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Landeshauptstadt: Farbenpracht im Gotteshaus

Restaurierung von Taufbecken und Kanzel der Groß Glienicker Dorfkirche vor dem Abschluss

Groß Glienicke - Der wohl berühmteste Wanderer durch den märkischen Sand stieg hier einst hinunter in die Gruft. Die Mumien im kühlen Dunkel des Gotteshauses hatten es ihm angetan. Ein Sargdeckel habe sich, so wird die Nachwelt später lesen, „ohne Mühe aufheben“ lassen. Sodann sei er der bekleideten Mumie des Domherrn ansichtig geworden, berichtet der Grabeserkunder in seinen „Wanderungen durch die Mark Brandenburg“. Der Domherr, von dem der Wanderer Theodor Fontane hier berichtet, war ein Spross des osthavelländischen Zweiges der Familie von Ribbeck: Hans Georg III., Patronatsherr der Groß Glienicker Kirche sowie Dechant des Brandenburger Domstifts, gestorben 1703 und begraben in der Gruft der Kirche zu Groß Glienicke.

Hans Georgs Geburt im Jahre 1639 könnte einst den Anlass für ein neues Taufbecken in der Groß Glienicker Kirche gegeben haben. Das jedenfalls vermutet Andreas Kalesse, Potsdams oberster Denkmalschützer. Im vergangenen Jahr wurde das hölzerne, mit einer repräsentativen achteckigen Haube versehene Taufbecken von den Potsdamer Restauratoren Kathrin Mikszas und Janko Barthold restauriert. Sie verhalfen dem sakralen Gegenstand damit zu neuem altem Glanz.

Zu sehen ist heute jedoch nicht die Farbfassung aus den Tagen der Renaissance, in denen das Taufbecken entstand. Vielmehr haben die beiden Restauratoren in enger Abstimmung mit der Denkmalpflege und der Kirchengemeinde die Farbfassung von 1681 rekonstruiert. Frühbarocke Vielfarbigkeit, prächtig und dezent zugleich. Nicht überladen, dafür sehr kunstvoll. Ein kleiner Garten Eden: Tulpen, Akanthusblätter, Blüten, Trauben und Feigen lassen ein florales Paradies erscheinen. Sicherlich ist das alles kein Zierrat allein um der Schönheit willen, sondern ein botanischer Streifzug mit theologischem Hintergrund: Die Weintraube als Zeichen für die christliche Gemeinde. Oder die geschlitzte Feige als Symbol für den Leib Christi, in den – wenn man dem Bericht des Evangelisten Johannes glauben mag – ein Soldat nach der Kreuzigung Jesu seinen Speer stieß.

Die Früchte am Groß Glienicker Taufbecken sind nicht nur gemalt, sondern plastisch gestaltet. An den Ecken des Taufbeckens hängen sie gleichsam wie Zöpfe herab. Auch stammen sie nicht aus der Erbauungszeit des Taufbeckens. Sie sind erst um 1681 hinzugefügt worden, also zu jener Zeit, als das Taufbecken seine neue Farbfassung erhielt.

Doch warum hat das Taufbecken überhaupt eine Haube, die den Blick in das Innere mit der Kupferschale versperrt? Früher sei in den Taufbecken das ganze Jahr über Taufwasser aufbewahrt worden, so Denkmalpfleger Kalesse. Zur Erbauungszeit des Groß Glienicker Taufbeckens habe dieser Brauch allerdings schon längst nicht mehr existiert. Und doch hatte man sich – offenbar in Anlehnung an die alte Tradition – für ein Becken mit abnehmbarer Haube entschieden.

Nach der Restaurierung des Taufbeckens im vergangenen Jahr ist Restaurator Barthold zusammen mit seiner Kollegin Nadja Jaeckel nun dabei, die Kanzel in den Zustand von circa 1684 zu versetzen. Laut Kalesse ließ Hans Georg III. zwischen 1679 und 1684 die Groß Glienicker Dorfkirche grundlegend umbauen. In dieser Zeit, in die auch die Umgestaltung des Taufbeckens fällt, erhielt die Kanzel eine neue Farbfassung, worauf die Inschrift an der Orgelempore noch heute hinweist. Die Kanzel blieb in ihrem Renaissance-Gepräge zwar erhalten. Sie bekam jedoch einen frühbarocken Stempel aufgedrückt. Besonders auffällig ist dies am Kanzeldeckel mit seiner ausladenden Pracht. Auch der heutige Treppenaufgang zur Kanzel wurde laut Barthold erst in dieser Zeit errichtet. In den Füllungen des Kanzelkorbes sind die vier Evangelisten abgebildet. Barthold nimmt an, dass diese Darstellungen noch aus der Zeit von vor 1684 stammen. Interessant die Christusdarstellung an der Kanzelrückwand: Die Restauratoren konnten darunter zwei übermalte Bilder nachweisen.

Bis zum Erntedankfest am 2. Oktober soll die Restaurierung der Kanzel abgeschlossen sein. Pfarrer Bernhard Schmidt freut sich schon jetzt über die neue Farbenpracht an Kanzel und Taufbecken: „Wir wollen doch hier auch Freude verkündigen“, sagt der Kirchenmann in Anspielung auf die farbenfrohe Gestaltung. Selbst Fontane, der einst in seinen „Wanderungen durch die Mark Brandenburg“ kein Wort über Taufbecken und Kanzel der Groß Glienicker Kirche verlor, würde die beiden wieder auferstandenen liturgischen Gegenstände nun vielleicht eines längeren Blickes würdigen.

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