindung über Berlin abhängig. Der Weg dahin wird bald beschwerlicher: Vom 29. August bis 23. November wird die Stadtbahnstrecke, über die auch die Regionalexpresslinien 1 und 7 fahren, zwischen Bahnhof Zoo und Alexanderplatz für den Zugverkehr gesperrt. Fahrgäste aus Potsdam müssen dann am Zoo in die S-Bahn umsteigen. Marco Zschieck

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